Job & Karriere: Schönheit kann auch ein Nachteil sein

Sie sehen nicht gerade aus wie Brad Pitt oder Angelina Jolie? Grämen Sie sich nicht, Sie können es im Berufsleben trotzdem weit bringen.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Gut aussehende Menschen haben es bekanntlich leichter im Leben. Das gilt auch für das Arbeitsleben. So tun sie sich leichter, die einzelnen Sprossen der Karriereleiter zu erklimmen. Aber gutes Aussehen und eine attraktive Erscheinung sind nicht immer gut. Zumindest nicht im Beruf. Man kann auch zu schön sein. Vielleicht erinnern Sie sich: Vor wenigen Monaten sorgte der Fall Debrahlee Lorenzana für weltweite Schlagzeilen. Die Bankangestellte aus den USA hatte ihren früheren Arbeitgeber Citybank verklagt. Der Vorwurf: Die Bank soll der Mitarbeiterin gekündigt haben, weil diese zu schön sei und daher die männlichen Bank-Mitarbeiter von der Arbeit ablenke. Lorenzana zog wegen sexueller Diskriminierung vor Gericht. In der Klageschrift führte Lorenzana an, bereits kurz nach ihrer Einstellung 2008 hätten der Filialleiter und sein Stellvertreter begonnen, "unpassende und sexistische Kommentare" hinsichtlich ihrer Kleidung und Erscheinung zu machen. Insbesondere sei sie aufgefordert worden, keine Stiftröcke, enganliegende Pullover oder Kostüme zu tragen. In "eindeutig diskriminierender Art und Weise" sei der Klägerin bedeutet worden, diese Kleidungsstücke seien "zu verwirrend" für ihre männlichen Kollegen und Vorgesetzten. Auf Lorenzanas Einwand, andere weibliche Angestellte seien schließlich nicht anders angezogen als sie selbst, hätten die Bank-Manager mit dem Argument geantwortet, das sei nicht relevant – die Kolleginnen seien schließlich unattraktiv, deshalb sei es egal, was sie anzögen. Natürlich bestreitet die Bank den Vorwurf.

Interessant in diesem Zusammenhang: Niederländische Wissenschaftler hatten bereits im vergangenen Jahr herausgefunden, dass schöne Frauen Männer den Verstand rauben können, wenn auch meistens nur für einen begrenzten Zeitraum. Am Arbeitsplatz jedenfalls führt dieses Phänomen zu sinkender Produktivität und steigender Fehlerhäufigkeit. (Heise-resale-Kolumnist Damian Sicking bezweifelt übrigens die Studienergebnisse aus Holland; er meint, dass Männer beim Anblick einer schönen Frau keineswegs ihren Verstand verlieren.)

Auch beim Verkaufspersonal ist Schönheit nicht immer ein Vorteil. Zwar behauptet der Handelsprofessor Willy Schneider: "Wenn die Verkäuferin hübsch genug ist, setzt die Rationalität beim Mann aus." Was in der Folge dazu führt, dass der auf diese Weise von seinen Hormonen gesteuerte Mann gerne schon mal ein paar Sachen kauft, die er eigentlich gar nicht kaufen wollte. Bei einer überwiegend weiblichen Kundschaft sieht die Sache allerdings ganz anders aus. Wie eine australische Wissenschaftlerin nämlich herausgefunden hat, ergreifen Kundinnen beim Anblick überdurchschnittlich schöner Verkäuferinnen die Flucht und kaufen anderswo. Der Grund: Sie vergleichen sich automatisch mit der Verkäuferin und fühlen sich optisch unterlegen. Sie nehmen die attraktivere Verkäuferin als Bedrohung wahr und versuchen, sich so schnell wie möglich dieser für sie unangenehmen Situation zu entziehen. Eine wichtige Erkenntnis, die offenbar noch nicht in jeder Parfümerieabteilung der Kaufhäuser angekommen ist.

Und zum Abschluss noch ein drittes Phänomen, in dem zu große Attraktivität einen beruflichen Nachteil mit sich bringen kann. Nämlich bei der Bewerbung um eine neue Stelle. So hat die Münchener Psychologin Maria Agthe beobachtet, dass unattraktive oder hässliche Bosse – egal ob Mann oder Frau – bei der Personalauswahl häufig ebenfalls unattraktive bzw. hässliche Kandidaten gleichen Geschlechts bevorzugen und die attraktiven Bewerber wieder nach Hause schicken. Bei Stellenbewerbern des jeweils anderen Geschlechts hatten die Manager dagegen nichts gegen gutes Aussehen, im Gegenteil. Mögliche Erklärung für dieses Verhalten: Ein gut aussehender Mann oder eine schöne Frau in der Abteilung wird von den Vorgesetzten als Gefahr für den eigenen Sozialstatus angesehen.

Daher zum Schluss unser Praxistipp: Erkundigen Sie sich im Vorfeld, ob Ihr potenzieller zukünftiger Chef eine Frau oder ein Mann ist. Schwieriger herauszufinden dürfte sein, ob er/sie gut aussieht oder nicht, aber ein Versuch lohnt sich. Ist der Vorgesetzte vom anderen Geschlecht als Sie, machen Sie sich für das Vorstellungsgespräch so attraktiv wie möglich, ist er vom selben Geschlecht wie Sie, halten Sie sich mit Verschönerungsarbeiten am eigenen Erscheinungsbild besser zurück. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)