Niedersachsen: Rot-Schwarz will Staatstrojaner, Gigabitnetz und Gratis-WLAN

SPD und CDU in Niedersachsen haben sich in ihrem Koalitionsvertrag auf einen eine Milliarde Euro schweren "Masterplan Digitalisierung" für eine "glasfaserbasierte Breitbandinfrastruktur" verständigt. Die Überwachung wollen sie ausbauen.

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Niedersachsen: Rot-Schwarz will Staatstrojaner, Gigabitnetz und Gratis-WLAN

Der alte und neue Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und sein neuer Kabinettskollege Bernd Althusmann (CDU), der das Wirtschaftsressort übernimmt.

(Bild: CDU Niedersachsen)

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Deutlich weniger Konfliktstoff als die Jamaika-Sondierer auf Bundesebene hatten SPD und CDU in Niedersachsen bei ihren Gesprächen auf dem Weg zu einer rot-schwarzen Koalition aus dem Weg zu räumen. So konnten Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und der CDU-Vorsitzende Bernd Althusmann am Donnerstag schon knapp vier Wochen nach der Wahl Mitte Oktober ihre Koalitionsvereinbarung präsentieren. Die geplante neue Regierung will demnach bis 2022 eine Milliarde Euro für einen "Masterplan Digitalisierung" springen lassen. Das Geld soll unter anderem in einen "flächendeckenden Ausbau mit glasfaserbasierter Breitbandinfrastruktur" fließen.

Die große Koalition in Hannover hat als Ziel ausgegeben, "bis spätestens 2025 Übertragungsgeschwindigkeiten von mehr als einem GBit/s im gesamten Landesgebiet zu ermöglichen". Die "ergänzende Verfügbarkeit von WLAN und modernem 4G/5G-Mobilfunk" erklärt sie zu einer "Frage der Daseinsvorsorge". In diesem Sinne sollen kostenlose Hotspots "in öffentlichen Gebäuden und im öffentlichen Raum" sprießen. Die Zuständigkeiten "für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung" werden in einem "Superministerium" gebündelt, das laut den Absprachen Althusmann leiten wird.

Schnell einig war sich Rot-Schwarz in der Innenpolitik, wo spürbar aufgerüstet werden soll. "Wir sorgen für einen kräftigen Personalaufwuchs und eine deutlich verbesserte Ausrüstung der Polizei", heißt es in dem Papier. Das "Gesetz für öffentliche Sicherheit und Ordnung" wollen die Koalitionäre überarbeiten und dabei nach Bundesvorbild Ermittlern eine weitgehend Lizenz zum Einsatz von Staatstrojanern erteilen: Entsprechende Befugnisse sind vorgesehen für die Quellen-Telekommunikationsüberwachungen zum Abhören etwa von Skype, WhatsApp und anderen Messengern sowie für die noch weiter in IT-Systeme eindringenden heimlichen Online-Durchsuchungen.

Ebenfalls wie im Bund soll auf Landesebene die Aufenthaltsüberwachung mithilfe der elektronischen Fußfessel ermöglicht werden, obwohl sich diese in einem Fall gerade nicht als sonderlich zweckmäßig erwiesen hat. Rot-Schwarz geht daher weiter: "Wir wollen eine Rechtsgrundlage für die Präventivhaft für Gefährder schaffen", ist der Übereinkunft zu entnehmen. "Meldeauflagen, Kontaktverbote und Aufenthaltsgebote" zählen ebenfalls zum skizzierten Polizei-Instrumentarium.

Innenminister Boris Pistorius (SPD) preschte jüngst unter dem Protest von Datenschützern schon beim Einkauf von Bodycams für Ordnungshüter vor. Nun soll bald eine Klausel im Polizeigesetz folgen, um damit eine "rechtssichere Bild- und Tonaufnahme" zu ermöglichen. Geplant ist ferner eine rein bildhafte "Videoaufzeichnung in Gewahrsamszellen" sowie "die gezielte Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten". Eine zusätzliche biometrische Gesichtserkennung sehen SPD und CDU als "denkbares Mittel für Niedersachsen". Hier wollen sie aber erst die Ergebnisse des umstrittenen einschlägigen Modellversuchs in Berlin "bewerten und prüfen".

"Predictive Policing", bei dem anhand von Falldaten die Wahrscheinlichkeit künftiger Straftaten berechnet und zur Steuerung des Einsatzes von Polizeikräften eingesetzt werden kann, steht ebenfalls auf der rot-schwarzen Ausbauliste, wenn ein laufendes Pilotprojekt dafür grünes Licht gibt. Den Ermittler soll generell "moderne Software" zur Verfügung stehen, um vor allem "die digitale Auswertung und ständige Verfügbarkeit der gesammelten Daten" zu garantieren. Alle Streifenwagen will die Koalition mit Tablet-Computern ausgestattet wissen.

Bei der Elektromobilität wollen SPD und CDU Niedersachsen "zum Spitzenreiter unter den Bundesländern machen". Bis zu zehn Prozent der neu beschafften Fahrzeuge im landeseigenen Fuhrpark sollen mit emissionsarmen Antriebssystemen ausgestattet sein. Um Chancen autonomer Fahrzeuge im Personen- und Güterverkehr zu nutzen, sind dem Dokument zufolge etwa neue Konzepte für die Lieferlogistik gefragt. Das 2018 einsatzbereite Testfeld für Roboterfahrzeuge des Landes will Rot-Schwarz "fördern und ausbauen sowie weitere Projekt dieser Art prüfen.

Die Regierung verspricht zudem, noch im ersten Halbjahr 2018 den Entwurf eines IT-Sicherheits- und E-Government-Gesetzes in den Landtag einzubringen. Sie strebt damit vor allem den Ausbau des Bürgerportals des Landes an. Beim Thema "vernetzte Schulen" setzen SPD und CDU vor allem auf den geplanten "Digitalpakt" von Bund und Ländern. Das Thema Datenschutz taucht auf den knapp 140 Seiten nur am Rande auf, Open Source gar nicht. Über ein "Informationsfreiheits- und Transparenzgesetz" soll erst nach Evaluierungen der Erfahrungen anderer Bundesländer entschieden werden. (vbr)