Schweiz: Blockchain-Identität für Zug, E-ID fürs ganze Land
Der Hauptort des schweizerischen "Crypto-Valley" bietet nun eine Blockchain-basierte digitale Identität für die Einwohner der Stadt an. Zudem präsentierte die Schweizer Regierung ihre Pläne für die Einführung einer nationalen E-ID.
Nach der erfolgreichen Einführung von Bitcoin für die Bezahlung städtischer Dienstleistungen im vergangenen Jahr bietet die Stadt Zug seit dem gestrigen Donnerstag Bürgern der Stadt an, eine E-ID zu erhalten. "Als erste Stadt der Welt" steigt sie nun in die Pilotphase ein, in der die Einwohner der Stadt ihre "digitale Identität", basierend auf der Ethereum-Blockchain, "der grössten Blockchain 2.0 der Welt mit Wurzeln in Zug", eigenständig mithilfe der "uPort"-App registrieren können, erläutert die Stadt in einer Mitteilung
Die Zuger E-ID besteht aus drei Elementen: einem "persönlichen Datentresor" – Teil der App – und biometrisch oder durch einen PIN gesichert. Hier wird die digitale ID nach dem Registrierungsprozess abgespeichert. Dazu kommt die Ethereum-Blockchain: Die uPort-App erstellt in der Blockchain eine unikale und unveränderbare Kryptoadresse und verknüpft diese mit dem Datentresor auf dem Smartphone. Dritter Bestandteil ist ein Zertifizierungsportal auf der Website der Einwohnerkontrolle der Stadt Zug.
Stadtpräsident beantragte als erster eine ID
Allerdings bleibt den Einwohnern ein Besuch im Stadthaus nicht erspart, denn spätestens zwei Wochen nach der Online-Registrierung müssen sie persönlich bei der Einwohnerkontrolle erscheinen, damit die Online-Identitätsangaben überprüft werden können. Mit der amtlichen Bestätigung werden alle Identitätsangaben mit dem Kryptoschlüssel der Stadt Zug aus der Blockchain signiert und in Form eines digitalen Zertifikats verschlüsselt im digitalen Schliessfach der uPort-App gespeichert.
Die Pilotphase, die nach der seit Juli erfolgreich verlaufenden Testphase, eigentlich bereits im September beginnen sollte, startete dann schließlich damit, dass Stadtpräsident Dölfi Müller als erster eine kostenlose digitale ID beantragte.
Müller und Mathias Bucher, Dozent am Institut für Finanzdienstleistungen Zug der Hochschule Luzern und Mitglied des Projektteams betonen, "dass die Benutzer selbst im Besitz ihrer Daten bleiben. Wir überprüfen und bestätigen lediglich die Identität einer Person". Die persönlichen Daten verbleiben gesichert im "digitalen Schließfach" in der Mobiltelefon-App des Bürgers. Wenn das Smartphone verlorengeht, kann die digitale Identität über die Blockchain neu verifiziert werden.
Noch keine konkreten Anwendungen
Die Projektgruppe der Stadt Zug unterstreicht, dass "eine selbstverwaltete, sichere und beglaubigte Identität für das Funktionieren einer immer digitaleren Gesellschaft unabdingbar" sei. Zwar ist geplant, ein "offenes Ökosystem" rund um die E-ID aufzubauen; es gibt aber bislang noch keine konkreten Anwendungen für die digitale Identität. Aber diese seien bereits in der Evaluationsphase, erläuterte Müller, so zum Beispiel ein einfacher Zugang zu allen elektronischen Behördendienstleistungen der Stadt, ein Blockchain-basierter Fahrradverleih, ein digitalisiertes Parking-Management oder das Ausleihen von Büchern ohne Bibliotheksausweis.
Nach eigenen Angaben prüfen zurzeit alle Dienstabteilungen der Stadt im Rahmen der 2017 durch den Stadtrat verabschiedeten Digitalisierungsstrategie mögliche weitere Anwendungen der E-ID. Im Frühling will die Stadt Zug mit alle User der digitalen Identität in der Stadt Zug befragen. Dabei soll es auch darum gehen, erste E-Voting-Erfahrungen zu sammeln. An der Entwicklung des Projekts beteiligt waren neben dem IFZ und der IT-Abteilung der Stadt Zug, die Firmen Consensys-uPort aus Zug und ti&m aus Zürich.
Erste Schritte hin zur nationalen E-ID
Derweil gab in der Bundeshauptstadt Bern Bundesrätin Simonetta Sommaruga die Pläne der Schweizer Regierung für eine nationale E-ID bekannt. Schon seit längerem bekannt ist, dass der Staat lediglich die Regeln vorgeben will, damit eine Identität sicher überprüft werden kann. Eine einzuführende nationale E-ID soll die bisher verschiedenen Logins für unterschiedliche Anbieter ablösen. Bestehende Angebote wie die alte 2010 lancierte "SuisseID", die eines Tages in der neuen "Swiss ID" (Post und SBB) aufgehen soll, oder der "SwissPass" der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) könnten also zur E-ID ausgebaut werden.
Definitiv entschieden scheint jetzt, dass sowohl die technische Umsetzung als auch die Herausgabe einer staatlichen E-ID in der Hand privater Anbieter liegen soll, so genannter Identitätsdienstleister. Die Aufgabenteilung schaffe die besten Voraussetzungen für eine praxistaugliche und konsumentenfreundliche Anwendung, teilte der Bundesrat mit. Zudem gewähre sie die nötige Flexibilität für technische Veränderungen.
Die Regierung will daher klare Regeln für einen digitalen Identitätsnachweis erlassen, der "staatlich anerkannt, überprüfbar und eindeutig ist", hieß es. Deshalb hat der Bundesrat nun das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) beauftragt, bis im Sommer 2018 einen Gesetzentwurf auszuarbeiten. Anspruch auf eine E-ID sollen Schweizer Bürger sowie Ausländer haben, die über einen in der Schweiz ausgestellten Ausweis verfügen. (anw)