Ryzen 4000: AMDs Achtkern-Prozessoren für Notebooks im Detail

AMD gibt zusätzliche Details zu den mobilen Ryzen-4000-Prozessoren bekannt und ergänzt das Portfolio um leistungsstarke Ryzen-9-Modelle.

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Ryzen 4000: AMDs Achtkern-Prozessoren für Notebooks starten

(Bild: AMD)

Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Florian Müssig
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Auf der CES 2020 Anfang Januar wurden die mobilen Achtkern-Prozessoren der Ryzen-4000-Familie (Codename Renoir) enthüllt, nun gibt es zwar noch keine verfügbaren Geräte, aber zumindest weitere technischen Informationen und Performancewerte. Zumindest laut Datenblatt sollen AMDs Mobilprozessoren Intels aktuelle Notebook-CPUs in den Schatten stellen: AMD bringt auf einem monolithischen Die bis zu acht CPU-Kerne samt überarbeiteter integrierter Radeon-Grafikeinheit unter und lässt die Chips bei TSMC in einem 7-Nanometer-Prozess fertigen.

Intel muss hingegen wegen seiner leidgeplagten 10-Nanometer-Fertigung – die von der Strukturgröße her TSMCs 7-Nanometer-Prozess trotz unterschiedlicher Benennung sehr ähnlich ist – die zehnte Core-i-Generation aus zwei Chipbaureihen bestücken: Ice Lake (10 nm) mit verbesserter Grafikeinheit und LPDDR4-Unterstützung, aber maximal vier Kernen, und Comet Lake (14 nm) mit bis zu sechs Kernen, aber veralteten Bestandteilen wie Kernarchitektur, Grafikeinheit und Speicher-Controller.

Eigene Messungen müssen wir an dieser Stelle schuldig bleiben: Die vom neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelösten weltweiten Verwerfungen hinsichtlich Fertigung und Logistik haben auch AMDs Fahrplan für Ryzen 4000 gehörig durcheinander gewirbelt, sodass bislang noch keine Geräte an Pressevertreter oder den Handel ausgeliefert werden konnten.

Dass statt einer zwischenzeitlich vorgesehenen kompletten Verschiebung des Renoir-Starts nun zumindest schon viele weitere technische Details veröffentlicht werden, liegt laut AMD am Silberstreifen an asiatischen Horizonten: In China habe sich die Covid-19-Lage mittlerweile so stark beruhigt, dass langsam wieder Normalität eintrete. Dort sollen Ryzen-4000-Notebooks ab sofort vorbestellt werden können und noch vor Monatsende bei den Käufern sein.

In von AMD erstellten Benchmarks lassen Ryzen-4000-CPUs ihre Konkurrenten der zehnten Core-i-Generation hinter sich.

(Bild: AMD)

Von AMD gezeigte Benchmarks lassen einiges erhoffen: Egal ob Singlethreading-, Multithreading- oder 3D-Leistung – AMDs Ryzen-7-CPUs sind Intels Core-i7-Prozessoren der zehnten Generation mindestens ebenbürtig und oftmals sogar überlegen. In von c't getesteten Notebooks haben die genannten Intel-Prozessoren je nach Kühlsystem und vorheriger Last- und Ruhephasen sogar tendenziell nur etwa 10 Prozent niedrigere Werte erzielt als die, die AMD nennt. Selbst wenn künftige Ryzen-4000-Benchmarks im c't-Labor also etwas geringere Ergebnisse liefern sollten, dürften die gezeigten Relationen unserer Einschätzung nach bestehen bleiben.

Bei der CPU kommen die Performance-Gewinne nicht nur durch die Kernanzahl zustande, sondern auch durch die Mikroarchitektur: Die mobilen Ryzen 4000 nutzen erstmals Zen-2-Kerne, die bereits Mitte 2019 in Ryzen-3000-Prozessoren für Desktop-PCs debütierten und dort ebenfalls für einen ordentlichen Geschwindigkeitsschub sorgten. Allerdings hat AMD die Kerne für Mobilgeräte respektive das angestrebte monolithische statt auf mehrere Chips aufgeteilte Design optimiert, etwa die Caches verkleinert: Pro CCX, also einer Einheit aus vier CPU-Kernen, gibt es bei Renoir nur 4 statt 16 MByte Level-3-Cache.

