Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt nicht bei arglistiger Täuschung

Wer eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließt, muss alle Gesundheitsfragen wahrheitsgemäß beantworten. Sonst kann der Versicherer die Leistungen verweigern.

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Von
  • Marzena Sicking

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in einem aktuellen Urteil (vom 22.02.2013, Az.:12 U 140/12) erklärt, dass ein Berufsunfähigkeitsversicherer den Vertrag aufgrund falsch beantworteter Gesundheitsfragen anfechten darf. Denn dabei handle es sich um einen Fall von arglistiger Täuschung, so der unter anderem für das Versicherungsrecht zuständige 12. Zivilsenat. Das gilt auch, wenn der Versicherte die Frage falsch beantwortet, weil er sich an die Vorfälle angeblich nicht mehr erinnern kann.

Geklagt hatte ein Bauschlosser und Lagerarbeiter, der im Januar 2001 eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen hatte. Im Antragsformular antwortete er auf die Frage, ob er in den letzten zehn Jahren an Krankheiten, gesundheitlichen Störungen oder Beschwerden gelitten habe oder aktuell leide, mit einem "Nein". Abgefragt wurden auch die Arztbesuche und Medikamenteneinnahmen in diesem Zeitraum. Hier gab er einen Arztbesuch im Januar 2001 wegen einer akuten Angina sowie den behandelnden Arzt und die Einnahme eines Antibiotikums an. Tatsächlich war er zum Zeitpunkt der Antragstellung ebenfalls in Behandlung. Das gab er aber nicht an, genauso wenig, wie die zahlreichen Krankschreibungen in den vergangenen Jahren. Diese waren wegen verschiedener Erkrankungen, darunter Problemen mit der Schulter, erfolgt.

Die Berufsunfähigkeit des Versicherers trat tatsächlich ein und zwar 2011. Der Arbeitnehmer beantragte zu diesem Zeitpunkt Leistungen wegen Berufsunfähigkeit. Diese wurde mit "Rückenproblemen (Bandscheibe)" begründet. Die Versicherung zog Erkundigungen über die gesundheitliche Entwicklung des Mannes ein und erfuhr in diesem Zusammenhang auch von seinen Erkrankungen, die er bei der Antragstellung nicht angegeben hatte. Der Versicherer erklärte daraufhin, dass er nicht zahlen, sondern den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten werde.

Dagegen wehrte sich der Versicherte, der immerhin zehn Jahre lang in die Versicherung eingezahlt hatte. Er habe sich an die Vorerkrankung, die in Zusammenhang mit der Arbeitsunfähigkeit stehen könnte, nicht mehr erinnert und es sei ihm auch nicht wirklich klar gewesen, dass er diese hätte angeben müssen. Schließlich würden "Rückenschmerzen" von medizinischen Laien ja auch nicht als Krankheiten angesehen. Er verklagte die Versicherung auf Zahlung einer monatlichen Berufsunfähigkeitsrente von ca. 900 Euro. Diese wurde vom zuständigen Landgericht abgewiesen. Die Richter stellten fest, der Kläger habe die Berufsunfähigkeitsversicherung mittels eines Betruges erlangt. Auch die dagegen gerichtete Berufung des Klägers vor dem Oberlandesgericht blieb ohne Erfolg.

Wie die Richter bestätigten, könne der Mann keine Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung beanspruchen, vielmehr sei die Anfechtung des Vertrages durch die Versicherung wirksam. Der Täuschende habe gewusst oder nehme zumindest billigend in Kauf genommen, dass aufgrund seiner falschen Angaben beim Versicherer ein falscher Eindruck entsteht. Als Folge habe der Versicherungsgeber einem Vertrag zustimmt, denn er ansonsten wohl abgelehnt hätte. Somit sei hier von einem arglistigen Verhalten auszugehen.

Das Verschweigen schwerer oder chronischer Erkrankungen rechtfertige grundsätzlich die Annahme einer Täuschung. Hat der Versicherungsnehmer gewisse Umstände oder Untersuchungen stark verharmlost oder – wie in diesem Fall – nur harmlosere Krankheiten angegeben, so folge daraus, dass er sich der Gefahr tatsächlich bewusst war und von Arglist auszugehen ist. Das gelte auch für Fälle, in denen länger zurückliegende, nicht aber die aktuellen Krankheiten angegeben werden.

Die Richter konnten zwar nachvollziehen, dass der Mann vergessen hatte, eine Bindehautentzündung anzugeben. Dass er nicht mehr an die immer wiederkehrenden Schulter- und Rückenbeschwerden gedacht hat, glaubten sie ihm allerdings nicht. Für seine Arglist spreche außerdem, dass er auch Thromboseerkrankungen verschwiegen hat, die zweimal eine längere Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatten und zwar kurz vor Abschluss der Versicherung. Die Versicherung hat den Vertrag deshalb zurecht angefochten und muss nicht zahlen. (gs)
(masi)