Also Deutschland: „Unrentable Geschäfte überlassen wir gern dem Mitbewerb“
Also Deutschland nimmt eine solide Position im Distributionsmarkt ein. Nach hohem Umsatzzuwachs im vergangenen Geschäftsjahr, konnte der Grossist im ersten Halbjahr 2010 weiter zulegen. Im Interview mit heise resale klärt Michael Dressen, Konzernleitungsmitglied und Sprecher der Geschäftsführung Also Deutschland, darüber auf, wo der Umsatzzuwachs herkommt, was er von den VAD-Ambitionen der Mitbewerber hält und welche Absatzkanäle besonders gut laufen.
- Georg Schnurer
Also Deutschland nimmt eine solide Position im Distributionsmarkt ein. Nach hohem Umsatzzuwachs im vergangenen Geschäftsjahr, konnte der Grossist im ersten Halbjahr 2010 weiter zulegen. Im Interview mit heise resale klärt Michael Dressen, Konzernleitungsmitglied und Sprecher der Geschäftsführung Also Deutschland, darüber auf, wo der Umsatzzuwachs herkommt, was er von den VAD-Ambitionen der Mitbewerber hält und welche Absatzkanäle besonders gut laufen.
heise resale: Herr Dressen, Also Deutschland hat sich 2009 mit einem Umsatz von etwa 1,4 Milliarden Euro gut geschlagen, hat auch im ersten Halbjahr 2010 ordentlich zugelegt. Gibt es bei diesen Eckdaten noch großen Handlungsbedarf?
Dressen: Im Grund gibt es keinen außergewöhnlichen Handlungsbedarf. Wie Sie schon sagen, das Jahr 2009 ist sehr gut gelaufen und das erste Halbjahr 2010 zufriedenstellend. So sehe ich derzeit keinen Bereich, wo wir uns extrem Sorgen machen müssten oder wo unmittelbarer Handlungsbedarf vorhanden ist.
heise resale: Aber die Bruttomarge schwächelt in Deutschland.
Dressen: Das hängt mit der Währungsschwankung zum Schweizer Franken von etwa zehn Prozent zusammen. Bereinigt um diese Bewegung können wir, was die Bruttomarge betrifft, im ersten Halbjahr ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis vorzeigen.
heise resale: Von zufriedenstellenden Ergebnissen können nicht alle Beteiligten im Absatzkanal sprechen. Wo sehen Sie die Verlierer und Gewinner im Handel?
Dressen: Von Verlierern oder Gewinnern will ich nicht sprechen. Aber Tatsache ist, dass der klassische Fachhandel im ersten Halbjahr 2010 wieder zulegen konnte. Anders hingegen sieht es im Consumerbereich aus. Dort stagnierend die Geschäfte. Damit hat sich die Situation von 2009 komplett umgekehrt, als der Fachhandel insgesamt mit rückläufigem Geschäft zurecht kommen musste, während das Handelsgeschäft im Consumerumfeld sehr stabil war. Etwas anders gestaltet sich die Situation bei den E-Tailern. Dort ist noch immer Wachstum vorhanden, aber es flacht ab.
Spricht man von Distribution und Konsolidierung sagt man nie etwas Falsches
heise resale: Die Amerikaner sprechen von einem Konsolidierungsprozess in der Distribution. Wie sehen Sie das?
Dressen: Ich bin jetzt seit 24 Jahren in der Distribution und seit 23 Jahren wird über Konsolidierung gesprochen. Insofern sagt man nie was Falsches, wenn man darüber spricht. Sicherlich, es hat in den vergangenen zwei Jahren ein paar Insolvenzen gegeben. Vor allem unter den kleineren Distributoren. Deshalb würde ich nicht ausschließen, dass bei den kleineren oder mittelgroßen Unternehmen noch was passieren kann. Doch bei den Großen der Branche sehe ich keine Gefahr.
heise resale: Wir sprachen von der Margen-Entwicklung. Wird das anhaltende Preisdumping zu weiteren Verwerfungen führen?
