Keine Gnade: Steuerschulden können Unternehmer die Gewerbezulassung kosten

Steuerschulden sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Schon wer den Eindruck erweckt, seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachzukommen, muss mit drastischen Maßnahmen rechnen. Aktuelle Fälle: Ein Unternehmer verlor seine Gewerbeerlaubnis, zwei andere büßten ihre Reisefreiheit ein.

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Von
  • Marzena Sicking

Zum ordnungsgemäßen Betrieb eines Gewerbes gehört nicht nur die Leitung eines Unternehmens, sondern auch, dass der Gewerbetreibende seinen steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Zahlungs- und Erklärungspflichten nachkommt. Tut er das nach Erkenntnissen des Finanzamtes nicht, kann das sehr unangenehme Folgen für ihn haben, warnt der Nürnberger Steuerfachanwalt und Vizepräsident der DASV, Dr. Norbert Gieseler, mit Verweis auf die aktuelle Rechtsprechung.

So wurde einem Unternehmer vom Oberverwaltungsgericht Saarlouis (OVG) wegen diverser Verbindlichkeiten gegenüber öffentlichen Kassen die weitere Ausübung seines Gewerbes untersagt (3 A 384/09, Urteil vom 21.06.2010).

Die zuständige Behörde des Kreises hatte zuvor festgestellt, dass der Unternehmer "nach dem Gesamtbild seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür biete, dass er sein oder ein anderes Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben werde" und ihm die Gewerbeerlaubnis entzogen, wogegen der Mann klagte – und verlor. Ein Berufungsverfahren ließen die Richter nicht zu, der Mann hat seine Gewerbeerlaubnis also endgültig verloren.

Es wäre also sicherlich besser gewesen, wenn er seine Verpflichtungen nicht auf die leichte Schulter genommen hätte: Die Behörde konnte nachweisen, dass der Mann über Jahre hinweg erhebliche Schulden bei öffentlichen Kassen bzw. Sozialversicherungsträgern angehäuft hatte. Außerdem war er seit 2004 seinen gesetzlichen Erklärungspflichten gegenüber der Finanzverwaltung – also der Abgabe einer Steuererklärung – nicht hinreichend nachgekommen. Auch bei der Bank war er im Minus, ein tragfähiges Sanierungskonzept konnte er nicht vorlegen. Er hatte in seinem Berufungszulassungsantrag lediglich Ratenzahlungen "nach Maßgabe seiner finanziellen Möglichkeiten" angeboten – ein erfolgsversprechender Entschuldungsplan sieht nach Ansicht der Richter anders aus.

"Zum ordnungsgemäßen Betrieb eines Gewerbes gehört nun mal auch, dass der Gewerbetreibende die steuerlichen Zahlungs- und Erklärungspflichten sowie die sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen erfüllt", betont Dr. Norbert Gieseler. Wer diesen Verpflichtungen über einen längeren Zeitraum nicht nachkommt, riskiert seine Gewerbezulassung – insbesondere, wenn er sich auch nicht dazu durchringen kann, ein tragfähiges Sanierungskonzept seines Unternehmens zu erarbeiten.

Doch nicht nur die Gewerbeerlaubnis, sondern auch der Pass kann einem abhanden kommen, wenn man es sich mit dem Finanzamt verscherzt. "Wer erhebliche Steuerschulden hat, muss damit rechnen, dass ihm kein Reisepass erteilt bzw. ein vorhandener Pass entzogen wird", bestätigt Rechtsanwalt Dr. Norbert Gieseler mit Verweis auf zwei entsprechende Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Berlin im März 2010 (23. Kammer, VG 23 L 328.09 und VG 23 L 332.09).

Im ersten Fall hatte die Deutsche Botschaft die Ausstellung eines neuen Reisepasses für einen seit 1994 in Costa Rica lebenden Deutschen abgelehnt. Begründet wurde dies mit einer in Deutschland bestehenden Steuerschuld von 1,6 Millionen Euro. Der Betroffene behauptete, diese sei erst nach seinem Wegzug ins Ausland entstanden und könne sie nur abzahlen, wenn er weiterhin in Costa Rica leben könnte, denn in Deutschland habe er keine Existenzgrundlage mehr. Der zweite Fall betraf einen in Namibia lebenden Deutschen mit Steuerschulden in Höhe von etwa 103.000 Euro. Er wehrte sich gegen den Passentzug mit der Begründung, die Steuerschuld sei verjährt. Beide reichten entsprechende Eilanträge ein, die von der 23. Kammer des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen wurden.

"Nach dem Passgesetz können Behörden die Ausstellung des Dokuments verweigern oder es einziehen, wenn der begründete Verdacht besteht, dass der Passbewerber sich seinen steuerlichen Verpflichtungen entziehen will", erklärt Gieseler. Und dafür braucht es gar nicht soviel: "Ein sogenannter Steuerfluchtwille liegt bereits dann vor, wenn der Schuldner keine ernsthaften Bemühungen unternommen hat, seine Steuerschulden zu begleichen, zugleich aber im Ausland bleiben will", so Gieseler, "andere gleich geeignete Mittel zur Durchsetzung des staatlichen Steueranspruchs stehen in solchen Fällen nicht zur Verfügung". Die Vorschrift diene gerade dazu, den deutschen Steuerbehörden im Ausland lebende Steuerflüchtlinge zuzuführen. "Es ist schließlich nicht Aufgabe der deutschen Auslandsvertretung zu prüfen, ob die Steuerschuld verjährt ist". Beide Männer haben gegen die Beschlüsse Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingereicht. (masi)