Streamingdienst DAZN greift TV-Konzerne mit Champions League an
Mit Fußball-Übertragungen der Champions League stößt DAZN neue Dimensionen vor. Der Streamingdienst will mit Sport so erfolgreich werden wie Netflix mit Serien.
Die Deutschland-Zentrale eines milliardenschweren Medien-Unternehmens würde man nicht unbedingt in einem Kreuzberger Hinterhof erwarten. Etwas versteckt in der Nähe der alten Grenze hat DAZN seine spärlich möblierten Räume im Start-up-Stil. Von dort aus promotet der Streamingdienst sein Geschäft, das in dieser Woche mit den Übertragungen der Fußball-Champions-League in der ersten Liga des deutschen Medienmarktes angekommen ist.
An DAZN, dem Internetanbieter mit dem sperrigen Namen, kommen Sportfans kaum mehr vorbei. "Die Champions League bringt uns von der Nische in den Mainstream, da wir damit ein viel breiteres Publikum als bisher erreichen", sagte Deutschland-Chef Thomas de Buhr der Deutschen Presse-Agentur. DAZN will im Sportsegment an die Erfolge anknüpfen, die Netflix mit Serien und Filmen hat. Das Unternehmen sei "auf dem Weg, der weltweit führende Sport-Sender zu werden", glaubt der Vorstandsvorsitzende James Rushton.
Sky verkauft Sub-Lizenz an Konkurrent DAZN
In Deutschland gibt es von Dienstag an die Spiele des wichtigsten europäischen Club-Wettbewerbs nur noch beim Pay-TV-Sender Sky und bei dem ebenfalls kostenpflichtigen Streamingdienst. Dafür haben DAZN und Sky eine kurios anmutende Konstruktion gefunden: Der etablierte Bezahlsender hat einen Vertrag mit dem europäischen Fußball-Verband UEFA – und dem Branchen-Neuling eine Sub-Lizenz verkauft.
Dabei sind die beiden Partner auch Konkurrenten. Sie buhlen um die gleichen sportinteressierten Kunden. Und sie bieten dafür um die gleichen Sportrechte. So schaffte DAZN den Einstieg in den deutschen Markt mit Übertragungen der englischen Premier League. Die Rechte dafür hatte der Newcomer dem etablierten Pay-TV-Anbieter abgejagt. Auch in der Europa League mischt DAZN mit und überträgt als einziger Anbieter alle Partien für seine Abonnenten.
Fußball, NBA, NFL – Kampfsport soll folgen
Fußball ist das wichtigste Kaufargument für das 9,99 Euro teure Monats-Abonnement. "Das zweite große Feld ist der US-Sport mit NBA und NFL", erklärte de Buhr mit Blick auf die dortigen Basketball- und Football-Profiligen: "Da haben wir eine klare Fan-Basis." Das dritte große Feld soll der Kampfsport werden. Schon jetzt hat DAZN nach eigenen Angaben 8000 Live-Events pro Jahr im Angebot.
Und wie viele Kunden? Eisernes Schweigen ist hier die Antwort. "Wir sind mit unseren Ergebnissen über unseren Plänen", sagte de Buhr nur. Genug Geld ist nach Angaben des englischen Chefs James Rushton in der Kasse: "Keine Sorge. Wir sind sehr gut finanziert." Zahlen zum Umsatz und Gewinn gibt es auch nicht. Nur, dass rund 300 feste und freie Mitarbeiter für den deutschsprachigen Raum tätig sind, wird verraten.
DAZN bereit für die Bundesliga
Hinter DAZN steht die Perform-Group, die dem in der Ukraine geborenen US-Milliardär Leonard Blavatnik gehört. Die Investitionen sind riesig. In Japan kaufte DAZN für zwei Milliarden Euro das exklusive Rechte-Paket der J-League. Es folgten der deutsche Markt mit teuren Rechten und jüngst ein Coup in Italien: Die Perform-Tochter stieg in den für sie neuen Markt mit dem Erwerb von 114 Exklusiv-Übertragungen der Serie A ein – mit Superstar Cristiano Ronaldo als Zugpferd.
Wie geht es in Deutschland weiter? Mit Live-Spielen der Bundesliga schon bei der nächsten Ausschreibung? "Ja, absolut", betonte de Buhr. "Wir sind bereit für die großen Rechte." Der 50 Jahre alte Manager geht sogar noch weiter: "Durch unser großes Portfolio an Fußballrechten würde auch eine EM oder WM Sinn machen." Ein Event wie die Olympischen Spiele hingegen wäre nur dann denkbar, "wenn wir die dort dominierenden Sportarten auf DAZN haben".
Jeder Inhalt, egal wo, jederzeit verfügbar
De Buhr ist überzeugt, dass das Modell DAZN sich langfristig durchsetzen kann. "Wir sehen eine große Änderung im Konsumentenverhalten. Und dieser Trend geht weiter: jeder Inhalt, egal wo, jederzeit verfügbar. Wir sind fest davon überzeugt, dass die Art und Weise, wie wir Sport übertragen, auf Dauer gewinnen wird." (bme)