Alle Jahre wieder: Lieferengpässe drohen

Alle Jahre wieder: Warenverknappung am Point of Sales. Doch ganz so schlimm soll es in diesem Jahr nicht werden. Die meisten Distributoren haben sich frühzeitig mit den gängigen und trendigen ITK-Produkten eingedeckt. Hin und wieder werden aber Allokationen nicht ausgeschlossen.

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Von
  • Matthias Parbel
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"Unser Lager ist bis unter die Decke voll": Guido Nickenig, Director University & Service, Scansource Communications

(Bild: Scansource)

Warenverknappung zum Jahresendgeschäft muss nicht sein. Davon ist Guido Nickenig überzeugt. Der Director University & Services beim Spezialdistributor Scansource Communications in Köln hat gut lachen wenn er auf Allokations-Gefahren angesprochen wird. "Wir haben rechtzeitig vorgesorgt. Unser Lager ist bis unter die Decke voll." Den Umstand, vorsorglich ausreichend Ware einkaufen zu können, führt Nickenig auch darauf zurück, "dass wir mit Scansource sehr gut finanziert sind". Gerade zum jetzigen Zeitpunkt, so der Scansource-Manager, wäre es fatal, nicht liefern zu können. "Die Wirtschaft ist angesprungen, es wird wieder mehr investiert." Diese Erfahrung macht auch Uwe Neumeier, Geschäftsführer Actebis Peacock in Soest. Ungeachtet der guten Umsätze, beispielsweise bei Notebooks, im Consumer-Storage-Bereich und bei Smartphones mit den dazugehörigen Datendiensten, rechnet Neumeier nicht mit wesentlichen Lieferengpässen. "Allokationen sind dieses Jahr nicht im großen Stil zu verzeichnen, da die Hersteller anders disponiert und sich die Preise, wie zum Beispiel bei Displays, stabilisiert haben." Auch deshalb gehe der Geschäftsführer von einem sehr vielversprechenden Jahresendgeschäft aus.

"Das Komponentengeschäft läuft hervorragend": Marc-Florian Gerken, Senior Manager Components, Ingram Micro

(Bild: Ingram)

Von Verfügbarkeitsproblemen kann auch Marc-Florian Gerken, Senior Manager Components bei Ingram Micro in Dornach nicht sprechen. "Generell verläuft das Komponentengeschäft insgesamt hervorragend. Insbesondere Prozessoren wie Intel i5/i7, AMD X6, Grafikkarten wie AMD Radeon 5770, Nvidia GTX460 und Festplatten, intern und extern 1-2 TByte, verkaufen sich sehr gut. Zu den Top-Produkten für das Jahresendgeschäft zählt er insbesondere die externen Festplatten. Gefragt seien hier 3,5-Zoll-Modelle mit Kapazitäten von ein bis zwei TByte sowie 2,5-Zoll-Platten mit 500 GByte – mit Tendenz zu einem TByte.

Gerkens Kollegen beim Broadliner Ingram, Christoph Dassau, Director Consumer Electronic Group, und Wolfgang Jung, Director Systems, Mobility & Components Group, beurteilen das bisherige Jahresendgeschäft als "sehr zufriedenstellen". Für Dassau stünden vor allem Notebooks, Netbooks und die dazugehörige Peripherie besonders hoch in der Gunst der Kunden. Ungebrochen sei auch "der Boom bei Apple-Produkten". Insbesondere iPads würden sehr gut nachgefragt. Renner an den Kassen der Händler sind in diesem Jahr sicherlich wieder die Games-Produkte, wie Jung bestätigt. "Microsoft und Sony bringen mit ihren neuen, bewegungssensitiven Games-Angeboten Kinect und Move deutliche Impulse in die Games-Landschaft." Für die Ordertätigkeit des Fachhandels gibt er aber zu bedenken, dass bei allen Hardware-Produkten "seit Wochen die Nachfrage deutlich größer ist als die Verfügbarkeit". So rechnet er damit, dass eine Linderung erst Anfang 2011 zu erwarten sei.

Allokationen verzeichnet auch der Braunschweiger Distributor Devil. Jörg Hasselbach, Gesamtleitung Vertrieb und Einkauf, sieht die Verknappung vor allem bei "frisch gelaunchten Grafik-Chipsätzen wie Nvidia GTX 580, da hier die Nachfrage enorm groß ist". Hasselbach rechnet damit, dass sich die Situation erst gegen Jahresende bessern werde. Ebenfalls knapp werden könnte es beim Chipsatz ATI Radeon HD6850/70 von AMD, der ebenfalls erst vor kurzem auf den Markt gekommen ist. Bei Festplatten hingegen sieht Hasselbach allenfalls kurzzeitige Lieferverzögerungen. "Ansonsten erwarten wir stabile Verfügbarkeiten über alle Produktgruppen." Dies betreffe auch die Trendprodukte, zu denen der Devil-Manager Notebooks und Zubehör, 3D-Computing mit allen notwendigen Komponenten und Peripherieprodukten zählt. "Weiter rechnen wir bei Storage-, Netzwerk- und Home-Entertainment-Lösungen mit guter Nachfrage."

