EuGH-Urteil: Rentenaltersgrenze in Tarifverträgen zulässig

Für die Klägerin ist es bitter, für Juristen indessen keine Überraschung: Klauseln, die besagen, dass das Arbeitsverhältnis mit Erreichen des Rentenalters beendet ist, sind erlaubt.

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Von
  • Marzena Sicking

Arbeitgeber dürfen ihre Mitarbeiter mit Erreichen des Rentenalters automatisch in den Ruhestand schicken. Dies entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem aktuellen Urteil (12.10.2010, Az. C-45/09). Nach Ansicht der Richter stellt eine entsprechende Klausel in deutschen Tarifverträgen nicht immer auch eine Altersdiskriminierung dar.

Eine Klausel, wonach das Beschäftigungsverhältnis des Mitarbeiters mit der Vollendung des 65. Lebensjahres automatisch endet, ist in Deutschland durchaus üblich und Bestandteil zahlreicher Arbeitsverträge. Eine solche Klausel enthält auch der Rahmentarifvertrag für das Gebäudereinigungsgewerbe, bei dem es in dem Hamburger Fall, der jetzt den EuGH beschäftigte, ging.

Die Klägerin war eine 65-jährige Frau, die insgesamt 39 Jahre in der Branche tätig war und gerne weitergearbeitet hätte. Sie sah sich aufgrund des geringen Rentensatzes sogar dazu gezwungen, weshalb sie gegen die automatische Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses vor Gericht zog. Vor dem Arbeitsgericht Hamburg machte sie geltend, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Diskriminierung aufgrund ihres Alters darstelle und daher nicht zulässig sei.

Das Arbeitsgericht Hamburg legte die Frage beim Europäischen Gerichtshof vor. Es galt zu entscheiden, ob die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Eintritt des Rentenalters einen Verstoß gegen die Richtlinie 2000/78/EG1 (Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie) darstellt, die ein Verbot von Altersdiskriminierung enthält und in Deutschland unter anderem im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG ) umgesetzt wurde. Aufgabe des EuGH ist es, die Vereinbarung einer Handlung mit dem Unionsrecht zu überprüfen. Die Entscheidung ist dann richtungsweisend für die nationalen Gerichte.

Der EuGH erklärte zunächst, dass eine solche Klausel durchaus eine Ungleichbehandlung darstellt und prüfte anschließend, ob diese Benachteiligung als gerechtfertigt angesehen werden kann. Dabei wurde auch darauf hingewiesen, dass diese Klauseln in Deutschland (und in anderen Ländern der Europäischen Union) seit Langem üblich sind und Arbeitnehmern und Arbeitgebern auch die notwendige Planungssicherheit geben. So sei dadurch der Eintritt in den Ruhestand für den Mitarbeiter vorhersehbar, für Unternehmen die Personalplanung flexibler. Daher gab der EuGH klar zu verstehen, dass Klauseln über die automatische Beendigung von Arbeitsverhältnissen durchaus angemessen und erforderlich sein können. Zudem enthalte die betreffende deutsche Regelung eine zusätzliche Absicherung, denn der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, von seinen Arbeitnehmern die Zustimmung zu jeder Klausel einzuholen.

Somit kam der Europäische Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass eine Klausel über die automatische Beendigung von Arbeitsverhältnissen bei Erreichen des Rentenalters, wie sie im besagten Rahmentarifvertrag stattfindet, nicht gegen die europäische Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie verstößt. Zugleich betonte der EuGH, dass einer Person, die auch nach Eintritt des Rentenalters arbeiten möchte, eine Beschäftigung nicht aus Altersgründen verweigert werden darf (12.10.2010, Az.: C-45/09). (masi)