Kolumne: Warum sich der Handel mit dem Thema "Green IT" schwer tut

Der IT-Handel läßt viel Chancen brach liegen, die das Thema "Green IT" bietet, und außerdem kennt er sich nicht aus, meint Experton-Analyst Steve Janata. Das ist Unsinn, meint Heise-resale-Kolumnist Damian Sicking.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Damian Sicking

Experton-Analyst Steve Janata

(Bild: Experton)

Lieber "Green IT"-Fachmann und Experton-Analyst Steve Janata,

kennen Sie den: Ein Mann schlendert über den Wochenmarkt und bleibt vor einem Stand mit Obst stehen. Der Verkäufer: "Guten Tag, wie kann ich Ihnen helfen?" Der Mann: "Ich hätte gern zwei Kilo Obst." Der Verkäufer: "Gern, was soll´s denn sein: Äpfel, Birnen, Bananen, Apfelsinen, Kirschen, Erdbeeren?" Der Mann: "Nein, ich will Obst, geben Sie mir einfach zwei Kilo Obst." Der Verkäufer: "Ja, hab ich verstanden. Ich kann Ihnen Äpfel, Birnen, Bananen, Apfelsinen, Kirschen und Erdbeeren anbieten." Der Mann: "Ich will nichts von alledem, ich will Obst und sonst nichts." Der Mann verläßt den Stand, ohne etwas zu kaufen. Der Verkäufer blickt ihm kopfschüttelnd nach.

An diese kleine Geschichte musste ich denken, als ich Ihren Aufsatz "Green IT Enablement. Partner sind Schlüssel zum Erfolg" las. Darin kritisieren Sie, dass die Systemhäuser und IT-Händler zum einen noch nicht die Chancen erkannt hätten, die ihnen das Thema "Green IT" eröffnet, und zum anderen würde es ihnen häufig an dem nötigen Wissen mangeln, "um Green IT erfolgreich zu verkaufen". Ich teile Ihre Meinung überhaupt nicht. Vielmehr denke ich, dass Ihre Kritik auf demselben Missverständnis beruht wie in der obigen Szene am Obststand. "Green IT" nämlich ist – genau wie Obst – ein zusammenfassender Oberbegriff für verschiedene, konkrete Produkte und Lösungen. Diese Produkte und Lösungen kann man kaufen und verkaufen. "Green IT" dagegen ist kein Produkt, welches man kaufen kann. "Green IT" ist, wie gesagt, lediglich ein Begriff, und der Handel verkauft keine Begriffe, sondern nur Produkte, Lösungen und Dienstleistungen. Im Unterschied zu dem Mann am Obststand wollen die Kunden auch nicht "Green IT", sondern sie wollen konkrete Produkte und Lösungen, die ihnen helfen, ihre geschäftlichen Ziele zu erreichen.

Daher ist "Green IT" eben nicht, wie Sie schreiben, "mehr als die einzelnen Bausteine", sondern exakt dies: die Summe der einzelnen Bausteine. Genauso wenig wie Obst "mehr" ist als die Summe der einzelnen Früchte.

Wenn Sie, lieber Herr Janata, den Eindruck haben, dass sich der IT-Handel mit dem Thema "Green IT" schwer tut, dann kann das auch an dem Ausdruck "Green IT" liegen. Der IT-Handel bringt grundsätzlich Schlagworten wie "Green IT" ein geradezu instinktives Misstrauen entgegen. Diese Schlagworte kommen in der Regel aus einer Welt, die mit seiner eigenen nicht viel zu tun hat. Zu abstrakt, zu abgehoben, zu wenig konkret und erdverbunden. Im Falle von "Green IT" kommt noch etwas anderes hinzu: Für den normalen Händler klingt der Ausdruck "Green IT" viel zu sehr nach "Bündnis 90/Die Grünen" und zu wenig nach FDP. Zu sehr nach "Jute statt Plastik" und Öko. "Green IT" klingt nach einem Spaziergang im Wald, nach Vogelzwitschern und Bachplätschern. Alles das mag der Händler, keine Frage. Nur hat das nichts mit seinem Business zu tun. In seinem Business geht es um Produkte, Leistungen, Kosten, Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Zahlen (und die am besten in schwarz).

Völlig richtig stellen Sie fest, lieber Herr Janata, dass viele Partner "in einzelnen Themenfeldern der Green IT, wie beispielsweise Virtualisierung, ein tiefgehendes Wissen aufgebaut" haben. Auch "Green Hardware", System Management, RZ-Planung und Klimatisierung sind für Systemhäuser keine Fremdwörter. Übertragen auf das Beispiel des Obsthändlers bedeutet dies: Die Händler verkaufen bereits Äpfel, Birnen, Bananen, Apfelsinen, Kirschen und Erdbeeren. Also Obst. Sie nennen es nur nicht so. Vielleicht sollten Sie es tun.

Beste Grüße

Damian Sicking

Und hier die Antwort von Experton-Analyst Steve Janata an Damian Sicking.

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