Gebrauchtsoftware: Aktuelles Urteil in den USA verbietet den Handel damit

Die Entscheidung eines US-Gerichtes sorgt für Aufregung: Hersteller dürfen per Lizenzbestimmung den Verkauf ihrer gebrauchten Software durch Dritte untersagen. In Deutschland dürfte ein solches Urteil kaum möglich sein, denn es wäre kartellrechtlich problematisch.

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Von
  • Marzena Sicking

Softwarehersteller dürfen in den USA ihre Lizenzbestimmungen so gestalten, dass ein Weiterverkauf von gebrauchter Software ausgeschlossen werden kann – dies hat das Bezirksgerichts in San Francisco in einem Urteil gegen einen Online-Händler bestätigt. Die Firma Autodesk hatte einen Online-Händler verklagt, der eines ihrer Produkte, das Programmpaket AutoCAD Release 14, gebraucht gekauft und anschließend selbst auf ebay angeboten hatte – obwohl die Lizenzbestimmungen des Herstellers einen Weiterverkauf untersagen.

Das Urteil schlägt im Internet hohe Wellen und so mancher Händler steht verunsicherten Kunden gegenüber, die nach der rechtlichen Situation in Deutschland fragen. Denn auch hier versuchen viele Hersteller den Handel zu verbieten oder zumindest stark einzuschränken. Kein Wunder, greifen doch selbst Großkunden gerne auf die – im Vergleich zu neuen Produkten – um bis zu 50 Prozent günstigere Ware zurück.

"Der Markt für gebrauchte Software ist Herstellern daher ein großer Dorn im Auge", berichtet Axel Susen, Geschäftsführer von susensoftware, von seinen Erfahrungen. "Um möglichst hohe Lizenzeinnahmen zu erzielen, müssen die eigenen Produkte teuer verkauft werden." Pauschale Weitergabeverbote in den AGB sollen auch hierzulande sicherstellen, dass die Software, einmal gekauft, nie wieder verkauft werden darf. Benötigt man neuere Versionen, so müssen die alten im Schrank verstauben – "volkswirtschaftlich macht das wenig Sinn", beklagt Susen.

Wie Peter Schneider, CEO von usedSoft erklärt, gibt es für die Kundschaft in Deutschland keinen Grund zur Beunruhigung: "usedSoft-Kunden in Deutschland und der EU sind von dem US-Urteil in keiner Weise betroffen. Denn die Rechtsgrundlagen in den USA sind zu denen in der EU durchaus verschieden." Zwar gibt es in den USA auch einen Erschöpfungsgrundsatz – also den Rechtsgrundsatz, nachdem ein Hersteller die Verbreitungsrechte an seinem Produkt verliert, wenn er es erst einmal verkauft hat. Allerdings ist die Vertragsfreiheit im amerikanischen Rechtsraum weiter gefasst. Dort dürfen über individuell geschlossene Verträge – also auch durch Lizenzbedingungen – bestimmte Rechtsgrundsätze "abbedungen", also außer Kraft gesetzt werden. "Dies ist im EU-Rechtsraum für den Erschöpfungsgrundsatz nicht möglich", so Schneider. So hat etwa das Landgericht Hamburg eindeutig erklärt, dass es sich 'bei der Erschöpfung um zwingendes Recht (handelt), das nicht vertraglich abbedungen werden kann (Urteil vom 29.06.2006, Az. 315 O 343/06).

Tatsächlich zeigt sich die deutsche Gesetzgebung insgesamt liberaler als die der USA, nicht alles, was Hersteller in ihre AGB schreiben, ist hier tatsächlich auch rechtswirksam, wie der Deutsche Anwaltverein (DAV) erklärt: "Insbesondere bei marktbeherrschenden Unternehmen dürfte ein solches Veräußerungsverbot selbst in individuellen Klauseln kartellrechtlich problematisch sein". Im Frühjahr 2009 hatte auch die damalige Bundesjustizministerin Brigitte Zypries den Handel mit Gebrauchtsoftware grundsätzlich für rechtmäßig erklärt. Nur wenn Software online in Verkehr gebracht werde, gebe es rechtliche Unklarheiten.

Wer mit Gebrauchtsoftware-Lizenzen handeln oder solche kaufen will, muss trotzdem genau hinschauen, denn eine pauschale Aussage darüber, ob der Handel rechtssicher ist, kann (noch) nicht getroffen werden. Es gibt Gebrauchtsoftware, die unbedenklich gehandelt werden darf und solche, bei der ein rechtliches Risiko nicht auszuschließen ist.

So ist der Kauf und Verkauf von kompletten Volumenverträgen völlig unproblematisch, wenn er gemäß den Herstellervorgaben durchgeführt wird, wie es beispielsweise die U-S-C GmbH zusichert. Aufgeteilte Volumenverträge und Teillizenzen aus Volumenverträgen können hingegen ein rechtliches Restrisiko bergen, da die entscheidende Rechtsgrundlage dafür fehlt. Zwar wurde das Herauslösen einzelner Lizenzen grundsätzlich erlaubt, über die Rechtmäßigkeit von entsprechenden Weitergabeverboten durch die Hersteller ist jedoch noch nicht abschließend entschieden worden. (LG Hamburg, Az 315 O 343/06; LG München, Az 30 O 8684/07). Einzelplatzlizenzen dürfen laut bisheriger Rechtsprechung weiterverkauft werden, auch wenn die AGB dies pauschal untersagen. OEM-Versionen dürfen auch ohne dazugehörige Hardware weiterveräußert werden (OLG München, Az 29 U 5911/97; BHG, Az IR 244/97). Online erworbene Software darf derzeit nicht weiterverkauft werden (OLG München, Az 6 U 1818/06).

Ein entscheidendes Urteil zum Thema Gebrauchtsoftware wird demnächst allerdings auch in Deutschland fallen: Am 30. September findet vor dem Bundesgerichtshof die mündliche Verhandlung im "Oracle-Verfahren" statt. Das oberste deutsche Gericht wird dann in letzter Instanz über die Frage verhandeln, ob usedSoft Oracle-Software auch dann weiterverkaufen darf, wenn diese online in Verkehr gebracht wurde. Urheberrechtsexperten erhoffen sich vom BGH eine eindeutige Grundsatz-Entscheidung zugunsten des freien Handels mit "gebrauchter" Software. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)