Warum am bundesweiten Warntag auch die Handys klingeln

Am bundesweiten Warntag wird in Deutschland erneut mit Cell Broadcast gewarnt. Diese FAQ klärt die wichtigsten Fragen zum Test.

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Funkturm im Hintergrund, im Vordergrund ein Handy mit einer Warnung; Stimmung des KI-generierten Bildes etwas deprimierend

(Bild: Erstellt mit Midjourney durch Marie-Claire Koch)

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Es ist wieder so weit: Am heutigen jährlichen bundesweiten Warntag wird gegen 11:00 Uhr erneut mit Cell Broadcast gewarnt. Entwarnt wird über verschiedene Kanäle um 11:45 Uhr. Der mit Cell Broadcast erweiterte Warnmittelmix soll mehr Menschen erreichen. Außerdem hat der Bund im Rahmen eines Warnmittelförderprogramms ungefähr 86 Millionen Euro für neue Sirenen vorgesehen. Nach der Einführung von Cell Broadcast 2022 wird inzwischen regelmäßig mit Cell Broadcast gewarnt – etwa wegen Unwetter oder Hochwasser.

Manche erreichte auch eine Nachricht von Frank-Walter Steinmeier ;-) Die Ursache dafür ist, dass in den USA die höchste Warnstufe der "Presidential Alert" ist. Bei mäßiger Lokalisierung empfängt das Android-Gerät dann eine "Benachrichtigung des Präsidenten".

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe will auch dieses Jahr mit einer Umfrage ermitteln, wie die Menschen den Warntag empfunden haben. Mit dem Warntag soll die Bevölkerung zudem für Warnungen sensibilisiert werden – für den richtigen Umgang im Ernstfall.

In diesem Artikel beschreiben wir die Hintergründe und geben Antworten auf allgemeine Fragen zu Cell Broadcast und dem bundesweiten Warntag – der stets am zweiten Donnerstag im September stattindet.

Die Netzbetreiber Vodafone, Deutsche Telekom und Telefónica (O2) hatten an der Umsetzung der technischen Richlinie für Cell Broadcast gearbeitet. Die Cell-Broadcast-Nachricht wird mit der Warnstufe 1 verschickt und kann auf den meisten Mobiltelefonen nicht deaktiviert werden.

Information zum Warntag am 8. Dezember

(Bild: Marie-Claire Koch)

In dieser FAQ beantworten wir die wichtigsten Fragen zur SMS-CB und dem darauf aufbauenden Warndienst DE-Alert. Wir erklären, was Cell Broadcast ist, wie man den DE Alert bemerkt, was man als Andorid- oder iPhone-Nutzer beachten muss und ob der Alarm am Warntag auch auf älteren Mobiltelefonen empfangen werden kann.

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Cell Broadcast dient zum gleichzeitigen Versenden unidirektionaler Warnnachrichten an Millionen Mobilfunkgeräte. Dabei kann die Nachricht entweder an das gesamte Netz, regional oder auch nur an eine Mobilfunkzelle geschickt werden. Anders als bei der SMS wird die SMS-CB gleichzeitig an alle empfangsbereiten Mobiltelefone in einer Funkzelle geschickt. Das erlaubt, Millionen von Geräten zu benachrichtigen, ohne das Netz groß zu belasten.

Warnung wird an alle empfangsbereiten Geräte im betroffenen Gebiet gesendet

(Bild: BBK)

Die Nachricht enthält je nach Zweck eine unterschiedliche Message ID; etwa 4370 für die höchste Alarmstufe. In Japan und den USA ist dieser Dienst bereits seit Jahrzehnten etabliert, unter anderem für Erdbebenwarnungen. Die Europäische Union hat im Jahr 2018 festgelegt, dass Mitgliedsstaaten ein Mobilfunk-Warnsystem einführen müssen, genannt EU-Alert. Die deutsche Umsetzung dieser Richtlinie nennt sich DE-Alert; in den Niederlanden existiert etwa NL-Alert und in Italien IT-Alert.

Behörden legen fest, welche Regionen die Warnung erhalten. In Abhängigkeit von der Warnstufe ertönt auf den Geräten auch im lautlosen Modus einen Warnton. Bis zu 15 CB-Nachrichten à 93 Zeichen können für bis zu 1395 Zeichen Nachrichtenlänge aneinandergehängt werden. Netzbetreiber und Mobilfunkanbieter sind gesetzlich zum Versenden von SMS-CB verpflichtet.

Die am 24. Februar 2023 in Kraft getretene technische Richtlinie "TR DE-Alert" hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums veröffentlicht. Grundlage dafür sind § 164a Absatz 5 "Öffentliche Warnungen" im Telekommunikationsgesetz und die "Verordnung für die Aussendung öffentlicher Warnungen in Mobilfunknetzen" (Mobilfunk-Warn-Verordnung – MWV).

