Studie: Zaghafter Klimaschutz wird sich deutlich am Nordpol zeigen

Das Abschmelzen der Polkappen wird seit langem befürchtet. Eine Studie zeigt nun: Der Nordpol wird noch vor 2050 in einigen Sommern eisfrei sein.

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Studie: Fehlender Klimaschutz wird sich deutlich am Nordpol zeigen

Eisbären auf arktischem Meereis

(Bild: Prof. Dr. Dirk Notz)

Lesezeit: 3 Min.
Inhaltsverzeichnis

Bis zum Jahr 2050 wird der Nordpol nach Berechnung einer internationalen Studie zumindest in einigen Sommern eisfrei sein – wie häufig dies geschehe, sei aber stark davon abhängig, wie ernst es die Weltgemeinschaft mit dem Klimaschutz meint.

Würde sich das Klima nur um 1,5 Grad erwärmen, so bliebe nach Angaben des Leitautors der Studie, Prof. Dr. Dirk Notz, eine eisfreie Arktis eine Ausnahme. Allerdings schiebt Notz ein: "Selbst im alleroptimistischen Szenario wird das Eis in manchen Jahren verschwinden."

Rücke man vom 1,5-Grad-Ziel ab und schaffe zumindest das 2-Grad-Ziel, werde das Arktiseis "noch vor 2050 im Sommer immer mal wieder weitestgehend abschmelzen." Notz gehe davon aus, dass der Nordpol dann wahrscheinlich in der Hälfte der Sommer bis 2050 weitgehend eisfrei sei. Das heißt, dass die Packeisfläche kleiner als eine Million Quadratkilometer wäre.

Momentan ist der Nordpol das ganze Jahr über von Meereis bedeckt. Jeden Sommer schrumpft die Eisfläche, im Winter wächst sie wieder an. Im Zuge der globalen Erderwärmung hat das Meereis in den letzten Jahrzehnten schon rapide an Fläche verloren.

Bereits im September 2019 wurde nach Angaben des Bremer Alfred-Wegener-Instituts die zweitgeringste Ausdehnung des arktischen Eises seit 1979 gemessen. Nur 3,9 Millionen Quadratkilometer des Arktischen Ozeans waren zugefroren. Im September 2012 war mit 3,4 Millionen Quadratkilometern die bislang kleinste Eisfläche beobachtet worden. Das arktische Eis erreicht gewöhnlich im März seine größte und im September seine geringste Ausdehnung.

Meereisfläche zum Ende des arktischen Sommers im September 1979

(Bild: Prof. Dr. Dirk Notz)

Meereisfläche zum Ende des arktischen Sommers im September 2019

(Bild: Prof. Dr. Dirk Notz)

Für die Natur sind die Folgen problematisch: Die Meereisdecke ist Jagdrevier und unverzichtbarer Lebensraum zum Beispiel für Eisbären und Robben. Gleichzeitig spielt das Meereis eine wichtige Rolle im Klimasystem, weil seine helle Oberfläche das Sonnenlicht reflektiert und so die Arktis kühlt.

Notz nennt die Arktis einen Großschauplatz des Klimawandels. Das Meereis reagiere sehr sensibel und vergleichsweise linear auf die Klimaerwärmung. Jede Tonne CO2, die ausgestoßen werde, lasse drei Quadratmeter Eis schmelzen.

Die internationale Studie, die durch Prof. Dr. Dirk Notz vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg koordiniert wurde und an der 21 Institute beteiligt waren, hat aktuelle Ergebnisse von 40 verschiedenen Klimamodellen analysiert. Mit diesen Modellen wurden Simulationen durchgeführt, die zum einen von wenig Klimaschutz und weiterhin ungebremsten Kohlendioxid-Emissionen ausgehen und zum anderen von Szenarien, in denen mehr und mehr Klimaschutz praktiziert wird.

Laut Studie liegen den Modellläufen die so genannten "SSP-Szenarien" (Shared Socioeconomic Pathways) zugrunde, die auch im kommenden sechsten Bericht des Weltklimarats IPCC genutzt werden. Verwendet wurde die jüngste Generation von Klimamodellen CMIP6 (Coupled Model Intercomparison Project Phase 6).

(mit Material der dpa) / (kbe)