Kabel kappen

Ob im Nah- oder Fernbereich: Die Evolution der Funktechniken beschert neue Anwendungsmöglichkeiten – Revierkämpfe nicht ausgeschlossen.

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Zehn vollkommen neue Funk-Techniken werden ab 2005 weltweit eingeführt. Offenbar sieht die Industrie trotz Bluetooth und WLAN Bedarf für weitere Entkabelungen. Wir zeigen die unterschiedlichen Ausrichtungen und Vorzüge der kommenden Funk-Geräte, von denen manche nicht nur ums Käufer-Budget, sondern auch um die knappen Funk-Bänder konkurrieren werden.

Technische Details zur besseren Ausnutzung des Funkspektrums finden Sie im weiterführenden Beitrag Gespreiztes Spektrum.

Zurückhaltende PC-Anwender lassen sich gerade erst vom Schnurloskomfort preiswerter WLANs verführen, und mancher weiß erst vom Hörensagen, wie bequem er Handy-Daten kabellos mit dem Bluetooth-PC abgleichen könnte, da rührt die Industrie schon die Werbetrommel für neue Funk-Techniken. Das erstaunt auf den ersten Blick, scheinen doch mit Heimvernetzung via WLAN und den zahlreichen Bluetooth-Peripheriekopplungen alle Schnurlos-Wünsche erfüllt.

Vielen Anwendern ist allerdings schon intuitiv klar, dass aktuelle Analogfunk-Verbindungen ihren Zenit überschritten haben – etwa die rauschenden Schnurlosbrücken zwischen HiFi-Anlagen und Kopfhörern oder die Audio-Video-Funker, die etwa DVD-Player mit TV-Geräten koppeln. Bei diesen meist preiswerten Kabelkillern wirken sich Störungen mangels Fehlerkorrektur erheblich stärker aus als bei bidirektional kommunizierenden Digitalfunkern, die im Fehlerfalle einfach das kaputte Datenpaket neu anfordern.


Bluetooth-Datenbank
Unsere Bluetooth-Datenbank führt Informationen über die wesentlichen Eigenschaften der Bluetooth-Geräte sowie über passende Gegenstellen. Die Ergebnisse des c't-Labors können Anwender mit eigenen Testresultaten und Erfahrungen ergänzen.

Moderne Funk-Verfahren arbeiten verlässlicher und erscheinen allein schon deshalb attraktiv. Die Macher wollen aber noch mehr. Sie versprechen eine effizientere Nutzung der knappen Funk-Bänder, niedrigeren Energiebedarf und auch noch günstigere Preise.

Diese Marschrichtung verfolgen allerdings alle in letzter Zeit angekündigten Verfahren. Sie folgen nicht nur dicht aufeinander, sondern sollen anscheinend auch um den Platz auf dem Schreibtisch und in der Hemdtasche konkurrieren. Eine verwirrende Zahl von mehr oder weniger klangvollen Abkürzungen prasselt seit Monaten über die Nachrichtenkanäle – UWB, WiMax oder auch ZigBee heißen die Neulinge, nicht zu vergessen IEEE 802.11n, eine weitere WLAN-Art.

Sie müssen es auch gegen teilweise drastisch verbesserte Nachfolger der etablierten Heimfunker WLAN und Bluetooth aufnehmen. Die Tabellen verschaffen einen Überblick über die wesentlichen Eigenschaften wie Reichweite oder Bandbreite der neuen Funkstandards. Bemerkenswert ist, dass sie alle mit demselben Problem, der Unzuverlässigkeit der Funk-Verbindung, kämpfen – mit sehr ähnlichen Strategien.

nanoNET

Das vom Berliner Unternehmen Nanotron für die Heim- und Industrieautomation entwickelte nanoNET stellt eine der interessantesten Neuerungen dar und steht auf den ersten Blick im Widerspruch zu aktuellen Funk-Maximen – wichtige Teile der Sender und Empfänger kommen mit analogen Elementen aus; Echokompensation und aufwendige Hardware-Signalverarbeitung sucht man vergeblich.

Der Schlüssel liegt in der geschickten Kombination etablierter Methoden, die Nanotron MDMA nennt (Multi Dimensional Multiple Access). Darin kombinieren die Entwickler eine Mischung aus Amplituden-, Frequenz- und Phasenmodulation mit der Bandspreizmethode Chirp Spread Spectrum, die das Signal gleichmäßig über das komplette 2,4-GHz-Band verteilt.