Neben der BNetzA waren unter anderem das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sowie die Mobilfunkbetreiber an der TR DE-Alert beteiligt.

Die Warnung bemerken Sie neben der SMS-CB an einem akustischen Signal, einem raschen Alternieren zwischen zwei Tönen. Einheitliche Warntöne gibt es zwar nicht, doch die Smartphone-Hersteller wählen hier in der Regel Töne, die von den normalen Benachrichtigungs- und Klingeltönen abweichen und üblicherweise äußerst alarmierend klingen. Gleiches gilt für Sirenen und Lautsprecherwagen.

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Eine Testwarnung ist immer eindeutig gekennzeichnet. Der Text einer Warnmeldung bei der Telekom könnte beispielsweise lauten: "Dies ist ein Test für Cell Broadcast. Die Telekom erprobt das neue Handy-Warn-System in Ihrer Region. Es besteht keine Gefahr. Bitte ignorieren Sie diese Test-Nachricht. Sie möchten keine weiteren Test-Nachrichten bekommen oder mehr Informationen? Wir helfen gern weiter: http://telekom.com/cell-broadcast". Das Mobiltelefon ertönt dann auch im lautlosen Modus für fünf Minuten. Das Signal für die Entwarnung ist ebenso wie bei Sirenen ein Dauerton.

Dies kann sich je nach Meldung unterscheiden. In der technischen Richtlinie DE-Alert ist derzeit festgelegt, dass Warnmeldungen in den betroffenen Funkzellen alle 2 Minuten bis zu 6 Mal ausgesendet werden, oder bis das modulare Warnsystem des Bundes (MoWaS) die Aussendung mit einer entsprechenden Meldung stoppt. Das ist, damit auch die Geräte, die in dem Moment kein Netz haben, die Nachricht erhalten.

Für jede ausgesendete öffentliche Warnung gibt es per Gesetz eine alphanumerische Referenznummer, "die eine eindeutige Zuordnung [...] zu der daraufhin vom Betreiber öffentlicher Mobilfunknetze ausgesendeten Warnung ermöglicht." Die Warnungen enthalten außerdem einen Link zum Warnportal des Bundes. Sie können aber auch selbst auf der Seite des Bundes nach aktuellen Warnungen schauen (warnung.bund.de). Zusätzlich können Sie auch auf weitere Kanäle wie Fernsehen, Radio oder die sozialen Medien achten. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk erhält ebenfalls eine Warnung aus MoWaS und muss bei der Warnstufe 1 berichten.
Außerdem können Cell-Broadcasting-Meldungen laut BNetzA nur von Mobilfunknetzbetreibern ausgesendet werden. Die Aussendung selbst werde in einem abgesicherten Prozess vom MoWaS angestoßen. Demnach würde eine unautorisierte Aussendung von Cell-Broadcasting-Meldungen "einen Betrieb eigener Sendeanlagen durch einen täuschenden Aussender erfordern".

Wer eine Warnmeldung erneut lesen möchte, kann diese beispielsweise unter Android ab Version 11 folgendermaßen aufrufen: Dazu tippt er in der Messaging-App oben rechts auf das Personensymbol, wählt "Messages-Einstellungen", scrollt zu "Erweitert" und tippt auf "Notfallbenachrichtigungen für Mobilgeräte". Dort sind zudem alle zuvor empfangenen (Probe-)Warnungen in Englisch und Deutsch zu finden. Für iOS_Nutzer haben wir dafür bisher keine Möglichkeit gefunden.

Sofern es sich um einen Probealarm handelt, müssen Sie nichts weiter tun. Sie können die Warnung ausschalten. Bei einer echten Warnung sollten Sie den Anweisungen in der Nachricht, die Sie erhalten haben, Folge leisten und gegebenenfalls auch Ihre Nachbarn warnen.

Falls Sie über ein Smartphone mit mindestens Android 11 verfügen und alle Updates installiert haben, brauchen Sie nichts zu tun. Das Gerät darf für das Empfangen der Cell-Broadcast-Nachricht nicht im Flugmodus sein. Auch Apple-Geräte erhalten die Profile automatisch vom Apple-Server. Da Cell Broadcast bereits seit Ende der Neunziger Teil des Mobilfunks ist, können auch viele ältere Handys die Nachrichten empfangen.

Allerdings unterstützen sie meist nicht die von EU-Alert vorgeschriebenen vierstelligen IDs, daher wurde nachträglich die dreistellige Message ID 919 für alle kritischen Warnungen hinzugefügt – wie zuvor von der AG Kritis gefordert. Rechtsverbindlich ist die Umsetzung allerdings erst ab Februar 2023. Daher wird zunächst der Provider Telekom den Versand von Nachrichten an die ID 919 testen – Vodafone und Teléfonica (O2) müssen die Umsetzung bis Februar fertigstellen.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) stellt eine Liste der Cell-Broadcast-fähigen Geräte bereit. Auf alten Handys heißen die CB-Einstellungen meist auch so und erlauben, IDs manuell einzutragen und deren Warnstufe zu definieren; näheres verrät in der Regel die Anleitung des Geräts.

