“Solo: A Star Wars Story”: Han Solos Origin-Story im Kino
Nach "Rogue One" verlässt Disney noch einmal den Kanon und folgt den Spuren von Han Solo. An dieser Origin-Story haben sich gleich drei Regisseure versucht.
Disney baut sein Star-Wars-Universum weiter aus: Nachdem in "Rogue One" alle dabei draufgegangen sind, die Baupläne des Todessterns zu besorgen, kann man sich bei "Solo: A Star Wars Story" immerhin sicher sein, dass die Hauptfigur überlebt. Denn es geht um Han Solo, den vielleicht abgezocktesten Weltraumschmuggler in dieser weit, weit entfernten Galaxie.
Gesetzlose Zeiten
Da wir alle wissen, dass Haudegen Han mal eine wichtige Rolle in der Rebellion und bei der Zerstörung des Todessterns spielen wird, können wir uns entspannt im Kinosessel zurücklehnen. "Solo" führt uns auf den Planeten Corellia, wo Han als Kleinganove schnell mit den herrschenden Mächten in Konflikt gerät. Es ist eine gesetzlose Zeit, in der kriminelle Clans das Sagen haben, und das Imperium gerade beginnt, auf den Planeten für "Ordnung" zu sorgen.
Han (Alden Ehrenreich) will weg von Corellia und Pilot werden. Doch bis er in der Kanzel des Millennium Falcon sitzt, den alten Wookie Chewbacca (Joonas Suotamo) an seiner Seite, muss er einige Abenteuer überstehen – und Kartenspiele mit Lando Calrissian (Donald Glover). Mit der Crew des Kriminellen Tobias Beckett (Woody Harrelson) soll er im Auftrag eines gefährlichen Clans wertvollen Treibstoff stehlen. Das geht schief und Hans Leben steht auf dem Spiel – wir wissen, es wird nicht das letzte Mal in seiner Laufbahn sein.
"Kreative Differenzen"
Dieses Universum voller Chaos, krimineller Energie und Machtvakuen ist ungleich interessanter und aufregender als die Galaxie späterer Jahre, in der ein etabliertes Imperium und gut organisierte Rebellen mit der und um die Macht ringen. "Solo" ist frei von der franchise-üblichen Esoterik. Die Voraussetzungen für eine unterhaltsame Space-Opera sind also ideal. Dass "Solo" dann nur halb aufregend geworden ist, kann auch an kreativen Differenzen liegen.
Als die Dreharbeiten im Februar 2017 begannen, saßen Phil Lord und Christopher Miller auf dem Regiestuhl. Die zwei Filmemacher hatten mit dem Animationsfilm "Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen" einen Hit gelandet, der ein Sequel nach sich zog, und zeichneten für den erfolgreichen Lego-Film verantwortlich. Mit dem Kino-Remake von "21 Jump Street" konnte das Duo bereits Realfilmerfahrung sammeln. Doch nach nicht mal einem halben Jahr Produktion war Schluss für die zwei Comedy-Experten. Hollywood-Veteran Ron Howard übernahm die Regie.
"Kreative Differenzen" ist die Standardfloskel, mit der Hollywood solche einschneidenden Personalien zu verklären versucht. Hier scheint es aber durchaus zutreffend zu sein. Es gibt ein paar Gerüchte, warum sich Disney entschieden hat, inmitten einer so wichtigen Produktion die operative Leitung auszutauschen. Am überzeugendsten ist die Version, dass es zwischen den Regisseuren und den Drehbuchautoren Lawrence und Jonathan Kasdan gewaltig geknallt hat.
Lawrence Kasdan ist eine Hollywood-Legende. Aus seiner Feder stammen unter anderem die Drehbücher für "Das Imperium schlägt zurück", "Jäger des verlorenen Schatzes" und "Das Erwachen der Macht". Zum Zerwürfnis soll es gekommen sein wegen der Arbeitsweise des Regie-Duos Ford und Miller. Die zwei lassen gerne improvisieren und weichen bei der Arbeit vom Skript ab. Vater Kasdan hingegen ist eher alte Schule: Für ihn ist ein Drehbuch keine Arbeitsgrundlage, sondern eine Dienstanweisung.
Zyniker oder Komiker?
Darüber hinaus soll es unterschiedliche Auffassungen über die Zeichnung der Hauptfigur gegeben haben. Während Ford und Miller offenbar eher eine spaßige Action-Comedy à la "Guardians of the Galaxy" visionierten, soll Kasdan die Geschichte als grimmigen Space-Western angelegt haben. Sein Han Solo ist mehr egoistischer Zyniker und weniger der sympathische Draufgänger, der immer einen lockeren Spruch auf der Lippe hat. Kasdans Interpretation wird von der Geschichte bestätigt werden, denn Han schießt zuerst.
Solo: A Star Wars Story (22 Bilder)
(Bild: Lucasfilm/Disney)
Ron Howard also sollte die Produktion retten. Howard ist das, was man in Hollywood einen Routinier nennt. Der Veteran kann die Herstellung so eines Blockbuster störungsfrei über die Bühne bringen, gilt aber nicht als Meister der Zwischentöne. Disney hat Erfahrung mit solchen Rettungsaktionen: Bei "Rogue One" wurde in der Post-Produktion Tony Gilroy für Nachdrehs verpflichtet, nachdem Regisseur Gareth Edwards die Dreharbeiten abgeschlossen hatte.
Schweres Erbe
Hauptdarsteller Alden Ehrenreich hatte also eine doppelt undankbare Aufgabe: seine Chefs haben unterschiedliche Vorstellungen von der Figur und er tritt das Erbe von Harrison Ford an, der mit Han Solo eine Ikone des Unterhaltungskinos geschaffen hat. Ehrenreich schlägt sich achtbar, wenn auch etwas steif, und in der Originalfassung trifft er stellenweise sogar Fords Tonlage.
"Solo" ist in seinen besseren Momenten mitreißendes Action-Kino, zündet aber trotzdem nicht so richtig. Das jüngste Star-Wars-Abenteuer ist ein flockiger Space-Western mit einer dunklen Seele, die nur ab und zu durchscheint. Es bleibt eine lose verknüpfte Sammlung von mehr oder weniger aufregenden Action-Sequenzen, angereichert mit der für "Star Wars" typischen Folklore. Immerhin: Langweilig ist es nicht.
"Solo" könnte mehr sein als seine Einzelteile, aber Film und Hauptfigur können ihre Widersprüche nicht zu einem überzeugenden Ganzen vereinen. Aber so ist das halt, wenn man jemanden wie Ron Howard holt: Der soll die Investition retten, nicht die Vision. Immerhin wissen wir jetzt, was es mit dem Kessel Run auf sich hat.
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"Solo: A Star Wars Story" ist ab dem 24. Mai im Kino. (vbr)