So kurvt Nanotron um den Einsatz digitaler Signalverarbeitung herum. Während bei üblichen Modulationen unliebsame Signal-Echos aufwendig digital herausgerechnet werden, profitiert nanoNET davon, dass es das gesamte 2,4-GHz-Band breitbandig mit Chirp-Impulsen flutet und so Verluste in Fading-Bereichen durch Gewinne in Bereichen konstruktiver Überlagerung mittels eines speziellen SAW-Filters kompensiert (Surface Acoustic Wave). Freilich funktioniert das nur bei geringen Datenraten ohne störende Intersymbolinterferenzen. Anwender profitieren davon, weil die Empfangsgüte nur wenig von der Aufstellung der Antenne abhängt – man muss sie meist nicht versetzen, um wie bei analogen AV-Funk-Brücken "blinde" Empfangspositionen zu meiden.

Die Technik benötigt außerdem wenig Energie und erzielt hohe Reichweiten: nanoNET überbrückt trotz geringer effektiver Sendeleistung (10 mW) bis zu 900 Meter bei Sichtkontakt. In Gebäuden schrumpft die typische Reichweite allerdings auf 60 Meter und weniger. Im Empfangsbetrieb kommen die Systeme mit maximal 11 mA aus, zum Senden benötigen sie mit 50 mA auch bescheiden wenig, und in den langen Schlaf-Phasen – in der Sensorsteuerung werden Daten üblicherweise nicht konstant, sondern nur sporadisch übertragen – wird laut Hersteller nur noch 1 µA konsumiert. So kommt ein nanoNET-System jahrelang mit einer handelsüblichen Batterie aus.


Tabelle 1: Funk-Techniken - Übersicht
Checkliste und Anwendungen
BezeichnungBluetooth Bluetooth EDR nanoNET
Norm IEEE 802.15.1 proprietär
Klasse (mobil/schnurlos) schnurlos schnurlos schnurlos
Sendebereich 2402-2480 MHz 2402-2480 MHz 2402-2482 MHz
Kanalanzahl/ -Breite 79 x 1 MHz 79 x 1 MHz 1 oder 2 Kanäle à 80 MHz
max. effektive Sendeleistung 1, 2,5; 100 mW 1, 2,5; 100 mW 10 mW
Reichweite bei Sichtkontakt 10, 50, 100 Meter 10, 50, 100 Meter 900 Meter
max. Bandbreite (brutto, netto) 1 MBit/s, 723,2 kBit/s 3 MBit/s, 2,3 MBit/s 2 MBit/s, 1,5 MBit/s
Anwendungen Surfen, Drucken, Dateiübertragung, Synchronization, etc. Surfen, Drucken, Dateiübertragung, Synchronization, etc. Vernetzung von Sensoren, RFID, Automation
Gerätebeispiele Handy, PDA, PC, Maus, Keyboard, Modem Handy, PDA, PC, Maus, Keyboard, Modem RFID-Tag, vernetzte Haustechnik
Standardisierer/ Anbieter Bluetooth-SIG Bluetooth-SIG Nanotron
– nicht vorhanden

Cypress WirelessUSB

Cypress hat mit dem etwas irreführenden Namen WirelessUSB eine schlichte 2,4-GHz-Technik für den Nahbereich entwickelt, die hauptsächlich für die Anbindung von Eingabegeräten wie Tastaturen und Mäusen an PCs, aber auch an Spielekonsolen gedacht ist – ein Bereich, um den sich schon analoge 27-MHz-Funker und das weit vielseitigere Bluetooth balgen. Abgesehen davon, dass der Name USB-ähnliche Geschwindigkeit suggeriert, aber mit 62,5 kBit/s weit unter den Möglichkeiten schon des maximal 12 MBit/s schnellen USB 1.1 bleibt, kann das Konzept gefallen. Das von kabelgebundenen USB-Geräten gewohnte Plug and Play wird unterstützt, und die Funk-Geräte sind schon zu Beginn der Bootphase einsatzfähig, weil sie das PC-BIOS als gewöhnliche Tastaturen und Mäuse behandelt.