Auf Smartphones sind die Einstellungen öfter mal tiefer versteckt und anders benannt: Auf alten Android-Geräten etwa tippen Sie in den Einstellungen auf "Benachrichtigungen" und dann auf "Notfallbenachrichtigungen für Mobilgeräte". Anschließend wählen Sie, wie oft Sie Benachrichtigungen erhalten möchten.
Auf Samsung-Geräten finden Sie den "Notfallbenachrichtigungsverlauf" in den Einstellungen. Bei den weiteren Optionen auf tippen Sie auf "Einstellungen" und betätigen abschließend den Schieberegler "Notfallbenachrichtigungen zulassen" – ähnlich verfahren Sie bei Sony und Xiaomi. Gegebenenfalls müssen Sie inaktive Optionen aktivieren.

Bei besonders alten Mobiltelefonen – die lediglich dreistellige Message IDs empfangen können – ist etwas technischer Sachverstand gefragt, um die korrekte Einstellung für Cell Broadcast vorzunehmen. Stichprobenartig konnten Mitglieder der AG KRITIS die Message ID 919 tatsächlich bei drei betagten Mobiltelefonen erfolgreich konfigurieren: Motorola Razr V3 (2004), Motorola C139 (2005) und Nokia XPressMusic 5800 (2008). Den korrekten Empfang auf diesen alten Geräten können aber nur solche Personen prüfen, deren Mobiltelefon heute im Netz von T-Mobile eingebucht ist.

Das modulare Warnsystem MoWaS ist ein vom BBK betriebenes Katastrophen- und Lagewarnsystem. Die Übertragung findet über Satellit, aber auch mittels redundanter Kabelverbindung statt. Das System sorgt dafür, dass Warnungen ausgespielt werden. Unter anderem das BBK und die Innenministerien der Länder können über das MoWaS Warnmeldungen versenden.

Die Leitstelle versendet eine Cell-Broadcast-Warnung über MoWaS.

(Bild: BBK)

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) wurde bei der Erstellung der Technischen Richtlinie (TR DE-Alert) und insbesondere bei der Festlegung der notwendigen Sicherheitsvorgaben für den Warnkanal Cell Broadcast beteiligt. Es wurden Vorkehrungen getroffen, dass über den Warnkanal Cell Broadcast nur Meldungen von den berechtigten Stellen abgesetzt werden können.Die Technische Richtlinie für DE-Alert sieht vor, dass die Netzbetreiber Schnittstellen schaffen, über die das MoWaS Nachrichten an das Netz weitergeben kann. Die Netzbetreiber sind also gar nicht händisch am Mitteilungsversand beteiligt, sondern stellen nur die Schnittstelle dafür bereit.

Die Cell Broadcasts sollen vorhandene Warnmittel ergänzen. Von Vorteil ist bei Cell Broadcast, dass die Warnung auch ohne Internetzugang bei der Bevölkerung ankommt. Cell Broadcast ist ein Teil des Warnmittelmixes. Über Radio, Fernsehen, Internetseiten, soziale Medien, digitale Stadtanzeigetafeln, Lautsprecherwagen, Sirenen und Apps soll auch gewarnt werden. Die Apps KatWarn von Fraunhofer, NINA vom Bund, Biwapp von den Ländern und auch Warnwetter vom Deutschen Wetterdienst sind allerdings nur bei Internetzugang verfügbar.

Nach dem ersten bundesweiten Warntag am 8. Dezember 2022 soll er künftig jeweils am zweiten Donnerstag im September eines jeden Jahres durchgeführt werden

Die Einführung des Warnkanals Cell Broadcast umfasst laut Bundesnetzagentur die Inbetriebnahme des Übertragungskanals Cell Broadcast und die Anbindung des Übertragungskanals an MoWaS. "Die wesentlichen Belastungen für Mobilfunknetzbetreiber sind daher die Einrichtung einer sogenannten "CBC-Infrastruktur" (Cell Broadcast Center), seine Integration in das eigene Netz sowie die Anbindung des CBC an das MoWaS", wie ein Pressesprecher gegenüber heise online sagte. Bis Ende Februar 2023 sind die Mobilfunknetzbetreiber zur technischen Umsetzung von Cell Broadcast verpflichtet. Für den Anschluss an die MoWaS-Schnittstelle arbeiten die Mobilfunkbetreiber mit dem BBK zusammen.

(mack)