Fotopraxis: Extreme Perspektiven für emotionale Architekturfotos finden

Gegen die Sehgewohnheiten: Fotografen können Verzerrungen in Architekturfotos gezielt als Gestaltungsmittel nutzen. So kommen sie zu einer extremen Wirkung.

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Fotografien mit gewagten Perspektiven
Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Ralph Altmann
Inhaltsverzeichnis

Die Google-Maps-Ansicht zeigt den Standpunkt vor der Südfassade des Paul-Löbe-Hauses (Berlin), von wo das Panorama vom Artikelaufmacher aufgenommen wurde.

Üblicherweise erwarten wir von einem Objektiv, dass es verzeichnungsfrei abbildet. Eine rechteckige Hausfassade soll auch auf dem Foto exakt rechteckig sein. Jedoch ist das nicht das, was Sie und ich wirklich sehen, wenn wir vor einer Hausfassade stehen. Befinden wir uns mittig vor der Eingangstür, sind die linke und die rechte Seite, aber auch die Dachlinie viel weiter vom Auge entfernt als die Tür. Wir sehen sie also entsprechend perspektivisch verkleinert.

Die 87 Meter breite Fassade des Alten Museums in Berlin habe ich aus etwa 33 Meter Entfernung fotografiert. Die mittleren Säulen sind also 33 Meter entfernt, die äußeren aber fast 50 Meter. Auf der Netzhaut werden diese deshalb nur halb so hoch und dick abgebildet wie die Säulen in der Mitte. Um dieser, mit dem Abstand vom Betrachter wachsenden, perspektivischen Verkürzung der Säulen nach beiden Seiten hin zu folgen, muss die Dachlinie entweder in der Mitte abknicken oder sich über den gesamten Verlauf krümmen – sie kann gar nicht anders. Das gilt auch für alle anderen waagerechten Linien, die nicht exakt durch die Bildmitte verlaufen.

Die perspektivische Projektion bildet alle Säulen gleich hoch (aber nicht gleich breit) ab, obwohl sie vom Aufnahmestandpunkt unterschiedlich weit entfernt sind.

Weil wir aber wissen, dass die Fassade des Alten Museums nicht gekrümmt, sondern exakt rechteckig ist, erscheint uns die Dachlinie nicht gekrümmt, sondern gerade. Das heißt: Unser Gehirn konstruiert ein entsprechendes Bild. Dasselbe erwarten wir auch von einem Foto: Es soll keine krummen Linien zeigen. Die eigentlich optisch richtige Abbildung halten wir für fehlerhaft. Wir erwarten eine Abbildung, in der gerade Linien gerade bleiben (rectilinear).

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