Digitales Buch: E-Books als Alternative zum Papierbuch - eine Entscheidungshilfe

Wer Bücher digital als E-Book lesen will, braucht einen Bücherdienst und ein digitales Lesegerät. Eine Entscheidungshilfe für Bücherwürmer und Leseratten.

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Von
  • Stefan Porteck
Inhaltsverzeichnis

Der Kampf E-Books gegen Papier geht in eine neue Runde. Doch nur langsam gewinnen E-Books mehr Leser, das sagen die Statistiken. Denn das gedruckte Buch gibt nur ebenso langsam Terrain preis: Das beim Umblättern raschelnde Papier, eine handwerklich gekonnte Typografie und Gestaltung in einem dekorativen Einband, sogar der Geruch eines Buchs, all das sind – bei jedem Buch andere – Reize für die Sinne.

Das haptische Erlebnis verbindet sich im Buchladen mit der Möglichkeit, sich was empfehlen zu lassen und vor dem Kauf mal eben reinzulesen, ob Stil und Inhalt zusagen. Und wenn ein Buch gelesen ist, kann man es umstandslos weitergeben. All das sind gewichtige Pluspunkte für gedruckte Bücher.

(Bild: Statista, nach Zahlen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels)

Doch beim Umzug ist schon eine kleine Hausbibliothek von 500 Büchern in Kartons ein 1A Generator für Rückenschmerzen. Eingeräumt bekommen sie nach und nach eine Staubpatina, die Titel im Regal verraten – gewollt oder nicht – viel über ihre Besitzer. Als Urlaubslektüre nehmen sie Platz im Koffer weg und strapazieren die Freigepäckgrenze. Und bei nachlassender Sehkraft machen kleine Schriften das Lesen mancher Bücher anstrengender oder gar unmöglich.

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Derlei Nachteile hat man nicht mit elektronischen Büchern, kurz E-Books. Schriften lassen sich vergrößern und selbst ein 1000-Seiten-Wälzer wiegt in dieser Darreichungsform nichts. Ein Lesegerät, auch E-Book-Reader genannt, belastet eine Waage nur so stark wie zwei bis drei Tafeln Schokolade oder ein Taschenbuch. Nur, dass auf einen 8-GByte-Reader nicht bloß ein Buch, sondern im Schnitt 8000 Schmöker passen.

Liest man wöchentlich ein Buch, reicht der Platz für 153 Jahre, was auch für optimistischste Lebenszeiterwartungen ausreicht. Unmerklich werden die Reader immer besser darin, technische Fortschritte zu integrieren, ohne dass sie wesentlich komplizierter zu handhaben sind als ein herkömmliches Buch. Unser Marktüberblick über die wichtigsten Geräte und ihre Shops sowie und ein Test von prominenten E-Book-Readern hilft Ihnen bei der Auswahl des passenden Geräts.

E-Book-Reader lassen im Vergleich zu einer echten Bücherwand nicht erkennen, ob sie ein Konvolut von Kitschromanen, Krimischocker oder Lyrik enthalten. Während Besucher über das, was man liest, im Dunkeln tappen, erfahren stattdessen die Kauf- und Leihplattformen, von denen man den Lesestoff bezieht, so einiges: nicht nur, was man liest, sondern, wann und wie viel am Stück. Unser Vergleich der Plattformen zeigt, dass die Anbieter offenbar nichts aus diesen Daten machen. Spoiler: Bessere Vorschläge für das nächste Buch gibts damit zum Beispiel nicht.

Sichtbare Fortschritte hat es bei der Gestaltung von E-Books – vorausgesetzt der Verlag hat gut gearbeitet – gegeben und auch die Lesegeräte sind ergonomisch veredelt worden. So verpasste man E-Books eine bessere Typografie, vielfach sogar eine leidlich funktionierende Silbentrennung. Per Kippfunktion des Readers können nun auch Linkshänder bequemer umblättern, wenn die Knöpfe auf der falschen Seite sind. Das fein auflösende Paperwhite-Display ist beleuchtbar und lässt E-Book-Seiten längst nicht mehr so gräulich aussehen wie ein olles Taschenbuch vom Flohmarkt. Eine etwas wärmere Lichtfarbe am Abend soll zudem Schlafstörungen vermeiden helfen, die durch zu kaltes Licht befördert werden.

Hingegen zeigen übliche monochrome E-Book-Reader Fotos, Grafiken und alles, was bunt ist, eher schlecht als recht an. Die ohnehin nur über ein Grauraster zermatschten Fotos kann man nicht frei vergrößern und die Grafik baut sich Klötzchen für Klötzchen im Tempo der Kontinentalverschiebung auf. Zeigt ein herkömmlicher Buchtext farbige Hervorhebungen, etwa für Merksätze, gehen diese in der E-Book-Version verloren. Mit etwas Glück erscheinen sie allenfalls als Grauwert, was aber die Lesbarkeit des Textes vermindert.

