Also-Chef Weissmann ist beim Thema Preiserhöhung auch zum Alleingang entschlossen

Die IT-Branche kann nicht so weitermachen wie bisher, warnt Also-Vorstandschef Thomas Weissmann. Die Preiserosion muss gestoppt werden. Der Schweizer Distributor wird mit seinen Auslandstöchtern die Preise anheben - ob die Konkurrenz mitzieht oder nicht.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Damian Sicking

Also-Chef Thomas Weissmann

(Bild: Also)

Lieber Also-Chef Thomas Weissmann,

das größte Anliegen in Ihrer gestrigen Bilanzpressekonferenz war Ihnen, die Notwendigkeit von Preiserhöhungen deutlich zu machen. Die Notwendigkeit nicht nur für das Unternehmen Also, sondern für die gesamte IT-Branche. Ich habe nicht alles mitgeschrieben, was Sie zu diesem Thema sagten – es war sehr viel –, aber Folgendes habe ich notiert: "Wir werden beim Thema Preisanpassungen keine Rücksicht darauf nehmen, ob die Konkurrenz mitzieht oder nicht. Wir werden es tun, auch wenn es uns Marktanteile kostet." Das klingt sehr entschlossen, das klingt ein bisschen wie: "Wir werden die Preise erhöhen, und wenn es das Letzte ist, was wir tun."

Das Problem ist, dass jeder Kaufmann in der Branche weiß, dass Sie Recht haben und Ihnen zustimmt, aber trotzdem nicht danach handelt. Ich habe ehrlich gesagt auch wenig Hoffnung, dass sich das auf absehbare Zeit ändert. In diesem Jahr wird vielleicht sogar der Absatz in wichtigen Produktsegmenten zurückgehen, ein Grund mehr, die brenzlige Lage nicht auch noch mit einer weiteren Preiserosion zu verschärfen. Aber das ist Theorie. In der Praxis werden die Preise weiter sinken – schon allein aus dem Grund, dass die meisten Hersteller auch in diesem Jahr mit Wachstum planen. Was also wird passieren? Je stärker die Firmen – ob Hersteller, Distributor oder Händler – unter Druck geraten, desto eher versuchen sie, überhaupt noch etwas zu verkaufen und ziehen die Preise nochmals runter. Bevor sie dann endgültig pleite machen. Die Wahrscheinlichkeit höherer Preise ist deutlich geringer als die Wahrscheinlichkeit, dass am Ende dieses Jahres ein paar Firmenleichen mehr am Boden liegen werden, deren Geschäftstätigkeit im Verkauf von IT-Produkten bestand.

Trotzdem ist es richtig und wichtig, was Sie sagen und dass Sie es sagen (und dann auch sicher tun werden), lieber Herr Weissmann. Weil es alternativlos ist. Vor allem Ihre Botschaft an die Konkurrenz, dass Sie sich an Preiskämpfen nicht beteiligen werden, ist ein starkes Signal. In seinem äußerst lesenswerten Buch "Der gewinnorientiere Manager. Abschied vom Marktanteilsdenken" sagt der Experte für Preisstrategien, Hermann Simon, genau dies: Wer in einem stagnierenden oder gar rückläufigen Markt tätig ist, der kann entweder versuchen, seinen Marktanteil zu steigern oder seinen Gewinn. Beides gleichzeitig geht nicht. Wer sich für den Gewinn entscheidet, für den hat Simon ein paar Empfehlungen im Gepäck. Die Wichtigsten: Seien Sie Ihren Kunden gegenüber nicht zu nachgiebig, das heißt, widerstehen Sie den Rabattforderungen. Und: Vermeiden Sie die Konfrontation mit dem Wettbewerber, das heißt senden Sie das Signal, dass Sie keine Preisschlacht wollen. Der Hintergrund: Simon und seine Mitarbeiter haben festgestellt, dass Unternehmen oftmals schon deshalb ihre Preise senken, weil sie annehmen, ihr Konkurrent habe die Absicht, dies zu tun. Eine Beobachtung, die übrigens durch jüngere Forschungsergebnisse bestätigt wird. Wenn man also vermeiden will, dass der Wettbewerber sozusagen prophylaktisch die Preise senkt, ist es schlau, öffentlich zu verkünden, dass man selbst gar nicht an so etwas denke, im Gegenteil.

Die einfachste Art, dem Preiskampf aus dem Weg zu gehen, ist natürlich, gar nicht erst mitzumachen und sich kategorisch zu verweigern. Der Nachteil dieser Strategie ist allerdings, dass man dann in der Regel gar kein Geschäft macht. Grundsätzlich eine eher unbefriedigende Lösung, die auch Also vermutlich nicht anstrebt. Solange wir aber nun nicht in einer perfekten Welt leben, lieber Herr Weissmann, müssen Sie Ihrem Kunden erklären können, warum er zum Beispiel für ein Notebook bei Ihnen 11,20 Euro mehr zahlen soll als bei dem Distributor nebenan. Was ist Ihr Mehrwert? Und dabei denke ich nicht an längere Zahlungsziele oder so etwas, was ebenfalls wieder zu Lasten Ihrer Marge geht. Wenn Sie auf diese Frage des Kunden – "Warum soll ich bei euch 11,20 Euro mehr zahlen?" – keine überzeugende Antwort haben, dann haben Sie ein Problem. Das ist das große Dilemma bei allen Kistenschiebern: Dass die Kisten überall gleich sind, egal ob sie bei Also, Ingram, Tech Data, Actebis oder bei einem der anderen Distributoren stehen. Wie zum Henker soll man da einen Mehrwert darstellen, der dem Kunden 11,20 Euro wert ist? Aber es hilft nichts: Jedes Unternehmen, das höhere Preise verlangen will, muss eine gute Antwort auf diese Frage haben. Hat es keine, wird es verlieren. In der Schweiz hat Also diese Antwort offenbar gefunden. Dort ist Also bereits zum achten Mal zum besten IT-Distributor gewählt worden.

Beste Grüße

Damian Sicking

Und hier die Antwort von Also-Chef Thomas Weissmann.

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