Ausweichmanöver

Seite 4: Linux und DCCP

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Seit Kernelversion 2.6.13 unterstützt Linux DCCP – zumindest in Teilen. Daher liegt eine Portierung bestehender Applikationen durchaus nahe. Aber Achtung: Zahlreiche Stellen im Kernel sind mit "FIXME" gekennzeichnet, und nicht jede Funktion ist bisher normgerecht, vollständig oder optimal implementiert. So sind die CCID-2-Funktionen noch nicht in den Kernel gewandert. Auch Feature Negotiation, also das Aushandeln der gewährten und zu benutzenden Funktionen, ist nicht vollständig integriert. Interessierte sollten dafür den Kernelzweig von David Miller via git nutzen. Derzeit existieren auch Patches für FreeBSD, Net- und OpenBSD sollen folgen (www.jp.nishida.org/dccp/).

Die Netfilter-Distribution enthält seit August 2005 ein Modul, das die Zusammenarbeit mit Firewalls erleichtert, indem es das Filtern nach DCCP-Diensten erlaubt.

Eine Connection-Tracking-Erweiterung, nötig für ein Firewall-Regelwerk mit Zustandserkennung, befindet sich darüber hinaus in der Warteschlange und sollte bald das Licht der Öffentlichkeit erblicken. Aktueller Software mangelt es noch an Unterstützung für DCCP. Immerhin enthalten gängige Werkzeuge für die Netzwerkanalyse sie zumindest in den Betazweigen oder in Form von Patches. Dazu gehören iproute2, tcpdump, netcat und ethereal.

Wer sich intensiver mit DCCP befassen möchte, dem sei dafür der Linux-Kernel empfohlen. Er enthält nicht nur eine Draft-konforme Implementierung, sondern glänzt auch durch einen ästhetischen und sauberen Programmierstil.

DCCP löst viele Probleme, die mit der wachsenden Beliebtheit von Streaming Anwendungen einhergehen. Neue Übertragungsverfahren wie UMTS und die Verlagerung der klassischen Telefonie zu VoIP verstärken diese Notwendigkeit. Die Anfangszeit von TCP/IP hat gezeigt, dass eine fehlende Stauvermeidung den Kollaps des Internet zur Folge haben kann. Entwickler können die Portierung von UDP zu DCCP in wenigen Stunden vollziehen ­ es besteht also eigentlich kein Grund, DCCP nicht zu verwenden.

Nahezu alle UDP-Anwendungen können Vorteile aus diesem potenten Protokoll ziehen. Eine Ausnahme bilden Multicasting sowie Protokolle, die kaum Daten austauschen und für die der Verbindungsaufbau einen unzumutbaren Overhead mit sich brächte. Darunter fällt unter anderem DNS.

Nun gilt es abzuwarten, ob und mit welcher Unterstützung die großen Firmen der Branche reagieren. In Ermangelung alternativer und proprietärer Ansätze könnten Netz- und Betriebssystemhersteller schon bald neue Produkte mit dem Etikett "DCCP-fähig" vermarkten. (rek)