Monochrome E-Book-Reader wandeln Farben in Grauraster um.

(Bild: aus "Das Märchen von der kleinen Ready und den verzauberten Büchern" (PocketBook))

Nein, Farbe ist nicht das Spielfeld von E-Book-Readern und deswegen behaupten sich auch Lese-Apps auf Smartphones wacker. Natürlich auch, weil man sie sowieso überallhin mitnimmt und damit durch Lesen Wartezeiten totschlagen kann. Doch auch E-Paper-Displays gibt es schon in Farbe. Das InkPad color von Pocketbook hat ein Kaleido-Plus-Display, das 4096 Farben darstellt. Damit kann man auch als Comic-Leser etwas anfangen, wenngleich es an Brillanz nicht mit einem Tablet aufnehmen kann.

Einige Plattformen vertreiben außer E-Books auch Hörbücher, oftmals sogar im Bundle. Etliche E-Book-Reader enthalten einen Abspieler für Hörbücher. Die Lese- beziehungsweise Hörfortschritte werden dabei auf Wunsch zwischen unterschiedlichen Geräten eines Nutzerkontos synchronisiert. Man kann sich etwa ein Kapitel beim Autofahren vorlesen lassen und danach nahtlos im E-Book weiterlesen.

Elektronische Bücher, kurz E-Books und ihre Lesegeräte gehören zu den Geräten, denen schon seit 40 Jahren eine große Zukunft vorhergesagt wird. In den Achtzigerjahren erschienen erste Vorläufer auf Diskette. Sony brachte 1990 den Data Discman heraus, den sie Electronic Book nannten. Es fraß CD-ROMs mit Büchern im längst obsoleten Format EBG und das Display war eher ein Förderprogramm für die Brillenindustrie als augenschonend.

Der Data Discman war 1990 ein Proto-E-Book-Reader. Man musste schon leidensfähig sein, um damit dicke Bücher zu lesen.

(Bild: Sony)

Einen Sprung in der Beliebtheit machten E-Books, als sie – meist im PDF-Format – fürs Lesen am Computer in Mode kamen. Derzeit werden etwa Zeitungen und Magazine in diesem Format angeboten, weil sie sich unterwegs mit dem Smartphone oder Tablet leicht lesen lassen und wie beschrieben mit Bildern und Farben vorteilhafter aussehen. Nachteil der PDFs: Das Layout und die Buchstabengröße lassen sich nicht anpassen. Man kommt also bei großen PDFs mit kleiner Schrift nicht ums Zoomen und Herumschieben des Bildausschnittes herum. Auf Smartphones und Tablets ist das lediglich etwas lästig, aber auf den träge reagierenden E-Book-Readern sind PDFs nur zu gebrauchen, wenn man nicht scrollen und zoomen muss.

Die Firmen iRex, Sony und Jinke brachten 2006 eine Reihe von E-Book-Readern mit einem neuartigen E-Paper-Display auf den Markt. Um 2007 kam das EPUB-Format in Fahrt, das eine dynamische Anpassung des Inhalts ans Display ermöglicht. Ändert man beispielsweise die Schriftgröße, werden die Seiten neu umbrochen.

Doch erst mit den ersten Kindle-Readern des Versandhausriesen Amazon kamen E-Book-Reader richtig in Mode: Der erste Kindle erschien 2007 nur in den USA – er war in fünfeinhalb Stunden ausverkauft und blieb es für fünf Monate. Amazons Kindle-Geräte nutzen ein eigenes E-Book-Format, nämlich AZW beziehungsweise AZW3 – beides kopiergeschützte Abwandlungen des MOBI-Formats.

Mehr zu E-Book-Readern

Seit 2013 vermarktet Tolino als Zusammenschluss mehrerer Buchhandelsketten ebenfalls E-Books und Lesegeräte dafür. Pocketbook ist der dritte größere Spieler auf dem Feld, der ein Lesegerät und eine Leseplattform zusammen anbietet. Die Firma mit Sitz in Lugano vertreibt eine breite Palette von Geräten, die etliche E-Book-Formate verarbeiten können. Daneben gibt es noch eine Reihe von Anbietern, die in Deutschland eher Exotenstatus haben, etwa Boox, Kobo, Bokeen sowie Boyue. Da sie bis auf Amazons proprietären Formaten alle üblichen E-Books verdauen, sind sie eine gute Wahl, wenn man Bücher auf mehreren Plattformen kauft und per Rechner auf das Gerät überspielt.