Anders als die "blind" in die Gegend funkenden 27-MHz-Vettern, die sich in enger Nachbarschaft gegenseitig behindern, haben WirelessUSB-Geräte wie auch die Bluetooth-Gegenstücke individuelle Adressen, anhand derer feste Zuordnungen etwa von Maus und PC möglich sind. So lassen sich viele drahtlose Tastaturen und Mäuse in einem Raum betreiben.

Cypress behauptet, dass seine Funktechnik dank des verwendeten Bandspreizverfahrens selbst gegen Strahlungen von WLAN- und Bluetooth-Geräten oder Mikrowellenöfen immun ist. Echte Koexistenztechniken, die ein friedliches Nebeneinander mit anderen 2,4-GHz-Bewohnern ermöglichen würden, erwähnt Cypress aber ebenso wenig wie Nanotron. Allerdings peilt inzwischen auch Cypress den Bereich der Sensorsteuerung an und scheint dafür mit der maximalen Reichweite von 50 Metern sowie gesenktem Energiebedarf zumindest die Grundvoraussetzungen zu erfüllen.


Tabelle 2: Funk-Techniken - Übersicht
3G-Mobilfunk
BezeichnungUMTS/ 3G HSDPA (High Speed Downlink Packet Access) HSUPA (High Speed Uplink Packet Access)
Standardisierer 3GPP 3GPP 3GPP
Klasse (mobil/schnurlos) mobil mobil mobil
Sendebereich 1900 bis 2170 MHz 1900 bis 2170 MHz 1900 bis 2170 MHz
Kanalanzahl/ -Breite 2 x 60 MHz (FDD) + 1 x 35 MHz (TDD) 2 x 60 MHz (FDD) + 1 x 35 MHz (TDD) 2 x 60 MHz (FDD) + 1 x 35 MHz (TDD)
max. effektive Sendeleistung 125 mW (Handy) 125 mW (Handy) 125 mW (Handy)
Reichweite bei Sichtkontakt Mikrozellen: 50m - 300m Makrozellen: 350m - 20 km Mikrozellen: 50m - 300m Makrozellen: 350m - 20 km Mikrozellen: 50m - 300m Makrozellen: 350m - 20 km
max. Bandbreite (brutto, netto) 384 kBit/s (FDD), 2MBit/s (TDD) 14,4 MBit/s, k. A. 5,8 MBit/s, k. A.
Anwendungen Mobiltelefonie, mobiler Datenfunk Mobiltelefonie, mobiler Datenfunk Mobiltelefonie, mobiler Datenfunk
Gerätebeispiele Handy, PC-Card Handy, PC-Card Handy, PC-Card
k. A. keine Angabe     FDD: Frequency Division Duplex     TDD: Time Division Duplex

Verschiedene Ultrabreitband-Funksysteme

Die vielleicht spektakulärste Entwicklung vollzieht sich im Ultrabreitbandbereich (Ultra Wideband – UWB), der einen Kurzstreckenfunk für maximal zehn Meter Distanz vorsieht, der Geschwindigkeiten von 1 GBit/s und mehr verspricht und obendrein als besonders leiser "Störer" bereits anderweitig belegte Funk-Bänder mitnutzen soll.

Damit nimmt UWB Konturen an, die es als großen Bluetooth-Bruder erscheinen lassen, denn anders als der bisher unangefochtene Nahfunker, der Handys, PDAs, Modems, Tastaturen und Mäuse oder auch Drucker mit 723,2 kBit/s kabellos an PCs anbindet, soll UWB Videogeräte wie Camcorder oder DVD-Player mit HDTV-Schirmen koppeln. Besonders die Chiphersteller wie Intel oder Freescale geben sich daher weltweit die Klinken in den Regulierungsbehörden in die Hand, damit UWB erdumspannend einheitliche Bedingungen bekommt und ähnlich Bluetooth einen Massenmarkt beschert.

Die Wurzeln der Ultrawideband-Technik reichen weit zurück. Erstmals strahlten Anfang des 19. Jahrhunderts Funkeninduktoren solche ultrabreitbandigen, hochfrequenten Schwingungen für die Morsetastung ab, indem sie so genannte Funkenstrecken erzeugten. Mit der Erfindung der Röhrentriode wurden diese klassischen Funkensender wegen ihres hohen Störpotenzials schnell verboten. Weil solche Störenfriede unerwünscht sind, haben die Regulierungsbehörden maximal zulässige Abstrahlleistungen festgelegt: Die Messvorschriften der Prüfer begünstigen Geräte, die wie Otto- oder Elektro-Motoren ihre Störkakophonie leise und auf möglichst breite Frequenzbänder verteilen, so dass dort sendende Funk-Dienste unbehelligt bleiben.

