Reporter ohne Grenzen: Europa rutscht bei Pressefreiheit ab

Medienfeindliche Hetze und Monopolisierung der Presse haben dafür gesorgt, dass besonders europäische Staaten in der neuen Rangliste der Pressefreiheit abgerutscht sind. Aber auch die USA sind vergangenes Jahr unrühmlich aufgefallen.

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Reporter ohne Grenzen: Europa rutscht bei Pressefreiheit ab

(Bild: wk1003mike/Shutterstock.com)

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In keiner Region hat sich die Situation der Presse im vergangenen Jahr so stark verschlechtert wie in Europa. Das hat Reporter ohne Grenzen ermittelt und begründet die Einschätzung anlässlich der neuen Rangliste der Pressefreiheit mit wachsender medienfeindlicher Hetze durch Regierungen oder die Politik. Vielerorts in Europa entstehe dadurch "ein feindseliges, vergiftetes Klima, das oft den Boden für Gewalt gegen Medienschaffende oder für staatliche Repression bereitet". Die öffentliche Debatte und Kritik sind für Demokratien essenziell. Wenn als gegen die Presse polemisiert oder gehetzt und die Glaubwürdigkeit der Medien pauschal bezweifelt werde, zerstöre das eine Grundlage der Demokratie, warnt ROG.

Karte der Pressefreiheit (Reporter ohne Grenzen) (6 Bilder)

Die Lichtblicke muss man auch 2020 mit der Lupe suchen
(Bild: Reporter ohne Grenzen)

Positiv hervorgehoben wird einmal mehr Skandinavien: Norwegen führt die Liste unverändert vor Schweden an, dahinter folgen die Niederlande, nachdem Finnland einen Platz abgerutscht ist. Größter Aufsteiger in der Liste ist derweil Gambia, wo die Medien seit der Präsidentschaftswahl Ende 2016 einen rasanten Aufschwung erlebten. Deutschland hat sich um einen Platz auf Rang 15 verbessert, trotz einer erneut "hohen Zahl an tätlichen Übergriffen, Drohungen und Einschüchterungsversuchen gegen Journalisten, insbesondere bei den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg im Juli 2017". Problematisch seien außerdem das neue BND-Gesetz und das Netzwerkdurchsetzungsgesetz.

Namentlich am Pranger landen Ungarn und Polen. Abseits von diesen beiden liegen vier der fünf Staaten, die in der Liste am massivsten abgerutscht sind: Malta – wo die Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia ermordet wurde, Tschechien – wo dem Ministerpräsidenten die beiden wichtigsten Zeitungen gehören, die Slowakei und das Nicht-EU-Mitglied Serbien. Dort hätten Spitzenpolitiker Journalisten und Journalistinnen beschimpft oder seien sie juristisch angegangen. Auch die Besitzverhältnisse engten kritische Berichterstattung oft ein. Anderswo griffen hochrangige Politiker kritische Journalisten gezielt als Verräter an, kritisiert Reporter ohne Grenzen. Das gelte für so unterschiedliche Staaten wie Indien, die Philippinen und nicht zuletzt die USA, wo Präsident Donald Trump Journalisten als "Volksfeinde" diffamierte.

Das weltweit gefährlichste Land für Journalisten bleibt demnach Syrien, wo 2017 insgesamt 13 Journalisten in direktem Zusammenhang mit ihrer Arbeit getötet worden seien. In der Türkei sitzen der Organisation zufolge mehr professionelle Journalisten im Gefängnis als in jedem anderen Staat: "Selbst Urteile des Verfassungsgerichts zugunsten inhaftierter Journalisten werden nicht verlässlich umgesetzt." In China reiche es inzwischen, verbotene Inhalte in sozialen Netzwerken oder in privaten Chats zu teilen, um verhaftet zu werden. Die Regierung Myanmars habe unter der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi ihrer Glaubwürdigkeit in Fragen der Pressefreiheit fast völlig verspielt, schreibt Reporter ohne Grenzen und zählt noch viele weitere Negativbeispiele auf. (mho)