Große Nachfrage durch SMB-Kunden stellt Wave-Vertriebsleiter Gaylord Link bei Produkten wie Festplatten und leistungsstarken Grafikkarten fest. Ebenso laufe die BTO-PC-Produktion auf Hochtouren, denn "viele Händler bestellen für ihre Kunden Komplettsysteme im oberen Preisbereich". Außerdem würden größere Arbeitsplatz-TFTs und Produkte aus dem Bereich Unterhaltungselektronik verstärkt geordert. Das führe, so Gaylord, zu gelegentlichen Verfügbarkeitsproblemen bei Konsolen-Neuheiten und bei Digitalkameras in der 300-Euro-Preisklasse. Weiter könne es bei dem Distributor aus Linden zu gelegentlichen Lieferengpässen bei High-End-Grafikkarten kommen. "Entspannung herrscht derzeit noch im Speicher- und Festplattenbereich, vereinzelt knapp werden Topseller-CPUs. Bei Notebooks wiederum fehlen aktuell Modelle mit einem attraktiven Preis-Leistungsverhältnis, also zu Händlerpreisen zwischen 300 und 350 Euro".

"Drastische Verhältnisse" bei Mobilfunk-Hardware: Anja Kratzer, Leiterin Produktmanagement, Komsa

(Bild: Komsa)

Hingegen von "drastischen Verhältnissen" spricht Anja Kratzer, wenn sie auf die Verfügbarkeit von Mobilfunk-Hardware angesprochen wird. Die Leiterin Produktmanagement beim TK-Distributor Komsa in Hartmannsdorf begründet die Lieferengpässe damit, dass "bereits Ende letzten/Anfang diesen Jahres die Kapazitäten für Produktion und Zulieferindustrie nicht auf dem Niveau geplant wurden, wie es der Markt aktuell erfordert. Getrieben wurde diese Entwicklung nicht zuletzt durch iPhone und iPad, denn es sind vor allem Chips und Panels, an denen es mangelt". Darum sei jetzt besondere Beratungs- und Logistikintelligenz gefordert, um "dem Kunden vor Ort sehr gute und verfügbare Alternativen anzubieten". Ungeachtet dessen zählt die Produktmanagement-Leiterin zu den Trendprodukten, die in diesem Jahr unter dem Weihnachtsbaum liegen werden Tablet-PCs und Smartphones. Ebenso Flachbildfernseher, "deren Preise zum Jahresende wieder fallen". Außerdem seien die diesjährigen Renner Blu-ray-Player, digitale Set-Top-Boxen, Foto-/Video-Artikel, Speichermedien sowie Zubehör für Smartphones, Tablets oder Computer.

Damit korrespondiert die Komsa-Managerin mit den Marktbeobachtungen der gfu – Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik. Deren Aufsichtsratsvorsitzender Rainer Hecker rechnet damit, dass bis Jahresende 29 Millionen HD-taugliche Fernsehgeräte und sechs Millionen HDTV Set-Top-Boxen in Haushalten hierzulande stehen werden. Und bei Blu-ray-Playern rechnet die gfu für 2010 – bei einem Plus von 136 Prozent – erstmals mit mehr als 1,2 Millionen verkauften Geräten.

"iPads werden für den Trendsetter unumgänglich sein": Hendrik Schütte, Prokurist Synaxon

(Bild: Synaxon)

Und bei welchen Produktgruppen sollen aus Sicht des ITK-Fachhandels die Kassen besonders häufig klingeln? Hendrik Schütte, als Prokurist bei der Synaxon AG in Bielefeld, gut informiert über die Erfahrungen der Kooperations- und Franchise-Mitglieder, erwartet beispielsweise bei internen 500-GByte-Festplatten mit 16 MByte Cache wie sie beispielsweise Western Digital und Seagate anbieten verstärkte Nachfrage. Ebenso bei externen 500-GByte-USB-2.0-Festplatten und, ab Dezember, den GTX-460-Grafikkarten, sowie im Komponentenbereich den i5- und i7-CPUs von Intel. Bei TFT-Monitoren sieht Schütte derzeit noch keinen grundlegenden Umstieg der Kunden von LCDs mit herkömmlicher Hintergrundbeleuchtung zu jenen mit LED-Technologie. "Die LEDs sind zwar im Kommen, aber noch zu teuer als dass sie die klassischen LCDs in starkem Maße ablösen können." Er erwartet hohen Absatz vor allem bei den 23-Zoll-LCDs.

Nach wie vor würden sich auch PC-Komplettsysteme sehr gut verkaufen, vor allem mit 320- oder auch 500-GByte-Platte "und Grafikkarten, die bereits für Gelegenheitsspieler geeignet sind. Als "gefühltes Weihnachtsschnäppchen" ordnet Schütte 15-Zoll-Notebooks mit i3-CPU zum Verkaufspreis von unter 500 Euro und mit i5-CPU für unter 600 Euro ein. Noch gut im Rennen bei den Kunden stünden laut Schütte Netbooks mit neuen Farben wie Neon oder ähnlichem. Allerdings sei ein "massiver Verlust von Marktanteilen zugunsten von Pads (Tablets)" spürbar. "iPads & Co. werden für den Trendsetter unumgänglich sein", fügt er hinzu. (map)
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