Mobilmachung
Mobiles Arbeiten mit Unternehmensanwendungen am Beispiel von SAP: Das Modul "Mobile Infrastructure" bietet Lösungen für Mitarbeiter unterwegs.
- Michael Wessendorf
Mobiles Arbeiten mit Unternehmensanwendungen am Beispiel von SAP: Die Mobile Infrastructure bietet Lösungen für Mitarbeiter unterwegs.
Mitte der 90er Jahre kamen die Notebooks erstmals in Preis- und Leistungsdimensionen, dass eine Anbindung vor allem von Vertriebs- und Servicemitarbeitern sinnvoll war. SAP entwickelte den CRM Mobile Client. Zielgruppe waren Mitarbeiter, die auch ohne Online- Zugriff auf das SAP-System umfassende Informationen über Kunden, Produktangebot und Preise benötigen. Häufig werden diese Systeme nicht direkt vor Ort beim Kunden eingesetzt, sondern eher im Home- Office des Außendienstmitarbeiters. Mit der Verbreitung von UMTS- und DSL-Verbindungen vereinfacht sich der direkte Zugriff auf den Server über das SAP NetWeaver Enterprise Portal oder die graphische Benutzeroberfläche.
Der Zugriff mittels PDA ist dagegen vergleichsweise schwierig. Ähnlich dem normalen Zugriff auf Webseiten lassen sich SAP- Applikationen, die via PC-basierten Internet-Browsern auf das System zugreifen, nicht oder in nur in gewöhnungsbedürftiger Form darstellen. Allerdings lassen sich mit der Internet- Enwicklungsumgebung von SAP – sowohl in der Version für Java- Pogrammierer als auch für Entwickler der SAP-Standardsprache ABAP/4 – Webseiten so aufbauen, dass Browser bestimmter Mobilgeräte wie PocketPC, Blackberry oder Geräte der Nokia Series 80 sie ohne weiteres darstellen können. Es gibt mittlerweile sogar vorgefertigte Bibliotheken von Meta-Tags, die beispielsweise die Bereitstellung von Anwendungen für Geräte wie den Blackberry oder Java-Handys vereinfachen.
Für geschäftskritische Anwendungen – zum Beispiel für Servicetechniker, Vertriebsleute oder Auslieferungsfahrer, die auf eine an jedem Ort jederzeit einsetzbare Applikation angewiesen sind – reicht der reine Online-Zugriff nicht aus, da die Mobilfunknetze keine hundertprozentige Abdeckung bieten. Darüber hinaus arbeiten diese Mitarbeiter häufig im Ausland, wo der Online- Zugriff teilweise unmöglich, zumindest aber mit erhöhten Onlinekosten verbunden ist.Speziell für diese Zielgruppen stellt SAP daher eine weitgehend Geräteplattform-unabhängige Offline-Anbindung unter der Produktbezeichnung Mobile Infrastructure bereit. Diese Java-basierte Plattform bietet SAP sowohl für PC- als auch PDA-Plattformen an.
Mobile Komponenten
Mit der Mobile Infrastructure bietet SAP eine Plattform, bestehend aus Funktionen zur Systemadministration und Benutzerverwaltung, einer Laufzeitumgebung, einer Synchronisationsschicht sowie einer Entwicklungsumgebung. Die Systemadministration ist dabei in den zentralen Überwachungsmonitor für SAP-Systeme (CCMS, Computer Center Management Systems) integriert. Sie umfasst verschiedene Verfahren, anhand derer die Daten bereitgestellt und etwaige Änderungen ermittelt werden können. Dies findet entweder während der Synchronisation aus dem Backend-System heraus statt oder aber vorab Server-getrieben. Letzteres vermeidet zudem eine übermäßige Belastung des Backend-Systems. Die mobile Anwendung wird dabei grundsätzlich in Java implementiert.
Die Anwendungsentwickler können entweder auf das Abstract Windows Toolkit (AWT) zur Seitenbeschreibung zurückgreifen oder die Bildschirmseiten als Java Servlet Pages (JSP) beschreiben. Die Seiten lassen sich damit durch den in die Runtime-Umgebung integrierten Webserver auf dem jeweiligen Gerät lokal anzeigen. Die Entwicklung erfolgt mit der offenen Entwicklungsplattform Eclipse, für die eine spezielle Erweiterung für die Mobile Infrastructure zur Verfügung steht. Mobile Datensynchronisation erfordert erhebliche Robustheit der beteiligten Softwarekomponenten, um beispielsweise einen Datenverlust bei Verbindungsabbrüchen zu vermeiden.
(Plattform)unabhängig
Grundsätzlich erfordert Mobile Infrastructure lediglich einen Multithreading-fähigen Rechner, für den eine geeignete Java Virtual Machine zur Verfügung steht. Allerdings gibt SAP nur eigens getestete Plattformen für die Nutzung mit der Anwendung frei, was die Anzahl der Betriebssysteme auf PocketPC, Windows 2000 und Windows XP sowie Taurus, ein spezielles Linux-Betriebssystem für Sharp PDAs, reduziert. In diesen Fällen bietet SAP für bestimmte Hardware- Komponenten wie RFID-Leser allerdings eigene Gerätetreiber an, die auf den Einsatz mit der Mobile Infrastructure zugeschnitten sind. Während in den ersten Versionen die Daten ausschließlich im Dateisystem abgelegt wurden, erledigt die Version 2.5 nun auch die Speicherung in der mobilen IBM-Datenbank DB2 Everyplace. Anfänglich handelte es sich bei der Mobile Infrastructure um eine separate Komponente, die erst mit der Version 2.5 endgültig Bestandteil von SAP NetWeaver wurde.
Alternative Anbieter
Zum Basissystem bietet SAP zusätzliche Anwendungen wie MobileAssetManagement (MAM) für Servicetechniker und Instandhalter sowie Time&Travel zur Reisekostenabrechnung und Zeiterfassung. Diese Anwendungen sind auf die entsprechenden SAP- Lösungen im Back-Office zugeschnitten und enthalten alle notwendigen Komponenten. Die Beratung erfolgt durch SAP selbst oder durch ein mit den Anwendungen vertrautes Beratungshaus.
Alternativen stellen kleine Spezialanbieter dar, die Produkt, Middleware und Beratung unter Verwendung externer Entwicklungswerkzeuge aus einer Hand anbieten. Anbieter wie Sybase oder Microsoft bieten zwar auch Komplettlösungen und Entwicklungswerkzeuge, die Anbindung an die Standard-SAP-Anwendungen ist jedoch aufwendiger.
Nachgelegt
Auch die Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe (DSAG) bescheinigt der Mobile Infrastructure an einigen Stellen noch Nachbesserungsbedarf. So ließen Monitoring und Benutzerverwaltung zu Anfang noch zahlreiche Wünsche offen. Oft besteht in Kundenprojekten auch Handlungsbedarf auf der Applikationsseite, um die von SAP bereitgestellten Lösungen um zusätzliche Funktionen zu erweitern oder die Bedienung in Hinblick auf den jeweiligen Geschäftsprozess zu optimieren. Sicher spielt dabei auch eine Rolle, dass die Nutzer mobiler Applikationen in der Regel keine IT-Profis sind, sondern Anwender, die nach kurzer Schulung mit der Software arbeiten müssen. (ll)
Michael Wessendorf ist Sprecher des DSAG-Arbeitskreis Mobile Business Community (ll)