Jeder Fünfte nutzt Raubkopien

Gut ein Fünftel der deutschen User geben an, Software ausschließlich oder mehrheitlich über illegale Quellen zu beziehen. Erschreckend? Im internationalen Vergleich eher vorbildlich.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Fünf Prozent der Computernutzer in Deutschland benutzen ausschließlich Software aus illegalen Quellen. Fast 16 Prozent greifen überwiegend auf Raubkopien zurück. Angesichts der vielen Kampagnen, die über die Folgen des Einsatzes von illegaler Software warnen, sind 21 Prozent eine erschreckend hoher Anteil. Oder?

Tatsächlich ist ein Fünftel der Computernutzer hieruzulande eine ganze Menge. Außer, man vergleicht die Zahl mit der in anderen Ländern. Dann sehen die deutschen User plötzlich aus wie echte Musterknaben: sie zählen zu den "legalsten" Software-Nutzern weltweit. Das belegt jedenfalls eine im Auftrag de Business Software Alliance (BSA) durchgeführte aktuelle Studie.

Im weltweiten Durchschnitt tendiert nämlich fast jeder Zweite (47 Prozent) dazu, Raubkopien zu nutzen. Diese Anwender verwenden beispielsweise – ohne schlechtes Gewissen – eine Lizenz für mehrere Installationen oder laden Programme illegal über Peer-to-Peer-Netzwerke runter. Besonders interessant an diesem Ergebnis ist, dass sich die meisten von ihnen paradoxerweise zugleich für den Schutz von geistigem Eigentum aussprechen.

Der höchste Anteil "gewohnheitsmäßiger" Urheberrechts-Verletzer findet sich der Studie zufolge in China. Hier sagen 42 Prozent, dass sie ausschließlich illegale Produkte nutzen und weitere 44 Prozent tun das "meistens". Damit liegt die Zahl der "Raubkopierer" bei satten 86 Prozent. Auf Rang 2 liegt Nigeria (81 Prozent), dahinter folgen Vietnam (76 Prozent), Ukraine (69 Prozent), Malaysia (68 Prozent), Thailand (65 Prozent), Indonesien (65 Prozent), Saudi Arabien (62 Prozent), Südkorea (60 Prozent) und Mexiko (60 Prozent). Weniger als in Deutschland sind es nur noch in Südafrika (20 Prozent).

Eine große Mehrheit dieser "Softwarepiraten" ist allerdings einfach nur schlecht informiert: Diese Personen glauben, dass der unrechtmäßige Bezug von Software über Mehrfachinstallationen und Peer-to-Peer-Netzwerke legal sei. Ein weiterer Teil glaubt außerdem nicht daran, dass er erwischt werden könnte: Softwarepiraterie sei weitverbreitet und werde selten geahndet, so die Ansicht der Befragten. Was die Auftraggeber der Studie besonders bedenklich finden, ist die Tatsache, dass in vielen Ländern auch die Entscheider in Unternehmen so denken. Damit ist Softwarepiraterie also nicht nur ein Problem des "kleinen privaten Users".

Rein statistisch ist der "typische" Raubkopierer überwiegend männlich, 18 bis 34 Jahre alt, IT-affin und sitzt auch beruflich vor einem Computer. Und während er sich illegale Software aus dem Netz zieht, referiert er darüber, wie wichtig es doch sei, dass Kreative für ihre Leistungen gut bezahlt werden, weil nur so ein Anreiz zu weiterer Innovation gegeben sei. Allerdings wollen diese Raubkopierer nicht einsehen, dass es einen Zusammenhang zwischen diesen Kreativen und den softwarevertreibenden Firmen gibt: Der kreative Programmierer wird von dieser Firma bezahlt und die holt das Geld durch den Verkauf der Ware wieder rein. Ein normaler und logischer Vorgang, der von "Raubkopierern" aber ausgeblendet wird. Vermutlich wäre ihr Anteil deutlich geringer, wenn sie das Gefühl hätten, dass sie das Geld dem Programmierer und nicht seinem Arbeitgeber vorenthalten. Und auch Raubkopierer wissen Qualität zu schätzen: Original-Software halten auch sie für zuverlässiger und sicherer. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)