HP lässt die Systemhäuser im Regen stehen

Der Fachhandel ist verunsichert, die Distribution gibt sich bedeckt. Das Hin und Her bei HP – wird die Personal Systems Group nun ausgegliedert oder nicht sowie die Personalien im Management – sorgt für Unruhe im Channel. Und nicht nur dort. Auch die Geschäftskunden der Systemhäuser sind verwirrt.

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Von
  • Matthias Parbel
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(Bild: HP)

Da ist wohl Einiges kräftig schiefgelaufen. Zumindest die Kommunikationsstrategie ging schlichtweg daneben. Und das bei einem Konzern, der nicht nur über alle Kommunikationsmittel verfügt, sondern vor allem das Kommunikationsgeschäft beherrscht. Hewlett-Packard benahm sich in den vergangenen Wochen wie ein Hühnerhaufen. Speziell beim Thema Personal Systems Group (PSG). Mal soll die ohnehin schon als Division fungierende PC-Sparte ganz ausgegliedert werden, dann wieder veräußert, dann doch nicht. Damit verbunden die Personalie Léo Apotheker. Meg Whitman sitzt für ihn jetzt auf dem CEO-Sessel. Ob für länger oder kürzer, das wird sich zeigen. Jedenfalls äußerte sich die neue HP-Chefin schon mal zum Thema Trennung von der PSG: ein Strategiewechsel sei nicht geplant. Klarere Worte fand hingegen HP-Deutschlandchef Volker Smid, der nicht völlig auf das PC-Geschäft verzichten mag. "Natürlich werden wir weiter PCs bauen", betonte Smid und fügte hinzu: "Wir überlegen die Art und Weise, wie wir das Geschäft weiterbetreiben, aber nicht, ob wir es weiterbetreiben."

"Wie sollen wir auf die Verunsicherung unserer Kunden reagieren", Michael Heide, Geschäftsführer Datagroup Hamburg

(Bild: Datagroup)

Doch für Entspannung beim Handel sorgen diese Aussagen noch längst nicht. Dabei beschäftigen die Personalien, so wichtig sie fürs Unternehmen sind, den Channel allenfalls am Rande. Viel wichtiger sind die Perspektiven und damit auch die Investitionssicherheit rund um die Rechner mit dem HP-Brand. Da stellt sich die Frage, wie gehen die Handelskanäle mit dem Hin und Her in der HP-Zentrale um. Andreas Wenninger, Vorstand der Synaxon AG, stellte jedenfalls schon mal fest, "dass viele unserer Partner bereits auf die Ankündigung von HP, sich aus dem PC Geschäft zurückzuziehen, reagiert haben: Sie meldeten sich zum Zertifizierungsseminar von Fujitsu auf unserer Hausmesse SynIT an".

Sicherlich bedeutet das nicht, dass diese Fachhändler künftig keinen PC von HP mehr anfassen werden. Aber sie wollen auf Nummer sicher gehen, so lange keine klare Ansage von dem Hersteller zur Zukunft der PSG kommt. Ähnliches ist auch von einigen Distributoren zu hören. Doch zur Sache selbst wollen die sich nicht äußern; zumindest nicht öffentlich. Wenn gemault wird, dann allenfalls hinter vorgehaltener Hand. Selbst über das Direktgeschäft der PSG. Denn Grossisten mit intensivem HP-Geschäft wollen auch in Zukunft möglichst problemlos mit dem Hersteller zusammenarbeiten.

