Selbstgebaute Überwachungskamera: ESP32-Update für einen Kamera-Dummy

Die ESP32-Cam macht aus einem günstigen Kamera-Dummy eine echte Überwachungskamera, die einfach in die eigene Heimautomation eingebunden werden kann.

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Kamera-Attrappe mit nachgerüsteter ESP32-Cam.
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Jens Hackel
Inhaltsverzeichnis

Webcams zum Einsatz im Eigenheim sind grundsätzlich sehr preiswert erhältlich, wer aber eigene Daten ungern in fremde Clouds schickt oder eigene Ideen umsetzen möchte, kann mit wenig Geld und etwas handwerklichem Geschick selbst leicht eine eigene Kamera bauen. Als Kernstück eignet sich dafür das ESP32-Kamera-Modul für 5 Euro, das in der Make 1/20 vorgestellt wurde. Neben dem unschlagbaren Preis-/Leistungsverhältnis bietet es die Möglichkeit, die Software individuell anzupassen und eigene Funktionen und Sensoren einzubinden.

Für den Außeneinsatz muss natürlich ein passendes Gehäuse her. Das könnte man mit dem 3D-Drucker selber herstellen, was jedoch einige Zeit für Konstruktion, Druck und Nachbearbeitung erfordert. Dabei gibt es bereits eine gut geeignete Gehäuseform. Man findet sie im (Online-)Elektronikhandel für wenige Euro, in verschiedenen Designs, aus Kunststoff oder sogar Metall: die Dummy-Überwachungskamera. Sie soll eine echte Kamera vortäuschen und besteht meist aus einem Gehäuse mit Kamera-Attrappe und einer blinkenden LED. Entfernt man die Attrappe, hat man ein prima Gehäuse für das ESP32-Modul. Außerdem lässt sich leicht ein Infrarot-LED-Modul (IR-Modul) zur Beleuchtung mit einbauen.

Kurzinfo
  • Kamera-Dummy smart machen
  • ESP32-Kamera-Modul programmieren
  • Infrarot-Beleuchtung nachrüsten

Checkliste

  • Zeitaufwand: ein Nachmittag
  • Kosten: ca. 25 Euro
  • Programmieren: Arduino IDE

Material

  • Dummy-Kameragehäuse
  • ESP32-Cam-Modul
  • IR-LED-Ring (36 LEDs, Durchmesser ca. 53mm)
  • Objektiv, IR-geeignet, M12 × 0,5 (z.B. Bildformat 1 /2.7, Brennweite 6mm, Sichtfeld 58°)
  • Step-Down-Wandler
  • 4× Schrauben (für Kunststoff-Teile, 2,5 × 6 mm)
  • Selbsthärtender Silikongummi
  • 3D-gedruckte Teile (1 Adapterring, 2 Clips)

Das Gehäuse meines Dummies ließ sich mit wenigen Handgriffen zerlegen. Als Erstes habe ich den Halter entfernt, damit der Umbau einfacher geht. Dieser war nur mit einer Kreuzschlitzschraube befestigt. Der Sonnenschutz kann nach hinten geschoben und abgenommen werden. Vorder- und Rückseite waren lediglich „eingeclipst“ und ließen sich mit einem Flachschraubendreher abhebeln. Das falsche Anschlusskabel konnte ich anschließend entsorgen. Die beiden Batteriekabel habe ich an den Lötfahnen des Batteriekastens abgekniffen und das Vorderteil zelegt. Es wurde mit drei kleinen Kreuzschlitzschrauben zusammengehalten. Die Platte mit der Blink-LED und der Linsenattrappe wird nicht mehr benötigt, hier kommt nachher der Adapterring mit dem echten LED-Ring hinein.

Die Originallinse der ESP-Cam habe ich vorsichtig entfernt, da in der Überwachungskamera ein anderes Objektiv verwendet werden muss. Dies ist zum einen erforderlich, da hinter der Originallinse ein Infrarot-Filter verklebt ist, mit dem keine Beleuchtung in der Dunkelheit möglich ist. Zum anderen muss das Objektiv durch die Acrylglasscheibe des Gehäuses geführt werden, um Reflektionen durch die IR-LEDs zu vermeiden.

Die ausgebaute und zerteilte Linse

Um Beschädigungen des Flachbandkabels zu vermeiden, sollte zunächst die Kamerasteckverbindung getrennt werden. Die Kameralinse ist mit etwas Klebemasse fixiert, die mit einem kleinen Schraubendreher oder Pinzette entfernt werden muss. Dann lässt sich die Linse mit einer kleinen Kombizange durch Drehung gegen den Uhrzeigersinn entfernen. Im Anschluss habe ich die Kamera wieder mit dem ESP32 verbunden.

Jetzt sollte bereits die Software über die kostenlose Programmierumgebung von Arduino auf den ESP32 geladen werden. Das ist zwar später auch noch möglich, aber so kann man prüfen, ob der ESP32 ordentlich arbeitet. Die Vorbereitung und Konfiguration der ESP32-CAM sind im Make-Artikel "Intelligente Webcam für 5 Euro" beschrieben. Für die meisten Anwendungen reicht der Beispielsketch der Kamera auch völlig aus.

