Kolumne: In der TK-Distribution werden die Karten neu gemischt

Niedersachsen gegen Sachsen: Gerade ein gutes halbes Jahr im Amt, bläst NT plus-Geschäftsführer Volker Schwellenberg aus Osnabrück zum Angriff auf die Nummer 1, die Komsa AG aus Hartmannsdorf. Ein paar kleinere TK-Distris werden vermutlich untergebuttert.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Damian Sicking

Lieber Komsa-Chef Gunnar Grosse,

reden wir ein bisschen über Ihre Konkurrenz. Zum Beispiel über die NT plus GmbH in Osnabrück. Für NT plus war das Jahr 2009 ein Jahr großer Veränderungen: Umwandlung von einer AG in eine GmbH, Wechsel an der Unternehmensspitze, Abfluss einiger Manager und Mitarbeiter, Verunsicherung, Neuorientierung. Als Actebis-Chef Klaus Hellmich im April dieses Jahres dem neuen NT plus-Geschäftsführer Volker Schwellenberg den Auftrag mit auf den Weg gab, er möge die "Marktposition von NT-plus weiter ausbauen und den Wachstumskurs fortführen", da nahm ihn Schwellenberg beim Wort. Trotz der schwierigen internen und externen Bedingungen – der TK-Distributionsumsatz ging in Deutschland insgesamt um 30 Prozent zurück – konnte NT plus den Umsatz gegenüber dem Vorjahr steigern und damit Marktanteile hinzugewinnen. Sagte mir Geschäftsführer Schwellenberg jedenfalls, als ich ihn Anfang dieser Woche in seinem Osnabrücker Büro besuchte. "Wir sind gut unterwegs", freute er sich.

Komsa-Chef Gunnar Grosse

(Bild: Komsa)

Doch das Jahr 2008 soll nur der Aufgallopp sein für 2009. Mit verstärkter Mannschaft (nach Marketingleiter Thomas Baur kamen zum November Steffen Ebner als neuer Bereichsleiter Produktmanagement und Beschaffung sowie Scott Rankin als neuer Gesamtvertriebsleiter) blasen die Osnabrücker zum Angriff und wollen nichts weniger als die Marktführerschaft, und das bereits bis zum Jahr 2010. Mit anderen Worten: Die aktuelle Nummer 2 (NT plus) will die aktuelle Nummer 1 (Komsa) vom Thron stürzen.

Okay, ich vermute, damit erzähle ich Ihnen, lieber Herr Grosse, wenig Neues. Denn vor allem das preisaggressive Vorgehen von NT plus werden Sie jetzt schon spüren und wird Sie ärgern. Schwellenberg macht kein Geheimnis daraus, dass er vorübergehend schlechtere Margen in Kauf nimmt, um sein Ziel zu erreichen, glaubt aber aufgrund von zu erwartenden Hersteller-Boni nicht, dass die Profitabilität des Unternehmens leidet. Mit niedrigen Preisen allein läßt sich ohnehin auf Dauer kein Händler binden und keine Marktführerschaft verteidigen, das ist den Osnabrückern klar. Sie wollen weiterhin das Sortiment ausbauen, neue Hersteller ins Programm nehmen und den Händlern bei der Finanzierung helfen (Stichwort: Liquidität). Dennoch ist Schwellenberg klar, dass er in einem Jahr nicht den Vorsprung von rund 250 Millionen Umsatz einholen kann, den Komsa NT plus gegenüber hat. Aber zum einen ist im Komsa-Gesamtumsatz auch ein signifikanter Auslandumsatz enthalten, und zum anderen ist Schwellenberg im ersten Schritt wichtiger, die Nummer 1 bei seinen Herstellerpartnern zu sein und die meisten Händlerkunden zu haben.

Das Auslandsgeschäft spielt in den Wachstumsplänen von NT plus allerdings auch eine Rolle. Hier will man im nächsten Jahr starten und sich dabei auf diejenigen Länder konzentrieren, in denen die Schwestergesellschaft Actebis vertreten ist, also Frankreich, Niederlande, Österreich, Dänemark, Norwegen und Schweden. Da Neugründungen viel zu lange dauern würden, plant man Akquisitionen von bestehenden Unternehmen in den jeweiligen Ländern. Konkrete Kandidaten haben die Niedersachsen allerdings noch nicht identifiziert.

Jedenfalls herrscht in Osnabrück so etwas wie Aufbruchstimmung. Während zahlreiche kleinere TK-Distributoren mit bangen Erwartungen in die Weihnachtsferien gehen, glauben die NT plus-Leute, von der Krise profitieren zu können. Ihr Optimismus basiert auch auf der Erwartung, dass einige kleinere TK-Distributoren die Wirtschaftskrise nicht überleben werden. "Ich freu mich auf das nächste Jahr", sagt Geschäftsführer Schwellenberg.

Dass aber nicht alle kleineren TK-Distributoren derzeit Trübsal blasen und mit sorgenvoller Miene herumlaufen, zeigt Michael Padberg, Vorstandschef des kleinen TK-Spezialdistributors Partners in Europe AG am bayerischen Wörthsee (geschätzter Umsatz 2007: knapp zwölf Millionen Euro). In einem Interview sagte der Chef des auf den Vertrieb von Siemens- und Alcatel-Telefonanlagen spezialisierten Distributors soeben: "Wir haben die Weichen für die Zukunft gestellt und befinden uns in einer hervorragenden Ausgangsposition. Das Jahr 2009 wird eines unserer besten Geschäftsjahre."

Sieht ganz so aus, als wenn die Karten am Tisch der TK-Distributoren neu gemischt werden. Aber gut, das sagt noch nichts über das Blatt aus, das jeder TK-Distributor anschließend in seinen Händen hält und schon lange nicht darüber, wie gut und geschickt er seine Karten ausspielt. Manche bluffen vielleicht auch nur. Im Moment sind wir ohnehin noch beim Reizen (18, 20, ...). Bin gespannt, ob Sie für 2009 ein As im Ärmel haben.

Beste Grüße

Damian Sicking

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