Wenn Computer das Schicksal spĂĽren - zum Tode von Kurt Vonnegut

Ähnlich wie Douglas Adams war Vonnegut mit seiner Mischung aus Science Fiction und Humor in der IT-Szene ein beliebter Autor.

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Von
  • Detlef Borchers

Im Alter von 84 Jahren ist der US-amerikanische Autor Kurt Vonnegut in New York an den Folgen einer Kopfverletzung gestorben. Ähnlich wie der englische Autor Douglas Adams war Vonnegut mit seiner Mischung aus Science Fiction und Humor ein beliebter Autor in der IT-Szene.

Kurt Vonnegut wurde am 11. November 1922 als Sohn des Architekten Kurt Vonnegut Senior und Edith Vonnegut geboren. 1940 entschied er sich fĂĽr ein Studium der Biochemie, arbeitete aber hauptsächlich als Journalist, bis er zum Kriegsdienst einberufen wurde. Hier nahm er an der Ardennen-Offensive teil und erhielt dafĂĽr das "Purple Heart". Während Vonnegut in Europa kämpfte, beging seine Mutter Selbstmord. In deutscher Kriegsgefangenschaft erlebte Vonnegut die Bombardierung von Dresden und musste Leichenberge beseitigen. Das traumatische Erlebnis verarbeitete er in seinem bekannten Roman Schlachthof 5, es machte ihm zum ĂĽberzeugten Pazifisten.

Im Jahre 1949 verfasste Vonnegut eine Geschichte über den allwissenden Computer EPICAC, eine Persiflage auf die damaligen Rechner ENIAC und UNIVAC. EPICAC scheitert im Dialog mit dem Menschen, Vonnegut an der Frage, was Schicksal ist. Einmal besiegt, wandelt sich der Kriegscomputer zu einem Liebescomputer und schreibt die von seinem Bezwinger geforderten Liebesgedichte. Darin besiegt er wiederum sein menschliches Gegenüber, das zuvor postuliert hatte, Frauen könnten keine Maschinen lieben.

In seinem ersten Roman Player Piano, der 1952 veröffentlicht wurde, taucht EPICAC wieder auf. Hier ist er der Universalcomputer in einer Gesellschaft, in der die menschliche Arbeit fast vollständig von Maschinen des Konzerns Ilium Works übernommen wurde. Ilium Works ist eine Persiflage auf den Konzern General Electric, bei dem Vonnegut damals in der Werbeabteilung arbeitete.

EPICAC ist im Roman auf dem besten Wege, das menschliche Denken zu ersetzen, das noch von einer Ingenieurselite ausgeübt wird, während die einfachen Menschen Regierungssklaven sind. Eine Gruppe von Aufständischen der Ghost Shirt Society unter Führung von Paul Proteus kann die Maschinen von Ilium Works zerstören, muss aber erkennen, dass ihre Aktion vergebens ist – die einfachen Menschen wollen als bezahlte Regierungssklaven weiterleben.

Zuletzt erregte Vonnegut mit einem Interview für Aufsehen, in dem er Verständnis für terroristische Selbstmordattentäter zeigte, die ihre Selbstachtung retten wollen. Weil der Interviewer Kurt Vonnegut für geisteskrank erklärte, schrieb sein Sohn, der Schriftsteller Mark Vonnegut: "Wenn jemand nicht verstehen kann, was ein geistig rüstiger 83-Jähriger damit sagen will, dann sollten wir uns vielleicht Sorgen darüber machen, ob wir den Feind überhaupt verstehen, der gegen uns antritt." (Detlef Borchers) / (anw)