Dressen: Auch die Preisproblematik gibt es, seit es die Distribution gibt. Wir haben rechtzeitig die Konsequenzen daraus gezogen. Als sich 2008 das Thema Preisdumping extrem entwickelte, haben wir uns aus allen für uns unrentablen Businessbereichen zurückgezogen. Das ist uns sehr gut gelungen. Mit der Folge, dass wir heute in allen Absatzkanälen Gewinn machen. Unsere Strategie lautet: nicht jedes Geschäft zu machen. Das unrentable überlassen wir gern dem Mitbewerb.
heise resale: Welche Absatzkanäle sind für Ihr Unternehmen besonders wichtig und wie entwickeln die sich?
Dressen: Wir sind in allen Kanälen vertreten und jeder Kanal ist für uns wichtig. Und: Wir wachsen in allen Kanälen, das heißt im Fachhandel, bei den E-Tailern und im Retail. Allerdings gibt es in der Entwicklung Verschiebungen zugunsten der E-Tailer, die im Consumerbereich Marktanteile zulasten der anderen Kanäle hinzugewinnen konnten.
heise resale: Also bezeichnet sich als Fokusdistributor. Warum reihen Sie sich nicht einfach unter die Broadliner ein?
Dressen: Die Fokusdistribution ist das Ergebnis unseres Konzeptes. Das resultiert aus der bewusst begrenzten Produktpalette und der Tatsache, dass wir mit etwa 25 Herstellern ein sehr fokussiertes Angebot haben. Dafür sind wir mit allen Herstellern sehr eng vernetzt und bearbeiten mit ihnen sehr intensiv das Geschäft. Außerdem verfügt Also über eine sehr hohe Beratungskompetenz. Das macht den Unterschied aus.
Value weg statt Value Add
heise resale: Und die Tatsache, dass Sie, im Gegensatz zu Ihren unmittelbaren Mitbewerbern Actebis, Ingram Micro und Tech Data, keine großen VAD-Units aufgebaut haben?
Dressen: Dafür sehe ich derzeit auch keinen Bedarf. Der VAD-Markt ist relativ übersichtlich. Und nachdem jetzt dort alle reingehen, warten wir lieber erst einmal ab. Sehen Sie, die Actebis hat ja jetzt eine neue Strategie, die man nicht „Value Add“ nennen sollte, sondern „Value weg“. Vor fünf Jahren war das sicherlich ein attraktiver Markt. Aber mittlerweile ist er es eben nicht mehr. Zudem sind die Eintrittsbarrieren, also die Investments immer noch ziemlich hoch. Darum ist das für uns derzeit kein attraktives Geschäftsfeld, in das wir investieren müssen. Wie gesagt, ich schaue mir das von außen gelassen an und warte, bis der Value Add richtig weg ist. Dann sehen wir mal, was die Kollegen davon haben.
heise resale: Lassen Sie uns mal in die Glaskugel blicken. Was erwarten sie für die restlichen Monate des laufenden Jahres und darüber hinaus?
Dressen: Tendenziell sehe ich für das zweite Halbjahr eine Fortsetzung der ersten sechs Monate. Weiter gehe ich davon aus, dass sich der seit Jahresbeginn eingesetzte Aufwärtstrend beim Fachhandel fortsetzen wird, wie die Stagnation im Consumerbereich. Für Prognosen über das Jahresende hinaus ist es allerdings noch zu früh. Dazu gibt es gesamtwirtschaftlich zu viele Unsicherheitsfaktoren. Auf jeden Fall haben wir einen Weg mit stabilem Wachstum hinter uns. Den werden wir fortsetzen. Allerdings nicht mehr in dem Tempo wie seit 2005. In der Zeit haben wir uns ja nahezu verdreifacht. (gs)