Diese Maxime unterstreicht die jahrzehntelang zementierte Regulierungsphilosophie, nach der jeder Dienst seinen Funk-Bereich mit festen Sendeleistungen und berechneten Reichweiten exklusiv zugesprochen bekam, also von fremden Diensten unbehelligt blieb. Längst sind aber alle attraktiven Funk-Bänder besetzt und deren Nutznießer wehren sich meist erfolgreich gegen Herausgabe ihrer nur zeitweiligen Sendegenehmigungen.

Funk-Zwickmühle

Folglich können Regulierer und Entwickler die zunehmende Nachfrage nach immer schnelleren Funk-Übertragungen nicht befriedigen, die Funk-Regulierung steckt in einer Sackgasse. Einen Ausweg soll nun doch die Ultrawideband-Technik bieten – was elektromotorbewehrten Funk-Schleudern recht ist (Staubsaugern etwa), soll einem Funk-System billig sein: Man will Pulsfunkanwendungen zulassen, die unterhalb des natürlichen Rauschpegels senden und daher bereits belegte Frequenzbänder mitnutzen können.

Derzeit gibt es aber noch keinen einheitlichen Standard. Vielmehr stehen sich zwei große Firmenkonsortien unversöhnlich gegenüber, und kürzlich machte auch noch die Firma Pulse Link mit einer eigenen UWB-Ankündigung auf sich aufmerksam – obwohl sie UWB ursprünglich nur auf Kabeln einsetzen wollte.

So wie es aussieht, wird es in nächster Zeit wohl zu keiner Einigung kommen; die letzte, im Herbst 2004 erfolgte Abstimmung der IEEE-Arbeitsgruppe 802.15.3a brachte keinen Sieger hervor. So werden wohl das UWB-Forum und die MBOA (Multi-Band OFDM Alliance) zwei UWB-Versionen auf den Markt bringen. Die MBOA, allen voran Intel, will ihre OFDM-UWB-Version auch als Träger für ihr eigenes "Wireless USB" (nicht zu verwechseln mit der Cypress-Technik) oder IEEE1394 einsetzen und so drahtlos etwa zwischen PC und externer Festplatte 480 MBit/s befördern. Eine "Konvergenz-Schicht" soll zwischen der Funk-Schicht und etablierten USB-Treiberschichten vermitteln. Das UWB-Forum, mit Freescale als dem Hauptprotagonisten, hat bisher mehr die Unterhaltungselektronik im Visier. Die beiden UWB-Versionen unterscheiden sich funkseitig fundamental, dass sie wohl nicht kompatibel sein werden. Techniken, die eine funkseitige Koexistenz der beiden UWBs gewährleisten würden, erwähnt keiner der Streithähne.

Hinzu kommt, dass sie die ursprünglichen Preisversprechen bisher nicht halten können. UWB sollte nach seiner Auslegung ohne Modulatoren, Synthesizer und andere Funk-Schaltkreise auskommen, und man versprach daher Chip-Preise von rund drei US-Dollar – ein Niveau, das eine Massenverbreitung in der Consumer-Elektronik erwarten ließ. Doch erste Muster der UWB-Forum-Variante liegen in Form einer Kombination aus drei Chips vor, die mehr als 15 US-Dollar kostet. Und die MBOA hofft noch, ihre Version für 14 US-Dollar anbieten zu können. Ein Massenmarkt scheint damit weit entfernt, wenn auch das UWB-Forum für seine Bausteine bereits eine erste UWB-Lizenz von der US-Regulierungsbehörde FCC erhalten hat. Beide Allianzen kämpfen aber nicht nur miteinander, sondern auch gegen etablierte Funk-Dienste und Regulierungsbehörden. Erste Konfliktstudien zeigen nämlich, dass UWB manche gängige Dienste zumindest unter bestimmten Bedingungen stört.


