Netflix: Geringeres Wachstum erwartet – auch wegen Disney und Apple
Netflix wächst kräftig und weist einen Gewinn von 344 Millionen US-Dollar aus. Der Chef Hastings hofft trotz drohender Konkurrenz, dass es so weitergeht.
Netflix geht nach einem starken Jahresauftakt von einem schwächeren Nutzerwachstum aus. Dem weltweit führenden Video-Streamingdienst, steht ein verschärfter Konkurrenzkampf bevor. Neben etablierten Rivalen wie Amazon oder Hulu drängen mit Disney und Apple neue Kontrahenten in den boomenden Markt für Fernsehen im Internet. Just in dieser kritischen Phase hebt Netflix die Preise an – ein riskantes Manöver. Doch bange ist Vorstandschef Reed Hastings nicht.
Bislang gibt es dafür auch keinen Grund. Im ersten Quartal gewann Netflix unterm Strich 9,6 Millionen neue Bezahl-Abos hinzu, wie das Unternehmen am Dienstag nach US-Börsenschluss mitteilte. Insgesamt brachte es Netflix Ende März auf knapp 149 Millionen bezahlte Mitgliedschaften. Allerdings kamen zuletzt nur noch 1,7 Millionen neue Kunden im wichtigen US-Heimatmarkt hinzu, in dem kürzlich – wie auch in Deutschland – Preiserhöhungen angekündigt worden waren. Das dürfte das Nutzerwachstum im laufenden Vierteljahr spürbar bremsen.
Für dieses Quartal stellte Netflix 5 Millionen neue Mitgliedschaften in Aussicht und enttäuschte damit die Erwartungen der Experten. Bei Anlegern kam das nicht gut an – die Aktie geriet nachbörslich ins Minus. Allerdings hatte Netflix mit einem Kursplus von rund 34 Prozent seit Jahresbeginn einen guten Lauf, sodass die Marktreaktion zunächst wenig aussagekräftig ist. Auch geschäftlich lief es rund: Netflix steigerte den Umsatz im Auftaktquartal im Jahresvergleich um mehr als 22 Prozent auf 4,5 Milliarden US-Dollar. Der Gewinn kletterte von 290 Millionen auf 344 Millionen Dollar, umgerechnet 305 Millionen Euro.
Rivalen in den Startlöchern
Damit wurden die Prognosen der Wall-Street-Analysten bei den Finanzergebnissen klar übertroffen. Dennoch lässt sich nicht ignorieren, dass das Marktumfeld für Netflix ungemütlicher werden dürfte. Mit Disney und Apple blasen neue, sehr finanzstarke Rivalen zum Angriff auf den Streaming-Marktführer. Sowohl Disney aus Hollywood als auch Apple aus dem Silicon Valley stellten jüngst Konkurrenzangebote vor, die keinen Zweifel an großen Ambitionen ließen. Auch WarnerMedia, das jetzt mit seinem renommierten Bezahlsender HBO ("Game of Thrones") unter dem Konzerndach des Telekom-Imperiums AT&T steht, hat zum Jahresende einen eigenen Streamingdienst angekündigt. NBCUniversal will 2020 mit einem Streamingdienst an den Start gehen.
Netflix-Chef Hastings ist sich im Klaren darüber, was auf sein Unternehmen zukommt, gibt sich jedoch kämpferisch. Im Brief an die Aktionäre bezeichnete er Apple und Disney als "Weltklasse-Marken", mit denen sich Netflix jedoch gerne messen wolle. Er gehe nicht davon aus, dass die neuen Kontrahenten das Wachstum von Netflix wesentlich beeinträchtigen. "Wir glauben, dass wir alle weiterwachsen werden, da wir mehr in Inhalte investieren und unsere Services verbessern", so Hastings. Der Netflix-Manager hatte bereits in der Vergangenheit betont, dass der Streaming-Markt groß genug für mehrere Wettbewerber sei. Im Finanzbericht von Netflix fällt die Wachstumsprognose allerdings geringer aus. (olb)