US-Gesetz gegen Sex-Anzeigen: Facebook und Google geben Widerstand auf

Im US-Parlament wird ein Gesetz vorbereitet, das Online-Werbung für Sexarbeit einschränken soll. Die großen Internetkonzerne wollten nicht für Inhalte Dritter haften, haben den Widerstand aber nun aufgegeben. Sie stecken in einer PR-Krise.

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Weißes Gebäude mit Kuppel

Das Kapitol, Sitz des US-Parlaments

(Bild: dpa, Rainer Jensen)

Lesezeit: 2 Min.

Die Kleinanzeigenseite backpage.com ist für mit Codeworten gespickte Inserate von US-Sexarbeitern bekannt. Ein Teil der Anzeigen bewirbt Dienstleister, die minderjährig oder unfreiwillig tätig sind. In diesen Situationen fällt Sexarbeit unter den Begriff des "Sex Trafficking". US-Politiker möchten durch ein neues Gesetz namens SESTA (Stop Enabling Sex Traffickers Act) die Betreiber der Seite haftbar machen.

Das ist einfacher und profitabler, als die Zuhälter zu verfolgen. Betreiber von Online-Diensten fürchten eine Klagewelle, zumal sie nicht alle Postings auf alle möglichen Codeworte kontrollieren können, und waren bisher einhellig gegen SESTA. Doch nun haben die großen Internetkonzerne überraschend ihren Widerstand aufgegeben.

Diesen Regeln muss jeder Escort-Inserent auf US-Seiten Backpage.coms zustimmen. Das könnte Backpage aber bald nicht mehr schützen.

(Bild: Screenshot)

Denn die Aufregung über Russland-gesteuerte Postings und Werbung zu US-Politikthemen hat die Stimmung in der US-Hauptstadt Washington kippen lassen. Plötzlich weht den US-Internetkonzernen dort rauer Wind entgegen. Vor diesem Hintergrund dürften sich Facebook, Google, Twitter & Co. dazu entschlossen haben, ihren unpopulären Widerstand gegen das neue Gesetz aufzugeben. Ihre Lobbyorganisation Internet Association bekämpft SESTA nicht mehr, sondern unterstützt es sogar.

Bislang schützt das Bundesgesetz Communications Decency Act Online-Verleger weitgehend davor, für die Veröffentlichung der Aussagen Dritter zur Verantwortung gezogen zu werden. Eine Ausnahme gibt es für Copyright-Verletzungen. SESTA soll eine weitere Ausnahmen einführen: "Unterstützt oder erleichtert" der Betreiber eines Online-Dienstes wissentlich sogenanntes Sex Trafficking, soll er sowohl von Staatsanwälten als auch von jedem Opfer vor Bundesgerichten verklagt werden können.

Da prominente Abgeordnete beider Parteien SESTA unterstützen, wird die Vorlage wahrscheinlich Gesetz werden. Widerstand gibt es aber weiterhin, etwa vom Startup-Verband Engine oder der NGO Electronic Frontier Foundation (EFF). Sie fürchtet, das SESTA Sexarbeiter aus dem Internet zurück auf den weitaus gefährlicheren Straßenstrich treiben wird. Außerdem würden Webseiten dann noch stärker automatisiert filtern, was jedermann träfe. (ds)