Zur Befestigung der Kamera, des IR-LED-Rings und des ESP32 sind ein Adapterring und zwei Halteclips nötig. Diese habe ich auf der 3D-Druckplattform Thingiverse.com bereit gestellt. Sie können einfach heruntergeladen und nachgedruckt werden. Wird dabei eine helle Filamentfarbe genutzt, kann es zur Blendung des Kamera-Chips durch den LED-Ring kommen. Um dies zu vermeiden, sollte die Objektivfassung mit einem Stück Isolierband umwickelt werden.

Zunächst habe ich einen Halteclip auf der Rückseite des Adapterrings mit zwei kleinen Schrauben (ca. 2,5mm × 6mm, für Kunststoff) befestigt. Anschließend habe ich den ESP32 in den Adapter gesteckt und die Kamera in die vorgesehene Öffnung im Adapterring gedrückt. Hilfreich ist eine abgewinkelte Pinzette. Zum Fixieren der Kamera habe ich zwischen Kamera und ESP32 ein Stück selbsthärtenden Silikongummi gedrückt. Danach wird der zweite Halteclip montiert.

Kamera-Dummy mit ESP32-Cam nachrüsten (7 Bilder)

Die Bauteile für den ESP-Kameraumbau

Nun kann das Objektiv vorsichtig einige Umdrehungen in den gedruckten Adapterring eingeschraubt werden. Wenn er einigermaßen präzise gedruckt ist, geht das ohne großen Kraftaufwand. Für meinen Prototyp habe ich zum Testen ein preiswertes IR-Objektiv aus dem Internet erworben. Ist das Objektiv eingeschraubt, sollte die 5-V-Spannungsversorgung zum ESP32 hergestellt und der Videostream mittels Webbrowser geprüft werden. Durch Heraus- bzw. Hineindrehen des Objektives wird die Bildschärfe eingestellt. Im Anschluss habe ich auch das Objektiv mit etwas selbsthärtendem Silikongummi gegen Verdrehen gesichert (alternativ nutzbar wären Silikon oder Klebstoff).

Optional kann man noch einen Infrarot-LED-Ring (mit 36 LEDs) zur Beleuchtung bei Dunkelheit einauen. Um den Einschaltpunkt der LED-Beleuchtung anzupassen, sind zwei Einbaupositionen möglich, mit dem Lichtsensor oben oder unten. Wenn für die 12-V-Buchse am LED-Ring kein passender Stecker vorhanden sein sollte, kann man die Buchse gegen ein fest angelötetes Kabel (ca. 10cm lang) austauschen. Im Anschluss wird der Distanzring der Kamera von vorne auf den Adapterring aufgesteckt.

In die Acrylglasscheibe des Dummy-Gehäuses habe ich schließlich mittig ein Loch von 14mm Durchmesser gebohrt, damit der Ring des Objektives hindurch passt. Das gelingt mit einem Stufenbohrer. Dabei muss man die Acrylglasscheibe gut fixieren, damit sie sich nicht mitdreht oder durch den Bohrer hochgerissen wird. Um das Gehäuse wieder mit den Originalschrauben von hinten zu verschrauben, habe ich dann die Acrylglasscheibe und das Gehäusevorderteil auf den Adapterring gelegt.

Der LED-Ring benötigt 12 Volt, während das ESP32 Modul sich mit 5 Volt begnügt. Daher wird das Ganze an 12 Volt betrieben und die 5 Volt mittels eines Step-down-Wandlers erzeugt. Der kompakte Wandler ist sehr preiswert erhältlich. Zudem besitzt er einen sehr hohen Wirkungsgrad, produziert wenig Verlustwärme und ist in jedem Fall einem 78S05-Linear-Regler vorzuziehen. Befestigt habe ich ihn probeweise auf einer kleinen Lochrasterplatine welche „huckepack“ auf den ESP32 gesteckt wird. Aber auch eine fliegende Verdrahtung ohne Platine ist ohne Probleme machbar. Sicherheitshalber habe ich die Spannungsquelle über eine Feinsicherung angeschlossen. Bei künftigen Nachbauten werde ich sie durch eine Poly-Switch-Sicherung austauschen.

Der Schaltplan

Ist alles fertig montiert, sollte die Funktion nochmals geprüft und im Anschluss das Gehäuse wieder komplett zusammen gebaut werden. Wer mag, kann die Gehäuseteile und den Spalt zwischen Objektiv und Acrylglas mit etwas Silikon wetterfest abgedichten. Soll es später möglich sein, Änderungen an der Programmierung vorzunehmen, ohne das Gehäuse zu öffnen, können die dafür erforderlichen Pins per Kabel in den ehemaligen Batteriekasten geführt werden. So sind sie bei Bedarf schnell erreichbar. Auch der Reset-Taster des ESP32 sollte dann hierhin verlegt werden.

Die „Huckepack-Platine“ mit Step-Down-Wandler, zum Aufsetzen auf den ESP

Mit etwas handwerklichem Geschick kann man leicht eine preiswerte aber leistungsfähige Überwachungskamera mit dem ESP32 selber bauen. Das Gehäuse bietet sogar noch Platz für eigene Erweiterungen. Denkbar sind zum Beispiel ein Batteriepack zur Überbrückung von Spannungsausfällen, Umweltsensoren oder eine bessere WLAN-Antenne. Übrigens passt der Adapterring auch für Dummy-Gehäuse im „Dome“-Design. Allerdings muss dafür aus Platzgründen anstelle der „Huckepack-Platine“ eine andere Spannungsversorgung konstruiert werden. Ich nutze die Kamera inzwischen an meinen FHEM-Server (auf RasPi-Basis) für die Hausautomatisierung. (hch)