Russische ISS-Besatzung entfernt Sprengbolzen an Sojus-Kapsel

In der Nacht zum Freitag haben zwei Kosmonauten einen möglicherweise defekten Sprengbolzen an der Sojus-Kapsel TMA-12 entfernt. Bei den letzten beiden Sojus-Missionen waren Probleme beim Absprengen des Service- und Orbital-Moduls aufgetreten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 231 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Peter-Michael Ziegler

Sechs Stunden dauerte in der Nacht der Außeneinsatz von Sergei Volkov und Oleg Kononenko.

(Bild: NASA)

Im Vergleich zu dem, was russische Raumfahrer am Ende eines Weltraumausflugs erleben, kommt bei NASA-Rückflügen zur Erde geradezu Luxus-Reisebus-Feeling auf: Statt sich zu zweit oder dritt in ein lediglich 2,24 Meter langes und maximal 2,75 Meter breites Sojus-Landemodul quetschen zu müssen, das anschließend wie eine glühend heiße Pistolenkugel mit 840 Sachen durch die Erdatmosphäre saust, um schließlich am Fallschirm hängend irgendwo auf die Erdkruste zu plumpsen, segeln Space-Shuttle-Insassen im Gleitflug durch die dichter werdenden Luftmassen und setzen, wenn nichts schief geht, am Ende sanft auf einer Rollbahn in Florida oder Kalifornien auf.

Die letzten beiden Rückflüge von der Internationalen Raumstation (ISS) waren für die Sojus-Insassen sogar lebensbedrohlich, zudem verfehlten sie die vorgesehenen Landestellen um jeweils mehrere hundert Kilometer. Sowohl Sojus TMA-10 (Oktober 2007) als auch Sojus TMA-11 (April 2008) legten beim Rückflug sogenannte harte ballistische Landungen hin: Die Kapseln flogen in einem wesentlich steileren Winkel durch die Atmosphäre und schlugen mit einer deutlich höheren Geschwindigkeit als sonst üblich auf der Erde auf. Nach Angaben der russischen Raumfahrtbehörde waren die Besatzungen dabei Kräften von bis zu 8,5 G ausgesetzt, normal sind höchstens 4,5 G.

Nachdem es im Oktober zunächst hieß, ein defektes Kabel am Steuerpult der TMA-10-Kapsel sei für die nicht geplante Flugkurve verantwortlich gewesen, glauben die verantwortlichen russischen Raumfahrtingenieure nun die tatsächliche Ursache für die Probleme gefunden zu haben: In der Nacht zum Freitag (MESZ) entfernten die beiden ISS-Kosmonauten Sergei Volkov und Oleg Kononenko einen Sprengbolzen an der angekoppelten Sojus-Kapsel TMA-12. Benötigt werden die Sprengbolzen, um das Landemodul vor dem Eintritt in die Erdatmosphäre vom Service- und Orbital-Modul zu trennen, die später in der Atmosphäre verglühen.

Die Kosmonauten hätten in einem mehr als sechsstündigen Außeneinsatz zunächst die Abdeckung geöffnet, dann die elektrische Verkabelung entfernt und schließlich den fraglichen Sprengbolzen abmontiert, teilte die ISS-Missionskontrolle mit. Der in einem explosionssicheren Behälter verstaute Sprengbolzen soll nun zur Untersuchung zur Erde zurückgebracht zu werden. Bei den letzten beiden Rückflügen war offenbar der Absprengvorgang der Module nicht korrekt verlaufen, was zu den ballistischen Abstiegen führte. Russischen Angaben zufolge ist es das erste Mal in der Geschichte der Sojus-Flotte, dass eine der Kapseln im All repariert wird. (pmz)