"Scheiß Internet"-Preis für Anonymous Austria und A1-Chef
Den Negativpreis für Feinde der Kommunikationsfreiheit und für Kulturpessimisten teilen sich in diesem Jahr höchst unterschiedliche Parteien. Eine Reaktion ließ nicht lange auf sich warten.
Der dritte "Wolfgang Lorenz Gedenkpreis für internetfreie Minuten" (Wolo11) wurde Donnerstagabend in Wien an AnonAustria vergeben. Grund: Die "Daten-Rüpel" haben private Daten tausender Österreicher online gestellt. Über den Publikumspreis "freuen" darf sich A1-Chef Hannes Ametsreiter. Wie bereits beim Big Brother Award 2011 wurde ihm seine ausdrückliche Ablehnung von Netzneutralität zum Verhängnis.
Der Lorenz-Preis ist ein Negativ-Award für "völlig unqualifizierte Statements gegen das Informationszeitalter in Wort und Tat" und wird seit 2009 jährlich von Monochrom vergeben. Er geht zurück auf den ORF-Programmdirektor Wolfgang Lorenz, der 2009 über das "Scheiß-Internet" hergezogen war, in dem sich "die Jungen verkrümeln". Fernsehen sei das Leitmedium und es sei ihm egal, ob junge Menschen zusehen würden. Erste Preisträger waren 2009 die Wiener Grünen, die damals ebenfalls einen Big Brother Award eingeheimst hatten. 2010 folgten der Medienstaatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ) für die Abschaffung der ORF futureZone, während das Publikum für die Verwertungsgesellschaft austro mechana stimmte.
Bei der Gala wurden acht Nominierte von ebenso vielen Laudatoren vorgestellt. "Es geht um Hannes Ametsreiter und das ist nicht lustig", verwandte sich @helge für den A1-Chef (Telekom Austria), der bestimmten möchte, wer was über das Mobilfunknetz von A1 transportiert. Es folgten Lobpreisungen weiterer IT-Pessimisten, so etwa von Anitra Eggler, "Digital-Therapeutin seit 1998", laut der E-Mails "dumm, krank und arm" machen, und der deutschen Politiker Uwe Schünemann (CDU) und Ralf Jäger (SPD), die ein Verbot von Facebook-Partys fordern. Der dafür vorgesehene Laudator Heinz Wittenbrink, Exil-Deutscher und Lorenz-Zeitzeuge, war aufgrund einer Facebook-Party verhindert. Der von ihm entsandte Vertreter dankte Schünemann und Jäger für "die Erbringung des Beweises, dass Politiker jeden Online-Unsinn verzapfen dürfen, um bei traditionellen Medien zu punkten."
Die Jury überzeugen konnte aber nur Ingrid Brodnigs Lobpreisung, die den österreichischen Ableger der Anonymous-Bewegung, AnonAustria, empfahl. AnonAustria hat mehrmals private Daten auf fremden Servern aufgespürt und veröffentlicht, darunter die Privatadressen von Polizisten. Damit sei wiederholt die achte Regel der Hackerethik verletzt worden: "Öffentliche Daten nützen, private Daten schützen." Anonymous-Sympathisanten reagierten auf die live ins Internet gestreamte Verleihung mit trolligen Kommentaren bei Twitter. Die Übergabe des Preises an AnonAustria ist logistisch noch ungelöst. Schauplatz der Wolo11-Gala war das Wiener Figurentheater Lilarum. Eine Aufzeichnung der spendenfinanzierten Veranstaltung ist online verfügbar. (jh)