Die integrierte Radeon-GPU basiert noch auf der älteren Vega-Architektur. Laut AMD war die Navi-Entwicklung noch nicht weit genug fortgeschritten, als man im Frühjahr 2017 das Renoir-Design finalisieren musste. Allerdings konnte man Vega im Vergleich zu den mobilen Ryzen 2000 und 3000 massiv überarbeiten, etwa durch größere Caches und doppelt so breite interne Datenpfade. Dadurch und durch einen angehobenen Takt erzielt AMD mehr 3D-Leistung, obwohl es jetzt nur noch maximal acht statt vormals bis zu elf CUs (Compute Units, also Cluster von Shader-Prozessoren) gibt. Das verringert die Anzahl der Shader-Einheiten von bisher bis zu 704 auf maximal 512.

Die Video-Engine wurde unabhängig von der 3D-Architektur modernisiert. Sie beherrscht nun durchgängig das En- und Dekodieren von H.264 (MPEG-4) und H.265 (HEVC) in 1080p240 und 4K60. Bei VP9 ist lediglich das Dekodieren hardwarebeschleunigt mit ebensolchen Bildraten möglich, während das DeKodieren von H.264 wahlweise sogar bis 1080p480 und 4K120 klappt.

Die zweite große Baustelle, die AMD bei Ryzen 4000 angegangen ist, ist der Stromverbrauch bei geringer Last. Ein Pferdefuß bisheriger mobiler Ryzen war, dass die CPUs dem Betriebssystem nur einen einzigen Schlafmodus mitteilen konnte – und sowohl das Einschlafen als auch das Aufwachen dauerten vergleichsweise lange.

Ryzen-4000-Prozessoren stellen dem Betriebssystem drei statt vormals einen Stromsparzustand zur Verfügung.

(Bild: AMD)

Ryzen-4000-CPUs haben weiterhin dieselben internen Schlafzustände, doch sie geben diese nun in drei Stufen nach außen. Das Betriebssystem kann somit anhand der anstehenden Aufgaben entscheiden, ob ein leichter Schlaf oder tiefes Schnarchen angebracht ist, und dies dem Prozessor mitteilen. Die Kommunikation findet mittels ACPI statt und benötigt keine Anpassungen bei aktuellen Betriebssystemen.

Zusätzlich hat AMD mit verdoppelten internen Bussen dafür gesorgt, dass Kerne schneller schlafen und wieder aufwachen können. Dadurch und dank einer verbesserten Firmware für den internen Power-Management-Controller sei die Latenz zwischen betriebsbereitem und komplett abgeschaltetem Kern auf ein Fünftel gedrückt worden. Und nicht zuletzt hilft auch die 7-Nanometer-Fertigung dabei, die Kernspannungen im Idle-Betrieb weiter abzusenken, was ebenfalls den Energieverbrauch senkt. Gemäß internen Evaluierungen hat AMD beim Idle-Stromverbrauch zwar einen großen Schritt nach vorne gemacht, gibt aber auch zu, noch nicht ganz auf dem Niveau von Intel zu sein.

Hinzu kommen Aspekte wie die Akkukapazität, die AMD selbst gar nicht beeinflussen kann – dies ist die Domäne der Gerätehersteller. Ganz generell können diese weitaus mehr bewirken als AMD beim Prozessor: Ryzen 4000 unterstützt zwar moderne Stromsparkonzepte wie LPDDR4X-Speicher und 1-Watt-Panels mit PSR (Panel Self Refresh), doch wenn ein OEM diese Optionen aus preislichen Gründen nicht implementiert, dann wird dadurch viel mehr Energie vernichtet als die CPU jemals einsparen kann.

Immerhin sind die OEMs laut AMD inzwischen bereit, auch höherpreisige Notebooks mit Ryzen zu entwickeln, sodass dort dann energieeffizientere, aber auch teurere Komponenten zum Einsatz kommen. Besonders stolz ist AMD auf den 14-Zöller Lenovo Yoga Slim 7. Die Ausstattungsvarianten starten bei 700 Euro; in teureren Konfigurationen sind Ryzen-Prozessoren bis hinauf zum Topmodell Ryzen 7 4800U vorgesehen. Wie alle U-Modelle beträgt seine nominale Abwärme 15 Watt; bei ausreichend dimensionierten Kühlsystemen sind aber bis zu 25 Watt zulässig – samt entsprechendem Leistungsplus.