Preis für Erforschung der digitalen Bildübertragung
Hans Georg Musmann, Professor für Nachrichtentechnik in Hannover, erhält den Karl-Kumpfmüller-Preis für seine Forschungsarbeiten zur digitalen Video- und Audio-Übertragung.
Als Hans Georg Musmann vor einem Vierteljahrhundert mit der Erforschung der digitalen Bildübertragung begann, erhielt er zunächst nur die Hälfte der benötigten Fördermittel. "Ein Bildspeicher kostete damals auch noch 250.000 Mark", erinnert sich der Professor für Nachrichtentechnik an der Universität Hannover. "Und man bezweifelte, ob es jemals die Digitaltechnik geben würde."
Die Übertragung von Audio- und Videodateien per Computer und Internet ist inzwischen Alltag geworden – so sehr, dass etwa die Musikindustrie durch MP3 schon ihre Gewinne in Gefahr sieht. Am Dienstag kommender Woche wird Musmann für seinen Beitrag zu dieser technischen Entwicklung in Frankfurt/Main mit dem Karl-Küpfmüller-Preis geehrt. Die mit 10.000 Mark dotierte Auszeichnung ist die höchste Ehrung der Informationstechnischen Gesellschaft (ITG) im Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE).
"Professor Musmann hat weltweit einen hervorragenden Ruf", erklärte der ITG-Vorsitzende Jörg Eberspächer laut dpa. Mit seinen Forschungen zur Datenkomprimierung habe der Experte dazu beigetragen, dass die Übertragung von Sprach-, Ton- und Bildsignalen über Internet oder Handy mittlerweile nur noch Bruchteile früherer Kapazitäten benötige. Als Musmann 1972 Direktor am Institut für theoretische Nachrichtentechnik und Informationsverarbeitung der Uni Hannover wurde, war der Erfolg von PC und Internet noch in weiter Ferne. "Wir hatten aber die Vision, dass alle Nachrichtensignale digitalisiert und in einem Nachrichtenkanal übertragen werden könnten", sagt der 65 Jahre alte Wissenschaftler.
Wegen der ungeheuren Datenmengen der Videosignale war deren digitale Übertragung jedoch zunächst zu teuer. Also arbeitete Musmann mit seinem Team von rund 20 Wissenschaftlern erst einmal an der Übertragung statischer Bilder. Das habe 1975 noch pro Bild fast eine Viertelstunde gedauert, schon drei Jahre später nur noch drei Minuten. "Nachdem das gelaufen war, haben wir uns auf bewegte Bilder konzentriert." 1979 luden die Hannoveraner dann zur Premiere: Über eine Telefonleitung übertrugen sie Videobilder der technischen Assistentin in halber Postkartengröße. "Wenn sie sich schnell bewegte, wurde das Bild unscharf", erzählt Musmann lächelnd. "Aber wir hatten gezeigt, dass es grundsätzlich gehen würde." Der große Durchbruch aber sei erst mit so genannten vorausschauenden Verfahren gekommen. Dabei berechnet der Computer auf der Basis übertragener Bilder im Vorhinein bereits die nächste Bildfolge – und das unter Berücksichtigung etwa von Bewegungseffekten, die die Codierung der Bildsignale stören oder ineffektiv machen, oder durch Voraussage der Kamera-Bewegung. Letztlich soll nur noch die (möglichst geringe) Differenz zwischen Vorhersage und tatsächlichem Bild übertragen werden.
"Mittlerweile entwickeln wir Techniken, bei denen sogar 3D-Formen geschätzt werden. Damit müssen noch weniger Bits übertragen werden." Zudem war sein Institut an der Entwicklung internationaler Digitalstandards wie dem Musikformat MP3 und an der Forschung zur weiteren Verbesserung der Audio-Kompression beteiligt. Die Entwicklung in der Nachrichtentechnik schreite immer rasanter voran, sagt Musmann. Neben dem digitalen Fernsehen biete die immer schnellere Datenübertragung noch viele Möglichkeiten. "Fernsehen und Internet wachsen mittels Datenkompression zusammen", ist er überzeugt. "Und ein Gedanke, der gedacht worden ist, ist nicht mehr aufzuhalten." (Alexandra Ringleb) / (jk)