Wikipedia wird noch nicht gedruckt

Der in diesem Herbst geplante erste von 100 Bänden einer gedruckten Wikipedia-Ausgabe erscheint vorerst nicht: Der Verlag beklagt mangelnde Beteiligung der Community.

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Von
  • Torsten Kleinz

Das Vorhaben der Berliner Zenodot Verlagsgesellschaft war doch zu ambitioniert: Der Verlag wird in diesem Jahr keine gedruckte Ausgabe der deutschsprachigen Wikipedia auf den Markt bringen. Grund laut Verlag: Die Community hatte bei dem Projekt nicht mitgezogen. "Es ist leider abzusehen, dass das Projekt im vorgeschlagenen Zeitrahmen wegen der schleppenden Beteiligung sowie der Abwartehaltung vieler Mitarbeiter nicht zu realisieren ist", schreibt Erwin Jurschitza, Geschäftsführer von Zenodot auf der Wikipedia-Seite zu dem Projekt.

Eigentlich sollte noch im Herbst dieses Jahres der erste von 100 Bänden des Mammut-Werkes erscheinen. Der Verlag hatte im Januar unter dem Arbeitstitel WP 1.0 eine Wikipedia-basierte Enzyklopädie mit 500.000 Artikeln auf 80.000 Seiten angekündigt und wollte dafür 25 Mitarbeiter anstellen. Die Hauptarbeitslast sollte von der Wikipedia-Community getragen werden. Doch die ehrenamtlichen Mitarbeiter waren nicht begeistert: Die Diskussion zur Durchführung des Vorhabens dümpelte vor sich hin, dazu gaben sich viele Wikipedianer skeptisch. Auch Wikipedia-Gründer Jimmy Wales äußerte sich demonstrativ mit keinem Wort zu dem Projekt, obwohl sich die WP-1.0-Macher ausdrücklich auf seine Vision bezogen hatten.

Besonders übel aufgestoßen sind den Projektverantwortlichen Klagedrohungen von Wikipedianern, die eine unzulässige Verwendung ihrer Beiträge befürchteten. Jurschitza schreibt: "Auffällig und erschreckend an der begleitenden Diskussion war die massive Unkenntnis über die Lizenz, unter der die Mitarbeiter hier ihre Texte einstellen. Über die Nutzungsmöglichkeiten, insbesondere über die kommerziellen Nutzungsrechte durch die Lizenz, sollte dringend besser informiert werden. Mitarbeiter, die ihre Inhalte nicht in dieser Form verwertet wissen wollen, sollten darüber besser aufgeklärt werden."

Die Absage kommt zum jetzigen Zeitpunkt überraschend. Vor zwei Wochen hatten sich die Verantwortlichen auf einem Communitytag optimistisch gezeigt. Dort wurden auch nähere Details zur finanziellen Planung bekannt gegeben: 20.000 Vorbestellungen wären demnach nötig gewesen, um die Auflage zu finanzieren.

Das Projekt soll gleichwohl nicht ganz begraben werden. Die Planer zeigen sich überzeugt, dass ihre Vorgehensweise der richtige Weg zur Förderung des Open-Content-Gedankens sei. Im Januar 2007 wollen sie einen erneuten Anlauf starten. (Torsten Kleinz) / (jk)