Reparatur im Backofen

Mein Notebook ist defekt – anscheinend ist der Grafikchip ausgefallen beziehungsweise das GPU-Modul. Garantie und Gewährleistung sind längst abgelaufen. Eine Internet-Suche zeigte mir, dass mein Gerät kein Einzelfall ist. Manch anderer Betroffener hat das Grafikmodul angeblich erfolgreich durch zeitweiliges Erhitzen im Backofen repariert – kann das funktionieren?

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Mein Notebook ist defekt – anscheinend ist der Grafikchip ausgefallen beziehungsweise das GPU-Modul. Garantie und Gewährleistung sind längst abgelaufen. Eine Internet-Suche zeigte mir, dass mein Gerät kein Einzelfall ist. Manch anderer Betroffener hat das Grafikmodul angeblich erfolgreich durch zeitweiliges Erhitzen im Backofen repariert – kann das funktionieren?

Angeblich schon, behaupten jedenfalls auffallend viele Beiträge in Internetforen. Das „Backen“ des sorgfältig ausgebauten Grafikmoduls bei rund 130 °C für etwa 30 Minuten soll demnach helfen – man findet aber auch andere Rezepte. Anschließend muss man die kleine Platine wieder sehr sorgfältig einbauen und die Kühlung des Chips sicherstellen. Dazu sind in manchen Fällen spezielle Wärmeleitpads nötig, die sich in der passenden Bauform sowie mit ausreichender Wärmeleitfähigkeit schlecht beschaffen lassen. Zum erfolgreichen Aus- und Einbau defekter Teile ist oft einige Erfahrung nötig. Auch die Backofen-Behandlung selbst kann die betroffene Baugruppe schädigen oder benachbarte Bauteile wie Kondensatoren. Man sollte deshalb nur solche Bauteile behandeln, bei denen ansonsten ein Totalschaden droht. In einigen Fällen treten die vermeintlich beseitigten Defekte nach wenigen Wochen wieder auf.

Über die genaue Wirkungsweise der „Backofen-Methode“ kann man nur spekulieren. Möglicherweise verändert die Hitze – oder auch schon der bloße Aus- und Einbau der Komponente – mechanische Spannungen, die auf die Lotkugeln wirken, mit denen der eigentliche Siliziumchip (das Die) der GPU auf dem Die-Carrier befestigt ist. Eventuell liegt die Ursache des jeweiligen Defekts aber auch in der Lötverbindung zwischen Die-Carrier und Platine oder beim sogenannten Underfill. Dabei handelt es sich um eine Kunststofffüllung, die nach dem Verlöten der Bauelemente durch Kapillarwirkung zwischen die vielen hundert Lotkugeln eingebracht wird. Der Underfill stabilisiert die Lötverbindung gegen mechanische Belastungen, die etwa durch starke Temperaturschwankungen des sich erhitzenden Chips entstehen.

Beim Erhitzen elektronischer Komponenten gasen möglicherweise schädliche Stoffe aus, die empfindliche Naturen nicht in ihren Lebensmitteln wiederfinden wollen; man sollte also abwägen, ob man den Backofen zweckentfremden will. Viele Backöfen sind ohnehin ungeeignet, weil sie die Temperatur nicht genau einhalten oder wegen einer Gasfeuerung sehr feuchte Hitze erzeugen. Alternativ kann man mit einem Haartrockner experimentieren. Es gibt auch Dienstleister, die Grafikchips professionell „nachlöten“; das kostet aber wohl mindestens etwa 100 Euro, wie eine kurze Internetrecherche ergab. (ciw)