Tabelle 3: Funk-Techniken - Übersicht
Checkliste und Anwendungen
BezeichnungCypressWireless USB OFDM-UWB DS-UWB
Norm proprietär IEEE 802.15.3a IEEE 802.15.3a
Klasse (mobil/schnurlos) schnurlos schnurlos schnurlos
Sendebereich 2.4 - 2,483 GHz 3,1 - 10.6 GHz (*1) 3,1 - 10.6 GHz (*1)
Kanalanzahl/ -Breite 79 / 1MHz 14 / 528 MHz 12 / 1313 MHz - 2730 MHz
max. effektive Sendeleistung k. A. -41,3 dBm/MHz (*1) -41,3 dBm/MHz (*1)
Reichweite bei Sichtkontakt 10 Meter, 50 Meter (*1) 10 Meter 10 Meter
max. Bandbreite (brutto, netto) 62,5 KBit/s, k. A. 480 MBit/s max. 1320 MBit/s
Anwendungen Eingabegeräte Peripheriekopplung Peripheriekopplung
Gerätebeispiele Tastatur, Maus PC-Peripherie, Consumer-Elektronik Consumer-Elektronik
Standardisierer/ Anbieter Cypress MBOA UWB-Forum
*1 siehe Text

WiMax

Intel, ein Schwungrad der MBOA, propagiert mit WiMax (Worldwide Interoperability for Microwave Access) neben UWB eine zweite Funk-Technik, die ebenfalls auf den PC-Einsatzbereich abzielt – allerdings ist WiMax, ein entfernter WLAN-Verwandter, als Weitverkehrstechnik gedacht, die die letzte Meile vom Netzbetreiber zum Verbraucher drahtlos überbrückt und daher am ehesten als Funk-DSL durchgeht.

Mit keulenförmiger Abdeckung, die eine Punkt-zu-Multipunkt-Kommunikation ermöglicht, ähnelt WiMax 802.16a dem ebenfalls stationär ausgelegten Hotspot-Ansatz mit WLANs, erreicht aber weit größere Reichweiten. Die Macher versprechen bis zu 50 km. Auch befördert WiMax bis zu 70 MBit/s, allerdings nur über kürzere Distanzen und das auch nur "in toto". Den einzelnen Teilnehmern schneidern die WiMax-Betreiber, Carrier oder Internet-Provider, kleinere Bandbreiten nach Maß.

Es sind drei Entwicklungsstufen vorgesehen: In Phase 1 soll WiMax mit externen Antennen die Gebäude von angemeldeten Teilnehmern versorgen, ähnlich heutigen DSL-Anschlüssen. Allerdings funkt es dabei vom Provider zu den Außenwänden – für die Schreibtischanbindung setzt Phase-1-WiMax Kabel voraus. Phase 2 wird noch spezifiziert und soll Indoor-Antennen bescheren, die die Daten auch in Gebäuden drahtlos verteilen und so die Installation vereinfachen. Phase 3 ist ebenfalls noch nicht genau festgelegt, soll aber ab 2006 WiMax-Notebooks und gar -Telefone hervorbringen, die zwischen WiMax-Zellen ohne Verbindungsabbruch wechseln können. Handy-Nutzer kennen das unter dem Stichwort Handover: Eine Technik, die es ermöglicht, mobil zu telefonieren oder auch zu surfen.

Damit dürfte WiMax nicht nur die Lücke füllen, die das hierzulande verschmähte WLL-Projekt hinterlassen hat (Wireless Local Loop – drahtlose letzte Meile), sondern den Einsatzbereich noch ausweiten. In der Absicht, den Telekom-Wettbewerbern den Aufbau eigener Teilnehmeranschlüsse zu ermöglichen, hatte die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) 1999 WLL-Lizenzen an mehrere Unternehmen versteigert, die sie jedoch mangels preiswerter Technik verfallen ließen – die preiswerte, weil drahtlose Teilnehmeranschlussleitung blieb daher ein Wunsch. Das WiMax-Konsortium will es nun besser machen und preislich attraktive Access-Points und Clients liefern. Die RegTP will noch in diesem Jahr freie Frequenzen im 3,5-GHz-Band an Festnetzgesellschaften und Mobilfunker vergeben. Dabei soll erstmals auf die Zweckbindung an einen speziellen Technikstandard verzichtet werden. Gerade WiMax-Anbieter fühlen sich durch die Absicht der RegTP, die Lizenzzuteilung unbürokratisch zu gestalten ("Licensing Light"), beflügelt.

