Metro-Chef Eckhard Cordes: hart, härter, ich!

Vorstandsvorsitzende sind anders. Wie zum Beispiel Dr. Eckhard Cordes. Der stark in der Kritik stehende Metro-Chef sagte jetzt in kleiner Runde: "Mit einem Messer im Rücken gehe ich noch lange nicht nach Hause." So sprechen Helden.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Damian Sicking

Metro-Chef Dr. Eckhard Cordes

(Bild: Metro)

Lieber Metro-Chef Dr. Eckhard Cordes,

der Chefredakteur des Handelsblatts, Gabor Steingart, erzählte vergangene Woche eine lustige Geschichte über Sie. Angesprochen auf die Meldungen und Gerüchte, dass die Zahl Ihrer Kritiker immer größer werde und Ihre Tage als Metro-Chef gezählt seien, sollen Sie geantwortet haben: "Mit einem Messer im Rücken gehe ich noch lange nicht nach Hause." Bravo, kann man da nur sagen, gut gebrüllt, Löwe! Das ist einer dieser Sätze, mit denen man in die Geschichtsbücher eingeht. "Mit einem Messer im Rücken gehe ich noch lange nicht nach Hause." Herrlich! Großartig! Ein Satz wie aus dem Nibelungenlied (jung Siegfried, der unverwundbare Drachentöter etc.). So sprechen Helden, so sprechen Ritter aus Leidenschaft.

Lieber Herr Cordes, genau das ist der Grund, weshalb Sie und niemand anders der Vorstandsvorsitzende des größten deutschen Handelsunternehmens sind, des DAX-Konzerns mit Weltgeltung. Sie sind einfach härter als wir Normalos und Weicheier. Wenn wir Sterblichen ein Messer im Rücken stecken haben, dann gehen wir nirgendwo hin, allenfalls zu Boden, und dann lassen wir uns mit Tatütata in die Notaufnahme bringen, um uns anschließend zwei Wochen von den freundlichen Schwestern pflegen zu lassen, bevor wir auf einer vierwöchigen Reha versuchen, wieder zu Kräften zu kommen.

Ganz anders Ritter Cordes von der mutigen Gestalt: Er sitzt mit dem Messer im Rücken an seinem Schreibtisch, geht die Post durch und führt wichtige Telefonate mit anderen Rittern. Gegen den Blutverlust trinkt er ein kleines Glas Rotbäckchen-Saft.

Lieber Herr Cordes, ich habe lange über Ihren Satz nachgedacht, auch nachts. Dieser Satz hat so eine starke Symbolkraft. Er drückt in wenigen Wörtern das aus, was das Leben eines Vorstandsvorsitzenden ausmacht. So ein Mann ist umgeben von Feinden, die alle nur das eine wollen: seinen Tod. Daher sind sie bis auf die Zähne bewaffnet und allzeit bereit und willens, ihm ein Messer in den Rücken zu stoßen. Doch den Vorstandsvorsitzenden schreckt das nicht, er ist ja unverwundbar (bis auf die kleine Stelle zwischen den Schulterblättern, wo das Blatt vom Baum hingetrudelt ist, als er gerade im Blut des Drachens badetet), und außerdem kennt er keinen Schmerz. Und obwohl so ein Vorstandsvorsitzender pausenlos unterwegs ist, um irgendwo eine Schlacht zu schlagen oder ein Feuer zu löschen, hat er auch ein Zuhause. Aber da er nicht genau weiß, wo es ist, hat er einen Fahrer, der ihn dorthin bringt.

Lieber Herr Dr. Cordes, das Einzige, was mich an Ihrem Satz stört, ist, dass das Messer in Ihrem Rücken steckt und nicht, sagen wir mal, in Ihrer Brust. Damit erwecken Sie – gewollt oder nicht – den Eindruck, als ob Ihnen ein Feigling hinterrücks und heimtückisch den Dolch ins Fleisch gestoßen hat. Doch zumindest wenn es um Ihren derzeitigen Gegner Nummer 1 geht, nämlich Media-Saturn-Gründer und -Minderheitsgesellschafter Erich Kellerhals, ist dieser Vorwurf ungerechtfertigt. Denn Kellerhals kämpft von vorne und mit offenem Visier, der Mann hat es nicht nötig, irgendjemanden ein Messer von hinten reinzurammen. Aber gut, das sind Details. Und mit Details beschäftigt sich so ein Vorstandsvorsitzender nicht. Nicht mal der Chef eines Retailers ("Retail is Detail").

Beste Grüße!

Damian Sicking

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