Funkbündel

Seite 4: Ohne Sicht, mit Echo

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Beim zellularen Mobilfunk in Innenstädten oder WLAN-Funknetzen innerhalb von Gebäuden kann man aufgrund von Abschattungen und Reflexionen an Wänden kaum von einer ständigen Sichtverbindung ausgehen. Durch die Reflexionen entsteht ausgeprägte Mehrwegeausbreitung (Multipath Propagation): Das Sendesignal trifft auf mehreren Wegen mit unterschiedlichen Laufzeiten beim Empfänger ein. Letzterer hat dann das Problem, das an seiner Antenne entstehende Signalgemisch auseinander zu dröseln.

Mehrwegeausbreitung ist auch Ursache für destruktive Auslöschung sinusförmiger Trägersignale. Was kompliziert klingt, hat jeder Radio hörende Auto- oder Fahrradfahrer schon als Funkloch erlebt: Wird der Empfang beim Anhalten vor einer roten Ampel schlagartig schlechter, verbessert geringes Vor- oder Zurücksetzen den Musikgenuss merklich. Dabei kann die nötige Strecke so kurz wie eine halbe Wellenlänge sein: bei UKW-Rundfunk etwa anderthalb Meter, bei WLAN rund sechs Zentimeter.

Solche Funklöcher, deren Lage sich aufgrund der zeitlich veränderlichen Umgebung ständig ändert, bedeuten erhebliche Schwankungen der Signalstärke (Fading). Beim WLAN im Büro kann Veränderung der Umgebung schon bedeuten, dass ein Kollege die Strecke zwischen den Stationen durchquert oder eine metallene Schranktür geöffnet wird. WLAN-Access-Points und Laptops kontern den Effekt mit zwei Empfangsantennen: Befindet sich die eine in einem Funkloch, dann empfängt die andere bei einem hinreichend großen Antennenabstand wahrscheinlich deutlich besser. Der Abstand liegt typischerweise in der Größenordnung einer oder mehrerer Wellenlängen. Die WLAN-Station kann dann während der Paket-Präambel die aktuell bessere Antenne auswählen.

Ein effizienterer Ansatz liegt jedoch in der Maximierung des Empfangssignals durch Gewichtung und Addition der einzelnen Antennensignale (Diversitätsgewinn). Für WLANs ist ein Diversitätsgewinn von mehreren dB schon bei nur zwei Antennen realistisch. Selbst ein geringer Antennenabstand von nur einer Viertelwellenlänge kann durch zahlreiche Reflexionen in der unmittelbaren Umgebung eines Mobilgerätes (Handy, Laptop) noch einen merklichen Gewinn bringen.

Der praktische Unterschied beim Nutzen von Strahlformung und Diversität liegt in der Anordnung: Haben die Antennen einen Abstand einer halben Wellenlänge oder ganzzahligen Vielfachen (k[λ]/2), dann eignet sich die Gruppe für Strahlformung, bei größeren Abständen dagegen für Diversität. Eine lineare nichtäquidistante Konstellation aus zwei Teilgruppen kombiniert Strahlformungsgewinn (wegen des λ/2-Abstandes) und Diversitätsgewinn (wegen des k[λ]-Abstandes). Sie eignet sich deshalb sowohl für Situationen mit überwiegender Sichtverbindung als auch für eine reiche Streuumgebung innerhalb von Gebäuden.

Analog zur SIMO-Empfangsdiversität gibt es MISO-Sendediversitätsverfahren, die sogar ohne Kanalkenntnisse – dann jedoch bei reduzierter Datenrate – auskommen. Besitzt eine Basisstation mehrere Antennen, kann man nicht nur die Übertragungsqualität vom Mobilgerät zur Basisstation (SIMO), sondern umgekehrt (MISO) auch verbessern. Beide Verfahren sind daher in UMTS- und kommenden WLAN-Standards (802.11n) berücksichtigt.