Die nutzbaren Frequenzbänder haben etwa die Breite wie bei heutigen WLAN-Produkten, die brutto rund 54 MBit/s befördern. WiMax darf allerdings weitaus lauter senden – so erst erreicht die Technik die hohen Reichweiten. WiMax-Basisstationen dürfen 300-mal lauter senden als typische WLANs (30 W gegenüber 100 mW EIRP – Equivalent Isotropic Radiated Power). WiMax-Clients senden immerhin noch bis zu 30-mal intensiver als WLANs (3 W).

ZigBee

Mit ZigBee schickt sich eine weitere Technik an, das schon jetzt stark frequentierte 2,4-GHz-Band zu entern. Der Nahfunker erreicht bis zu 128 kBit/s und kann alternativ auch im 868-MHz-Band eingesetzt werden, dort jedoch mit geringerer Bandbreite und Datenrate (siehe Tabelle 4). ZigBee ist für Sensorvernetzung in der Gebäudeautomation gedacht, etwa in Industrieanlagen, aber auch in Großimmobilien oder Eigenheimen, etwa zur Steuerung von Licht oder Heizung. Auch sind Spielzeuge mit ZigBee-Schnittstelle denkbar. Mit der Energie zweier 1,5-Volt-Batterien im AAA-Format könne ein Modul mehrere Monate auskommen, gibt die ZigBee Alliance an.

Die Spezifikation ist dreigeteilt. Den Physical Layer (PHY) und das Media Access Control (MAC) hat die IEEE-Gruppe 802.15.4 im Dezember 2004 festgeklopft. Die Eckwerte des Network- und Application-Framework-Layers hat die ZigBee Alliance zuvor selbst definiert. Die Anwendungsschicht kann der Entwickler nach Gutdünken selbst gestalten. Damit sind ZigBee-Geräte nur bedingt untereinander kompatibel, denn anders als etwa bei Bluetooth, bei dem auch die Anwendungsschichten sehr detailliert festgelegt sind, ist dieser Bereich ungeregelt.

Ein Master-Koordinator kann bis zu 65 000 ZigBee-Stationen verwalten. Es sind verschiedene Topologien möglich, in deren Zentrum der PAN-Koordinator steht. Er fügt neue ZigBee-Teilnehmer automatisch seiner Netztopologie hinzu, sodass ein ZigBee-Netz laut den Baumeistern klein als einfache Lampensteuerung anfangen und ohne Benutzereingriffe wachsen kann, wenn nacheinander neue Module etwa für Alarmfunktionen via Telefon oder Tür- und Fenster- oder Briefkasten-Sensoren hinzukommen. Die ZigBee-Alliance erwartet Mitte 2005 erste Produkte im Handel. Ende 2005 sollen Hard- und Software für die Steuerung per PC folgen. Ein erstes Demo-Gerät wurde schon gesichtet – ein ZigBee-fähiges Mobiltelefon des koreanischen Herstellers Pantech & Curitel kann Licht ein- und ausschalten.


Tabelle 4: Funk-Techniken - Übersicht
Checkliste und Anwendungen
Bezeichnung WiMax ZigBee
Norm IEEE 802.16a (phase 1) IEEE 802.15.4
Klasse (mobil/schnurlos) drahtloser Teilnehmeranschluss schnurlos
Sendebereich/ Kanalanzahl/ -Breite 2 - 11 GHz 868 MHz/1/600 kHz     2,4 GHz/16/2 MHz
max. effektive Sendeleistung 30 W (*1) / 3W (*1) 20 dBm, typisch 0 dBm
Reichweite bei Sichtkontakt 1 bis 50 km, typisch 4 - 9 km 100 Meter
max. Bandbreite (brutto, netto) 70 MBit/s 250 kBit/s, 128 kBit/s resp. 20 kBit/s
Anwendungen Alternative zum Festnetzanschluss Sensorsteuerung und Automation
Gerätebeispiele Basisstation, Empfangsstation Hausgerätesteuerung, Alarmsysteme
Standardisierer/ Anbieter IEEE IEEE
*1 siehe Text