Bei Broadline-Distributoren wie beispielsweise Also Actebis oder Ingram Micro, die "ordentliche" Umsätze mit HP erwirtschaften, verweist man bei den Nachfragen von heise resale lieber auf das "gut funktionierende" Zusammenspiel zwischen Grossist und Hersteller. So beispielsweise Wolfgang Jung, Director PC Systems, Mobility & Components Group DACHH bei Ingram Micro, der über die langjährige Zusammenarbeit mit HP feststellt: "Auch aufgrund des Marktanteils von HP in Deutschland ist das HP-PC-Geschäft für Ingram Micro wichtig". Immerhin habe sich, so der Manager, "das PSG-Geschäft von HP in den ersten acht Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr positiv entwickelt". Eine Fortsetzung des Aufwärtstrends erwartet Jung nicht nur beim Absatz speziell mit HP-, sondern bei allen PC-Produkten. Trotzdem: "Wie sich das Jahresendgeschäft – unabhängig von HP – im PC-Segment gestalten wird, ist spannend." Und andere Distributoren: Auch da gibt man sich bedeckt aus der Befürchtung heraus, dass ein falsches Wort die Vertriebsvereinbarungen mit HP gefährden könnte.

"Die Kommunikationsstrategie ist einfach miserabel", Anton Braun, Geschäftsführer Bizteam Systemhaus

(Bild: Bizteam Systemhaus)

Mit Spannung beobachten auch die Systemhäuser die Vorgänge beim Hersteller. Synaxon-Manager Wenninger rechnet aber schon mal damit, "dass die Partner, die recht große Umsätze mit HP machen, dem Unternehmen durchaus treu bleiben werden, wenn das Unternehmen an der PSG festhält". Momentan aber sei noch vieles im Unklaren. Dieses "hin und her" beschäftigt auch Anton Braun. Er sei sehr unglücklich über die Situation, berichtet der Geschäftsführer von Bizteam Systemhaus in Altenstadt. Zumal er auch bei seinen Kunden sehr viel Verunsicherung feststellen muss. "Die Kunden hören oder lesen etwas darüber und wollen von uns wissen, was daran wahr ist. Aber wir wissen ja auch nichts Genaueres."

Dabei zählt sich Anton Braun zu den langjährigen treuen HP-Partnern. "Seit rund 20 Jahren haben wir mit dem Unternehmen zu tun, erwirtschaften mit den Produkten etwa vier Millionen Euro." Trotzdem muss er, wie andere Händler auch, die Kommunikationsstrategie von HP tadeln: "Die ist in der Sache einfach miserabel." Da habe sich IBM bei der Trennung vom PC-Business deutlich professioneller verhalten, fügt er hinzu.

Ähnlich antwortet auch Michael Heide auf Nachfrage von heise resale. Der Geschäftsführer von Datagroup Hamburg zur Informationspolitik: "Das ist für die Systemhäuser ein schwieriges Thema, das durch die schlechte Kommunikation nur noch unklarer geworden ist." Er vermisse vor allem eine verlässliche Aussage darüber, "was jetzt passiert und was sein wird". Dabei müsste eigentlich HP schnell reagieren. "Denn denen bläst jetzt von allen Partnern kräftig der Wind ins Gesicht." Mithin eine Situation, die wohl auch bei dem Unternehmen so niemand erwartet hat.

Datagroup, so Heide, erwirtschaftet bei einem Umsatz von mehr als 100 Millionen Euro gut 40 Prozent davon mit dem Handelsgeschäft, "bei weiter steigendem Dienstleistungsanteil, der jetzt bei 60 Prozent liegt". Von diesen 40 Millionen Euro werden ungefähr 15 bis 20 Prozent mit Produkten der PSG erwirtschaftet. "Das ist doch ein immerhin ordentlicher Anteil", erklärt er. Aber das ändere nichts daran, dass er ebenso wie viele seiner Kollegen aus anderen Systemhäusern keine ausreichenden Antworten erhalte.

Dabei spreche Heide häufig mit HP. Aber auch da habe er den Eindruck, dass selbst im Konzern der Informationsfluss stockt. "Wie sollen wir da auf die Verunsicherung unserer Geschäftskunden reagieren", fragt sich der Datagroup-Geschäftsführer, der wirtschaftliche Nachteile nicht ausschließen kann, wenn nicht bald von HP eine klare Aussage komme. "Wir haben derzeit Kunden, die ihre HP-Bestellentscheidung von mehr als 1000 Geräten überdenken wollen." (map)
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