Wikimedia Foundation ernennt Geschäftsführerin

Die offizielle Mitteilung der Stiftung, die unter anderem die freie Internet-Enzyklopädie Wikipedia betreibt, fällt kurz aus, doch die Veränderungen durch die neue Geschäftsführerin könnten wesentlich sein.

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Von
  • Torsten Kleinz

Die offizielle Mitteilung fällt kurz aus, die Veränderungen könnten aber wesentlich sein: Die Wikimedia Foundation hat die Kanadierin Sue Gardner als Geschäftsführerin engagiert. Damit hat die Organisation, die unter anderem die freie Internet-Enzyklopädie Wikipedia betreibt, den ersten regulären Geschäftsführer.

Gardner stammt aus Kanada und hat dort hauptsächlich für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gearbeitet. Zuletzt war sie für die Webseite der Canadian Broadcasting Corporation verantwortlich. Bereits im Sommer hatte die Managerin bei der Wikimedia Foundation als special advisor angeheuert. Offenbar zur Zufriedenheit des Stiftungsvorstandes: "Sie hat gezeigt, dass sie strategisches Geschick besitzt und auch die tägliche Arbeit der Stiftung organisieren kann", heißt es in der offiziellen Mitteilung zur Einstellung.

Die Managerin tritt ihren Posten in einer schwierigen Zeit an. Die Wikimedia Foundation steht vor einem organisatorischen Umbruch: Anfang des nächsten Jahres verlegt die Stiftung ihren Hauptsitz von Florida nach San Francisco, am neuen Standort will die Stiftung auch einen personellen Neuanfang wagen und sucht nach neuen Mitarbeitern. Der ist auch nötig, um die neuen Herausforderungen anzugehen. Aufgrund der knappen personellen Ressourcen wurden Projekte wie die Umsetzung eines neuen Diskussionssystems oder stabiler Artikelversionen immer wieder verschoben.

Die enorm gestiegene Popularität der Wikipedia verursacht immer höhere Kosten: So verzeichneten die Wikipedia-Techniker in dieser Woche eine Spitzenbelastung von 50.000 Anfragen pro Sekunde, vor eineinhalb Jahren konnten die Server nur ein Fünftel bewältigen. Für das aktuelle Geschäftsjahr hat die Stiftung deshalb mehr als 2,5 Millionen Dollar für Server und Administration vorgesehen. Insgesamt will die gemeinnützige Stiftung 4,6 Millionen Dollar ausgeben, 2005 waren es weniger als 750.000 Dollar.

Für Gardner bedeutet das wohl auch die Suche nach neuen Finanzierungsmodellen: Über Kleinspenden scheint der Finanzbedarf der Stiftung nicht mehr finanzierbar zu sein. Bei der aktuellen Spendenkampagne sind bisher ca. 950.000 Dollar zusammengekommen, die durchschnittliche Spendenhöhe beträgt 30 Dollar. In der Vergangenheit hatte die Stiftung wiederholt angekündigt, mehr Großspender für die Finanzierung heranziehen zu wollen. Eine Aktion zur Gewinnung von Firmenspenden hatte im vergangenen Jahr zu Unruhen in der Wikipedia-Community geführt.

Die Wikipedia expandiert aber nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch. So fand Anfang November in Südafrika die Konferenz Wikipedia Academy statt, die sich um akademische Unterstützung für das Freiwilligenprojekt bemüht. Bei dem Treffen wurde auch die Förderung der Wikipedia-Ableger in afrikanischen Sprachen thematisiert, die derzeit noch ein Schattendasein fristen. So gibt es nur 6300 Wikipedia-Artikel auf Suaheli, die englischsprachige Wikipedia hat hingegen über 2,1 Millionen Artikel angesammelt.

Gardner ist nicht die erste Besetzung auf dem Posten des "Executive Director", vorher wurde der US-Jurist Brad Patrick als Interims-Manager eingestellt, der die Arbeit der Stiftung in geordnete Bahnen lenken sollte. Patrick hatte im Frühjahr jedoch seinen Posten nach einem Richtungsstreit verlassen, sodass der Stiftungsvorstand fortan die Geschäfte der Stiftung führte. Die ehrenamtlichen Mitglieder des Vorstands sollen in Zukunft eher eine Aufsichtsfunktion übernehmen. (Torsten Kleinz) / (jk)