Erkennen statt verpennen: Mehr Vorwärtsorientierung statt Rückbesinnung

Als Ergebnis einer schonungslosen Analyse seiner Fähigkeiten, Möglichkeiten und Eigenarten sollte dem Reseller die Erkenntnis vorliegen: Das kann ich, das will ich!

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Matthias Parbel

Martin W. Puscher, Geschäftsführer pfg - performance for growth GmbH

(Bild: pfg)

Lieber Herr Sicking,

deutliche Worte – wie auch Sie in Ihrer Kolumne vom 6. März fordern – sind in turbulenten Zeiten dringend vonnöten. Dem ITK-Channel mangelt es sicherlich an so einigem, aber nicht wirklich an ausreichend Themen, Lösungen und Produkten. Noch nie hatte es der professionelle Channel so leicht, individuelle Mehrwerte mit standardisierten Produkten zum Nutzen der gewerblichen Endkunden an den Mann und die Frau zu bringen.

Ein paar Feststellungen, die mich nachdenklich machen und "aufregen":

  • Im Mittelstand agieren die meisten ITK-Channel-Partner profillos und unerkannt vor sich hin. Weniger als 20 Prozent der kaufmännischen Führungsebene der mittelständischen Unternehmen können sich an den Namen "ihres" ITK-Partners ungestützt erinnern.
  • Weniger als 15 Prozent aller Kunden aus der eigenen Datenbank des Händlers sind regelmäßige Käufer und haben in den vergangenen zwölf Monaten mindestens eine Rechnung vom Händler erhalten.
  • In 80 Prozent aller Fälle wird beim Erstkontakt zum potenziellen Neukunden die Frage gestellt: "Wer bei Ihnen im Unternehmen ist für IT verantwortlich?" Und dann wundert sich so mancher Partner, dass er mit einem Turnschuh-Administrator verbunden wird.

Sie bringen es auf den Punkt, wenn Sie sagen, dass starke Händler keine großartigen Motivationsprogramme der Industrie brauchen. Aber nicht einmal 15 Prozent des Vertriebspersonals der Partner gehören zum gut ausgebildeten Top-Vertrieb, wie der Managementtrainer und Buchautor Stephan Heinrich herausgefunden hat. Was ist mit den restlichen 85 Prozent?

Schon am Eingang des historischen Orakels von Delphi, das lange als Mittelpunkt der Welt galt, stand als Inschrift die heute sehr aktuelle Aufforderung an den Channel: "Erkenne Dich selbst!" Wenn es darum geht, Erfolg und Freude in der Arbeit mit selbstbewusster Innovation und Kundennutzen zu verknüpfen, sind Partner aufgefordert, eine schonungslose Analyse ihrer Fähigkeiten, Möglichkeiten und Eigenarten zu machen. Als Ergebnis sollte dann die Erkenntnis vorliegen: Das kann ich, das will ich!

Dann sind auch die nächsten drei Schritte auf dem Weg nach vorne gar nicht so schwer: Aufmerksamkeit, Führung und Aktivität.

Aufmerksamkeit ist ein Vertrauensgut, wie mein Kollege und Wirtschaftssoziologe Alexander Scheibner es formuliert. Der deutsche Dichter Wilhelm Busch sagt es so: "Glück entsteht oft durch Aufmerksamkeit in kleinen Dingen, Unglück oft durch Vernachlässigung kleiner Dinge." Bei jedem aufmerksamen Gespräch mit dem Kunden und bei jedem Besuch erkennen wir so viele Details über die wahren Beweggründe des IT-Einsatzes und deren positive Auswirkungen, dass der Lösungsverkauf deutlich einfacher wird. Getreu der Devise: "Erst verstehen, dann verstanden werden!" ist damit der Grundstock für eine gute Zusammenarbeit mit dem Kunden gelegt.

Führung ist die Essenz eines guten Unternehmens. Jim Collins hat als Professor für Entrepreneurship an der renommierten Stanford Universität lange und intensiv geforscht, um herauszufinden, was ein dauerhaft erfolgreiches Unternehmen von den weniger erfolgreichen unterscheidet. Eine Schlüsselerkenntnis ist unter anderem: Wer sich konsequent wandelt und weiterentwickelt, der ist nicht auf aktionistische Kurskorrekturen angewiesen. Und das hat nichts mit Rückbesinnung, sondern ausschließlich mit Vorwärtsorientierung zu tun.

Aktivität gewinnt. Kontinuität in den eigenen kundenorientierten Aktivitäten ist ein wirksames Mittel gegen "schlappes und träges" Verhalten, wie ich es artikuliert habe.

Ich mache Ihnen, lieber Herr Sicking, gerne ein Angebot. Schaffen Sie es, fünf (oder noch besser zehn) Vertriebsprofis aus der IT-Industrie für die Fortsetzung dieser Diskussion an einen Tisch zu bekommen (ich denke hier unter anderen an ihre Podiumsgäste Dorit Bode und Jörg Brünig), dann lade ich Sie und die Gäste gerne zu einem Abendessen ein. München wäre doch ein prima Standort für diese Diskussion und das anschließende Essen. Ich glaube, die IT-Hersteller haben hier Gesprächs- und Klärungsbedarf, wie der Channel besser zu aktivieren ist, denn: "Erkennen ist besser als verpennen."

Ich freue mich auf Ihre Nachricht und die weitere Diskussion.

Mit besten Grüßen Ihr

Martin W. Puscher (map)