Kolumne: Warum Tech Data auf die CeBIT geht, Konkurrent Ingram Micro aber nicht

Wer als Aussteller auf die CeBIT geht, braucht dafür einen guten Grund. Actebis hatte bereits im vergangenen Jahr einen gefunden. Jetzt auch Tech Data. Ingram Micro hat nur einen Grund gefunden, nicht nach Hannover zu gehen.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Damian Sicking

Tech-Data-Geschäftsführer Günter Schiessl

(Bild: Tech Data)

Lieber Tech-Data-Geschäftsführer Günter Schiessl,

wer heute als Aussteller oder als Besucher auf die CeBIT geht, der muss dafür einen guten und handfesten Grund haben. Hat er keinen, läßt er es bleiben. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu früher. Damals – und "damals" ist noch nicht lange her – wurde man groß angeguckt, wenn man nicht auf die CeBIT ging. "Wie, ihr geht nicht auf die CeBIT? Seid ihr pleite oder was?" Besucher fuhren häufig "einfach so" und aus Gewohnheit nach Hannover, um mal zu gucken, was es so Neues gibt. Das tut heute kein Mensch mehr. Wenn man schon die Mühen und Kosten auf sich nimmt, dann muss auch etwas dabei herausspringen, am besten irgendetwas, was am Ende des Tages mit Geld zu tun hat.

Wenn sich einer der traditionell stets klammen Distributoren entscheidet, als Aussteller auf die CeBIT zu gehen, darf man davon ausgehen, dass er sich dies sehr gut überlegt und Aufwand und Nutzen sehr sorgfältig abgewogen hat. Als erster der großen Distis hat im vergangenen Jahr Actebis Peacock den Mut gehabt, sich wieder in Hannover zu zeigen. Und wenn man den Aussagen aus Soest glauben will – und natürlich tun wir dieses –, dann hat sich das Risiko gelohnt. Noch heute reden sich die Ostwestfalen regelrecht besoffen vor Begeisterung, wenn sie von dem tollen Messeauftritt im Jahr 2008 erzählen und dass sie aufgrund des großen Andrangs (vor allem auch aus Osteuropa!) sogar noch VBs nachholen mussten. Klar, dass Actebis auch in diesem Jahr wieder in Hannover Flagge zeigt, diesmal sogar mit vergrößerter Standfläche und gemeinsam mit der Schwestergesellschaft NT plus.

In diesem Jahr wird auch Tech Data nach vielen Jahren der Abwesenheit wieder als Aussteller an der CeBIT teilnehmen. Das hat – wenn ich das richtig sehe – zwei Gründe. Der erste Grund ist, weil man bei Tech Data lesen kann. Und gelesen haben Sie zweifellos die vielen Berichte über das sehr positive Messefazit von Actebis im vergangen Jahr. Warum soll Ihnen nicht Vergleichbares gelingen? Der zweite Grund ist, dass Sie die CeBIT ganz konkret zur Händler-Akquise nutzen wollen. "Wir sind in den Postleitzahlgebieten 3 und 4 nicht so stark wie wir könnten und wie wir auch schon einmal waren. Daher ist unser vorrangiges Ziel, ehemalige Kunden zu reaktivieren", sagten Sie mir vergangene Woche. Ich denke, das kann man als guten Grund gelten lassen. Sie dürfen, lieber Herr Schiessl, nur die Argumente nicht zu Hause in München liegen lassen, warum die Händler wieder bei Tech Data kaufen sollen.

Übrigens: Genau deshalb hat Ingram Micro auch in diesem Jahr den Hannoveraner Messemachern wieder einen Korb gegeben. Vor ein paar Tagen sagte mir Ernesto Schmutter, Leiter SMB und Marketing Communication bei Ingram: "Wenn wir auf die CeBIT gingen, würden wir eher Kunden mitbringen, als dass wir dort welche gewinnen würden." Nach seinen Angaben hat Ingram mehrere tausend Kunden, "zu denen die anderen Distributoren keinen Zugang haben". Ganz schön selbstbewusst! Und klar ist, dass das nach dem Willen der Ingram-Manager auch so bleiben soll. Zur CeBIT-Erföffnung reist die Ingram-Geschäftsführung aber gerne an. Ansonsten verlassen sich die Bayern lieber auf die eigene Veranstaltung IM-Top, die in diesem Jahr am 7. Mai stattfinden wird. "Da sind wir effektiver", sagte mir Geschäftsführer Markus Adä. Im Gegensatz zu Tech Data hat also Ingram keinen guten Grund gefunden, als Aussteller auf die CeBIT zu gehen, wohl aber, der CeBIT fern zu bleiben. Eine nachvollziehbare Entscheidung.

Aber auch Ihre Entscheidung "pro CeBIT" ist nachvollziehbar. Tech Data hat ein paar äußerst schwierige Jahre hinter sich, die geprägt waren von häufigen Wechseln im Management und keiner klaren und vor allem konstanten Positionierung am Markt. Die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem neuen Lager im tschechischen Bor taten ihr Übriges. Als Folge davon hatten zahlreiche Kunden verloren, insbesondere aus dem SMB-Umfeld. "Noch bis Mitte vergangenen Jahres waren wir sehr mit uns selbst beschäftigt und haben uns viel zu wenig um die kleineren Kunden gekümmert. Das hatte zur Folge, dass unser Kundenmix nicht mehr stimmte", sagten Sie mir. Diese Kunden müssen in mühevoller Arbeit wieder zurückgewonnen werden. Die Teilnahme an der CeBIT kann da ein wichtiger Schritt sein.

Beste Grüße

Damian Sicking

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