Also und Actebis präsentieren sich konsolidiert – die Branche ist es nicht

Die "Channel Trends + Visions 2011" waren nicht nur die erste gemeinsame Hausmesse von Also und Actebis, sondern auch ein Großereignis der Distributionsszene. Über 4000 Teilnehmer ließen sich auf das Angebot und den künftigen Kurs des "neuen" Broadliners einstimmen.

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Von
  • Matthias Parbel

Die Jahrhunderhalle in Bochum war 2011 auch Schauplatz der ersten gemeinsamen Hausmesse von Also-Actebis

"Das Runde muss ins Eckige" – mit dieser alten Fußball-Weisheit brachte nicht nur das mediale Schwergewicht Reiner Calmund die vergangene Woche zur diesjährigen "Channel Trends+Visions" in der Bochumer Jahrhunderthalle versammelten weit über 4000 Fachhändler in Stimmung, der Spruch gilt gleichermaßen auch als Leitmotto für die Vereinigung von Also und Actebis zum neuen Broadline-Schwergewicht Also-Actebis. Denn auch wenn die Verantwortlichen stets versichern, dass hier zwei Unternehmen mit sehr ähnlichen Kulturen zusammenfinden, so bleibt doch – wie bei praktisch jeder Firmenfusion – die eine oder andere Hürde, die es zu meistern gilt. Was nicht gleich passt, muss passend gemacht werden – von der Verteilung der Posten und Verantwortlichkeiten bis zur Verschmelzung der Systeme.

Also-Actebis Channel Trends+Visions 2011 (8 Bilder)

Channel Trends + Visions 2011

Über 4000 Besucher kamen in diesem Jahr zur ersten gemeinsamen Hausmesse von Also-Actebis in die Jahrhunderthalle in Bochum.

An diesem Punkt stellt COO Gustavo Möller-Hergt dann auch schon mal die Grundrechenarten auf den Kopf: "Unser Ziel lautet eins plus eins ist vier." Der Deutsch-Peruaner muss es wissen, er ist Mathematikprofessor und vertritt die Interessen des Eigentümers Droege im Vorstand von Also-Actebis. Als "Hochleistungssportler" verschwendet Möller-Hergt zudem keine Zeit, wenn es um den Integrationsprozess der beiden Distri-Riesen Also und Actebis geht. Im Grunde gebe es schon heute keine Also und Actebis mehr, sondern nur noch Soest und Straubing, also die beiden Standorte der Distributoren. Eine Einschätzung, die auch Vorstandskollege Klaus Hellmich teilt. Die Zusammenarbeit im Rahmen der Fusion funktioniere bereits sehr gut, betonte der CEO.

Klaus Hellmich, CEO, Also-Actebis

Während die Führungsriege bis hin zu den Leitern der einzelnen Business Units inzwischen steht, wie Hellmich gegenüber heise resale erklärt, muss die Migration von Also auf das bei Actebis bereits etablierte SAP-System aber noch gestemmt werden. Ohne einige durchaus prominente personelle Abgänge ging es dann aber doch nicht: Neue Wege beschreiten beispielsweise Ex-Actebis-Peacock-Geschäftsführer Uwe Neumeier, Alsos Vertriebs- und Marketingchef Roland Franze und wohl auch Manfred Cordes, der bei Actebis für das HP-Team zuständig war.

Eine aus Sicht der Fachhandelskunden zu begrüßende Fusion haben die Grossisten unterdessen gemeistert: die Bündelung der Kreditlimits für ihre Kunden. Die Höhe des jeweiligen Limits hängt nach wie vor von den individuellen Konditionen des Resellers ab, aber die bisher getrennt für Also und Actebis Peacock gültigen Kreditlinien wurden – wie vergangenes Jahr schon bei NT plus – kumuliert und können fortan flexibel für sämtliche Orders beim Broadliner genutzt werden, verspricht Stefan Wisst, Leiter Finanzen und Kundenservice bei Actebis Peacock. In Sachen Kreditmanagement zeigt sich der Soester Grossist zudem "vorbildlich". Bereits vor 3 Jahren konnte Actebis Peacock erstmals die Zertifizierung des Kreditmanagements durch den TÜV Rheinland erlangen – und sich nun erfolgreich rezertifizieren. Die gebotenen Finanzierungsdienstleistungen sind ein Teil der umfassenden 3-Säulen-Strategie, mit der sich Also-Actebis zukunftssicher aufstellen will. "Volume, Value und Services" lauten die Eckpfeiler, die auch das weitere Wachstum des Distributors tragen sollen.

"Wir können sehr viel vom Service der Also in der Schweiz lernen", erläutert CEO Hellmich. Auf jeden Fall wolle man sowohl für die Reseller als auch für die Herstellerpartner mehr Service anbieten. Dabei zielt Hellmich vor allem auf den Ausbau des Fullfilment-Angebotes. Bei der Volumendistribution werde das Retailgeschäft weiter ausgebaut und im Value Add vor allem die Business Units wie die für HP. Konkret sehe Hellmich eine Aufgabe der Value Added Distribution darin, den Herstellern beim Know-how-Transfer in Richtung Fachhandelspartner zu helfen. In enger Abstimmung mit einzelnen Herstellern unterhalte Also-Actebis dazu ein Team von Experten, die in Projekten aktive Unterstützung für Reseller bieten – beispielsweise in Bereichen wie Pre-Sales oder Implementierung.

In der Praxis sind Volume und Value häufig allerdings gar nicht eindeutig von einander zu trennen. "Der Übergang ist fließend", betont Hellmich. Was gestern noch eine Aufgabe der Value-Distribution war, könne schon morgen dem Volumen-Geschäft zugeordnet sein. Als Beispiel führt Hellmich das Produktsegment Intel-Server an, die in der Vergangenheit sowohl im Handel wie auch bei Kunden noch als erklärungsbedürftige Komponenten galten. Aus Sicht eines Distributors sei daher das synergetische Miteinander von Volumen und Value Add unter einem Dach der effizientere Weg. Die VAD-Sparte künftig aber nach außen hin marketingtechnisch stärker zu positionieren, könne er sich gut vorstellen – konkrete Pläne diesbezüglich verfolge Also-Actebis bisher aber nicht.

Der Druck zu Veränderungen kommt in der Regel aus dem Markt – und wird in der Distributionsszene zu einer weiteren Konsolidierung führen. Im Broadline-Segment sieht Hellmich die Branche nach der Fusion von Also und Actebis hierzulande erst einmal auf einem stabilen Niveau angekommen. Aber in der Riege der "kleineren" Distributoren, die Jahresumsätze in der Größenordnung von 300 Millionen Euro erzielen, sei der Konsolidierungsprozess voraussichtlich noch nicht zu Ende. Ein begrenztes Produktportfolio und vor allem eine nur geringe Zahl direkter Herstellerverträge schränken den Handlungsspielraum dieser Grossisten ein. Nicht aber deren grundsätzliche Existenzberechtigung. Denn eine große Zahl kleinerer Händler schätzt die intensive – häufig persönliche – Betreuung. Das lässt sich mit den Strukturen in der Broadline-Distribution nur schwer abbilden, räumt Hellmich ein. (map)
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