Herkömmliche Bücher kann man überall kaufen, sogar im Supermarkt. Elektronische Bücher kauft man üblicherweise per App oder über die Internetseite des Shops und eher nicht mit dem E-Book-Reader, weil sich die Shopseiten damit so träge steuern lassen wie ein Containerschiff im Suezkanal. Die Bücher landen per WLAN oder Mobilfunk auf dem Reader – oder per Kabel, wenn man unbedingt mag.

Eine Cloud beim Händler enthält die Bücher, die man lesen darf. Bei Kindle und Tolino gibt es außerdem eine Art Familienbibliothek. Damit kann jede für diesen Kreis angemeldete Person die Bücher ebenfalls lesen, ohne sie selbst noch mal kaufen zu müssen. Ein gekauftes E-Book kann man jedoch nicht weiterverkaufen. Denn anders als beim herkömmlichen Buch erwirbt man bei E-Books nur ein Nutzungsrecht und kein Eigentum. Tatsächlich verschwanden einige E-Books bereits durch Fernlöschung des Plattformbetreibers. Dies geschah 2009, als Amazon einige Kindle-Bücher von den Readern löschte, weil der Konzern die Veröffentlichungsrechte für ein Buch in elektronischer Form nicht hatte.

(Bild: Statista, nach Zahlen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels)

Für gekaufte Bücher gibt es häufig Updates, die ungefragt auf den Lesegeräten landen. Was für normale Bücher schräg anmutet, umfasst bei E-Books häufig Rechtschreibkorrekturen, manchmal aber auch umfassende Überarbeitungen am Werk, etwa, was den Stil angeht – oder nachträgliche Schwärzungen etwa aufgrund von Rechtsstreiten. Um den Bücherbestand vor solchen Manipulationen zu schützen, empfiehlt es sich, eine Privatkopie der betreffenden Dateien auf den eigenen Computer herunterzuladen und den gesamten Buchbestand etwa mit der Open-Source-Software Calibre zu verwalten. Das ist legal, solange Sie einen Kopierschutz der Werke nicht entfernen.

Um einer ungehemmten Weitergabe von E-Book-Dateien einen Riegel vorzuschieben, sind viele Bücher mit einem Kopierschutz, euphemistisch digitales Rechtemanagement (DRM) genannt, ausgestattet, etwa als Wasserzeichen, mit dem man eine Raubkopie der Person zuordnen kann, die sie weitergab. Eine härtere Version ist die Verschlüsselung der Datei, die bewirkt, dass man ein Buch nur lesen kann, wenn man ein passendes Zertifikat vorweist.

Insgesamt sind E-Books zu einem festen Bestandteil des Büchermarktes geworden: Die Zahl der E-Book-Käufer ist nach einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Jahre 2020 nochmals um 3,3 Prozent gewachsen, insgesamt kauften 3,8 Millionen Menschen in Deutschland im Jahr 2021 wenigstens ein E-Book. Im Schnitt leistete sich jeder Nutzer knapp sieben, die meisten davon waren belletristischer Natur. Gut 85 Prozent fallen unter diese Kategorie. Fachbücher rangieren nur bei etwa 6 Prozent.

Mit größeren Displays, feineren Auflösungen, langer Akkulaufzeit sowie spürbarem Feinschliff an der Software lassen sich E-Book-Reader immer beiläufiger bedienen. Auf der Medienseite wächst das Buchangebot merklich und neue Verleihmöglichkeiten wie Family Sharing für E-Books tragen dem Rechnung, dass man ausgelesene Bücher zumindest im kleinen Kreis weitergeben möchte. Als Schwachpunkte bleiben die stiefmütterliche Behandlung von Farben in E-Book-Readern und das träge Handling der eingebauten Shop-Software.

Ärgerlich ist besonders, dass man mit einem einzigen Reader nicht auf allen Plattformen Bücher kaufen kann. Somit muss man – auch ökologisch fragwürdig – mehrere Geräte haben, wenn man Bücher von Amazon, aber auch welche aus der Tolino-Ecke oder einem anderen Anbieter lesen will.

Zwar brauchen E-Book-Reader gelegentlich einen Tankstopp für den Akku, doch insgesamt fällt die CO2-Bilanz für E-Reader günstig aus: Bei der Produktion eines Geräts fallen rund 24 Kilogramm des klimaschädlichen Gases an, bei der eines gedruckten Buches aber auch mehrere Kilogramm, sofern es nicht auf Recyclingpapier gedruckt ist – was aber nur auf jedes fünfte Buch zutrifft. Mit einem Lesevolumen von mehr als rund zehn Büchern pro Jahr ist man mit einem E-Book-Reader auf der klimafreundlicheren Seite als mit dem Neukauf – ökologischer sind nur Leihbüchereien und Flohmärkte. (mil)