Ausblick

Gemessen an der schieren Zahl der heute schon bestehenden Funk-Dienste, nehmen sich die paar Computer-Funk-Netze gering aus. Es kommen eben noch einige für Computer zugeschnittene Funk-Techniken hinzu, die am Verhältnis zu den Speziallösungen für zahlreiche andere Bereiche nichts ändern werden – zumal es nach Meinung des Intel-Managers Sean Maloney wenig wahrscheinlich ist, dass sich eine einzelne Technik flächendeckend auf Kosten anderer ausbreitet. Die Funk-Historie hält allerdings auch ernüchternde Beispiele parat. DECT, eine in der Schnurlos-Telefonie sehr erfolgreiche Technik, war bis heute kein Durchbruch als PC-Datenfunk vergönnt. Maloney erwartet dennoch, dass in nächster Zukunft eine Milliarde Internet-Nutzer per Breitband-Funk surfen werden, und er sagt voraus, dass in diesem Sog sogar weitere fünf Milliarden ins Netz gehen werden – wenn wie erhofft kommende Breitbandfunknetze auch bisher abseits der Internet-Highways gelegene Länder vernetzen. Der Intel-Mann sieht die Zukunft so rosig, dass er für die nächste Dekade das Breitbandfunk-Zeitalter ausruft.

Andere Unternehmen gehen dem Chip-Giganten aus dem Weg und siedeln ihre Verfahren in schmalbandigeren Bereichen an. Getrieben von unterschiedlichen Anwendungsprofilen entstehen verschiedene Drahtlosnetze, die an den Rändern ein wenig mit den Nachbarn überlappen. Aber, so Maloney, sie werden koexistieren und robuste Grundlagen für spannende Möglichkeiten bieten. Möglicherweise werden zukünftig nomadisierende Surfer mit Non-stop-Internet-Anschlüssen, die nicht nur jederzeit die Mailbox abrufen können, sondern auch den heimischen DVD-Recorder oder die Heizung aus der Ferne bedienen oder gar den Daheimgebliebenen ein Video vom Großstadtbummel in der Fremde auf den HDTV-Schirm senden.

Die Papierparameter der neuen Funk-Methoden klingen jedenfalls plausibel; man ist geneigt zu glauben, dass das anscheinend ständig wachsende Anwendungsspektrum alle neuen Drahtlosverfahren rechtfertigt. Man darf dennoch gespannt sein, welche der neuen Verfahren sich durchsetzen werden und wie UMTS, der Mobilfunk der dritten Generation, dabei abschneiden wird. Fachleute meinen, dass man auf 3G-Mobilfunk angewiesen ist, um sich etwa per Notebook zwischen den inselartig verbreiteten WLAN- und WiMax-Hotspots ohne Abbruch der Internet-Verbindung bewegen zu können. Wenn WiMax-Handover in einigen Jahren Wirklichkeit wird, könnte das Pendel zugunsten des schnellen Neulings umschlagen – wenn UMTS nicht vorher schon die Nische mit attraktiven Geräten und Diensten besetzt.

Bis dahin könnte auch die Nachfrage nach Ingenieuren mit Kenntnissen über Koexistenz-Techniken steigen, denn bisher sehen nur wenige Funk-Spezifikationen angemessene Rücksicht bei enger Nachbarschaft mit anderen Funktechnologien im selben Band vor. Sonst heißt es dann entweder drahtloses DSL oder drahtlose Video-Übertragung vom Videorecorder zum Fernseher. Sicher scheint aber nur eine erhöhte EMV-Belastung der Heimstatt, über die die Funk-Entwickler zumindest bisher bemerkenswert nonchalant hinwegsehen. (dz)


Tabelle 5: Funk-Techniken - Übersicht
WLAN-Varianten
Norm 802.11a/h 802.11b 802.11g
Klasse (mobil/schnurlos) schnurlos schnurlos schnurlos
Sendebereich 5150 und 5250 MHz 2,4 GHz 2,4 GHz
Kanalanzahl/ -Breite 8 + 10 / 20 MHz 20 MHz 20 MHz
max. effektive Sendeleistung 100 oder 200 mW (*1) 100 mW 100 mW
Reichweite bei Sichtkontakt <100 Meter 100 Meter 100 Meter
max. Bandbreite (brutto, netto) 54 MBit/s, 24,4 MBit/s 11 MBit/s, 5,9 MBit/s 54 MBit/s, 24,4 MBit/s
Anwendungen Vernetzung Vernetzung Vernetzung
Gerätebeispiele Basisstation, PC-Card Basisstation, PC-Card Basisstation, PC-Card
Standardisierer/ Anbieter IEEE IEEE IEEE
*1 siehe Text