Sonys leise Übernahme von Aiwa

Der Elektronikhersteller sichert seine Marktposition mit weltweiten Übernahmen.

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Von
  • Torge Löding

Auf dem Aiwa-Platz Nummer 1 in Hürth gingen gestern die Lichter aus. "Hier erreichen Sie niemanden mehr von diesem Unternehmen. Bald kommt hier eine neue Firma rein", antwortet die Empfangsmitarbeiterin die Anfrage von heise online. Sie klang resigniert -- kein Wunder, schließlich ist sie ihren Job los, wie fast alle ihrer zuletzt noch 60 Kollegen. Auch für den Platz sollten sich Hürths Stadtväter einen neuen Namen ausdenken. Mit Wirkung zum 01. Oktober 2002 wurde der weltweit aktive Elektronikhersteller Aiwa aus Japan vom Marktführer Sony mit Haut und Haaren geschluckt.

"Sony Europe hat die Zusammenfassung des Aiwa-Marketing für ganz Europa unter dem Dach der neuen Aiwa Marketing of Europe in Rotterdam mit Wirkung zum 1. Oktober 2002 bekannt gegeben", erklärte Sony Europe-Sprecher Kiyohiko Sumiya gegenüber heise online. Diese Umstrukturierung geht auf die bereits Ende Februar beschlossene vollständige Übernahme der Aiwa-Aktien durch Sony zurück. Seit geraumer Zeit hatte Sony bereits über 60 Prozent der Anteile an seinem Konkurrenten gehalten. Von der Öffentlichkeit blieb weitgehend unbemerkt, was für Sony-Mitarbeiter schon lange klar war: Aiwa wurde im Konzern längst als eine Sony-Abteilung angesehen.

Während Aiwa-Fertigungsstätten in Asien geschlossen werden und den meisten deutschen Mitarbeitern die Kündigung wegen Betriebsstillegung ausgesprochen bekommen, soll Aiwa als Marke bestehen bleiben. "Zu diesem Zeitpunkt können wir allerdings noch nicht sagen, inwiefern sich das Produktportfolio verändert. Schließlich befinden wir uns mitten im Prozess der Umstrukturierung", sagte Sumiya.

Unter Einzelhändlern sorgt die aktuelle Entwicklung für Verunsicherung, da unklar ist, ob die mit Aiwa geschlossenen Lieferveträge nun Gültigkeit behalten oder nicht. Sumiya konnte diese Frage jedenfalls nicht beantworten. Sorge bereitet einigen Händlern -- die nicht von heise online zitiert werden wollen --, dass hier ein Marktführer einen Hautpkonkurrenten schluckt. Nach Informationen von heise online waren bislang aber weder aus Berlin noch aus Brüssel kartellrechtliche Bedenken zu hören.

Aiwa war im Jahr 2000 in finanzielle Nöte geraten. Damals entsandte Sony seinen Manager Masayoshi Morimoto als neuen Präsidenten zu Aiwa. Morimoto sollte das Unternehmen umstrukturieren, seine Maßnahmen stießen aber gerade unter den damals noch gut 80 deutschen Aiwa-Mitarbeitern eher auf Ablehnung, berichtet einer gegenüber heise online, der namentlich nicht genannt werden möchte. "Morimoto meldete sich bei uns mit Anweisungen wie `Schneller arbeiten ist besser`. Die Mitarbeiter haben ihm seine Manager-Qualitäten nicht wirklich abgenommen."

Mit der Vereinnahmung von Aiwa sichert Sony seine starke Position auf dem Markt der Elektronikhersteller. Sonys erstes Opfer der Begierde in Deutschland war in den Achtziger Jahren der TV-Gerätehersteller Wega. (tol)