Auch in der Krise immer an den Kunden denken!

Viele Unternehmen im IT-Bereich positionieren sich wie Zahnärzte - sie helfen ihren Kunden bei der Schmerzbeseitigung und der Problemlösung. Vielleicht sollten sie es einmal mit einem anderen Ansatz versuchen.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Damian Sicking

"Kundenchampion" Heribert Fritz

(Bild: Fritz & Macziol)

Lieber Heribert Fritz, Chef des Systemhauses Fritz & Macziol,

jetzt in der Krise laufen viele Unternehmen Gefahr, sich zu sehr mit sich selbst und zu wenig mit den Kunden zu beschäftigen. Jeder denkt nur noch daran, wie er die Kosten senken kann. Das ist natürlich verständlich. Einerseits. Zumal ja überall zu lesen und zu hören ist, dass die Kunden, egal ob privat oder gewerblich, die Taschen zuhalten und man ihnen ohnehin nichts verkaufen kann. Andererseits ist diese kundenabgewandte Haltung aber natürlich total kontraproduktiv. Denn niemand kann so viel und vor allem auch so schnell Kosten einsparen, dass er dadurch ausbleibende Umsätze kompensieren kann.

Die Kunden kaufen nicht. Warum tun sie sie dies nicht? Na ja, dumme Frage, weil auch sie sparen (müssen). Vielleicht aber besteht ein Grund für die Kaufzurückhaltung auch darin, dass die Vertriebsabteilungen der Anbieter und Händler in der Kundenansprache einen Ansatz verfolgen, mit dem sie die Kunden einfach nicht erreichen. Es heißt ja seit Jahren, dass derjenige Anbieter am erfolgreichsten ist, der die Probleme des Kunden löst und der dies am besten tut. Dieser Ansatz funktioniert unter zwei Voraussetzungen: 1. Der Kunde hat überhaupt ein Problem und damit verbunden einen gewissen Leidensdruck. 2. Der Anbieter hat eine Lösung für dieses Problem (oder es gelingt ihm wenigstens, diesen Anschein zu erwecken). Was aber, wenn der Kunde gar kein Problem hat oder wenn seine Probleme von einer Beschaffenheit sind, dass kein Anbieter sie lösen kann?

Wenn Sie mich fragen, ich finde diesen Vertriebsansatz nach dem Motto "Wir lösen Ihre Probleme" viel zu negativ. Schon das Wort "Probleme"! Wer will das hören? "Wir lösen Ihre Probleme" erinnert an ein paar Halbstarke in der Fußgängerzone, die ein gerade daherkommendes verschüchtertes Muttersöhnchen mit der Frage "Hey, hast du Probleme?" begrüßen, bevor sie ihm die Faust in die Magengrube rammen. Es ist doch kein Wunder, wenn der Kunde nur im absoluten Notfall zu seinem Anbieter kommt, wenn dieser sich als Problemlöser positioniert. Dann ist der Anbieter nichts anderes als der Zahnarzt: Das Beste, was man nach dem Besuch des Zahnarztes haben kann, ist, dass man keine Schmerzen mehr hat. Der Zahnarzt hat etwas Negatives abgestellt – aber er hat dem Patienten nichts Positives zugefügt. Deshalb geht der Mensch nur zum Zahnarzt, wenn er muss.

Das ist der springende Punkt: Viel zu viele Anbieter positionieren sich wie Zahnärzte – als Beseitiger von Mangelzuständen. Die Probleme des Kunden sind gelöst, na fein. Aber haben sie damit sein Leben bereichert, haben sie seinem Leben etwas Positives hinzugefügt? Haben sie ihn erfolgreicher, zufriedener, glücklicher gemacht? Nein. Ich denke, dass es sich lohnen könnte, über diesen Punkt tiefer nachzudenken und darüber zu diskutieren: Wie komme ich als Anbieter/Händler aus dieser Zahnarzt-Positionierung heraus?

Letzten Endes geht es um Kundenbeziehungen, um eine positive Verbindung zwischen Anbieter und Abnehmer. Das Systemhaus Fritz & Macziol scheint hier einen guten Job zu machen. Gerade jetzt sind Sie im Rahmen des Wettbewerbs "Deutschlands Kundenchampions" als eines der kundenfreundlichsten Unternehmen ausgezeichnet worden. Der Wettbewerb "Deutschlands Kundenchampions" wird von der Deutschen Gesellschaft für Qualität (DGQ), der Forum Marktforschung und dem Wirtschaftsmagazin Impulse ausgeschrieben. Grundlage des Wettbewerbs ist ein mehrstufiger Prozess, in dem die Teilnehmer zunächst eine detaillierte Selbsteinschätzung der Qualität ihres Kundenbeziehungsmanagements abgeben. Zusätzlich werden jeweils 100 Kunden ausführlich befragt. Schließlich folgt eine eingehende Prüfung der danach zehn führenden Firmen durch Experten der DGQ.

Nach Angaben von Forum-Geschäftsführer Roman Becker haben die "Kundenchampions" erkannt, "dass es gerade in der aktuellen wirtschaftlichen Situation eminent wichtig ist, über starke emotionale Kundenbindungen zu verfügen. Um dies zu erreichen, nutzen sie jeden Kontakt zwischen Kunde und Mitarbeiter, um die Beziehung emotional aufzuladen und ihr den entscheidenden 'Tropfen Herzblut' zu geben". Wie die Ergebnisse zeigen, fühlen sich 92 Prozent der Mitarbeiter der Top-10-"Kundenchampions" persönlich für die Zufriedenheit ihrer Kunden verantwortlich.

Ich sag ja, es ist nicht gut, wenn man sich zu viel mit sich selbst beschäftigt, dann kriegt man nur schlechte Laune oder Depressionen. Gilt für Menschen und für Firmen gleichermaßen. Weil es gut passt, zum Abschluss ein Zitat von Reinhold Würth: "Umsatz und letztlich auch Profit werden durch Verkauf erzielt. Verkauf ist die tragende Säule eines jeden Unternehmens, ganz gleich, ob es sich um ein Produktions- oder Vertriebsunternehmen handelt. Kann ein Unternehmen seine Produkte oder Dienstleistungen nicht verkaufen, braucht es sich über andere Dinge gar keine Gedanken mehr zu machen. Dann sind seine Tage gezählt." Mit anderen Worten: Gerade jetzt sollten die Firmen sich besonders intensiv um die Kunden kümmern, finden Sie nicht?

Beste Grüße

Damian Sicking

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