Polnische Action-Gruppe übernimmt Devil

Die Zeit wurde knapp. Jetzt ist die Devil AG vom polnischen Distributor Action SA gerettet worden. Die neue Devil GmbH wird reduziert: weniger Hersteller, weniger Mitarbeiter – auch im Management. Karsten Hartmann ist geschäftsführender Gesellschafter, Axel Grotjahn bleibt im Management.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1 Kommentar lesen
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Matthias Parbel
Inhaltsverzeichnis
Karsten Hartmann, Devil

Karsten Hartmann, Mitglied der Geschäftsleitung, Devil

(Bild: Devil)

Wenn Karsten Hartmann künftig bei der Muttergesellschaft antreten muss, benötigt er mit dem Auto knapp acht Stunden. Denn der neue Eigentümer der insolventen Devil AG, die jetzt als Devil GmbH firmiert, sitzt in der etwa 700 Kilometer entfernten polnischen Hauptstadt Warschau. Der bisherige CEO der Devil AG, Axel Grotjahn, wird im Devil-Management für Bereiche wie Logistik, Service und IT zuständig sein. Hartmann hält an der neuen Gesellschaft eine Minderheitsbeteiligung.

Action SA gilt im Heimatland als größter Distributor. Für das laufende Geschäftsjahr prognostiziert CEO Piotr Bieliński ein Umsatzvolumen von etwa einer Milliarde Euro bei einem Nettogewinn von knapp 13 Millionen Euro. Dass dies durchaus realistisch sein kann, erklärte er im Rahmen der Bilanzpräsentation für das erste Quartal 2013. Zu diesem Zeitpunkt wies das börsennotierte Unternehmen einen Umsatz in Höhe von 263,345 Millionen Euro aus. Den Nettogewinn gab Bieliński mit 3,496 Millionen an. Und: Man habe einige neue Ideen, um die Wachstumsquote im zweistelligen Bereich halten zu können.

Die Übernahme des Braunschweiger Distributors kam quasi in letzter Minute und gehört sicherlich zu den prognostizierten Ideen von Action CEO Bielinski. Wie Karsten Hartmann, der Devil 1994 gründet und zusammen mit Axel Grotjahn aufgebaut hat, im Gespräch mit heise resale berichtet, sei er in den vergangenen Wochen ständig in Gesprächen mit potenziellen Investoren gewesen. Sehr bald habe sich der polnische Distributor als ernstzunehmender Kandidat herausgestellt. „Jetzt fühle ich mich gut. Wir haben hart gekämpft und können nun vielen Mitarbeitern eine neue Perspektive geben,“ erklärte er am Sonntag gegenüber heise resale.

Dass die Action-Gruppe auch an COS interessiert gewesen sei, könne Hartmann allerdings nicht bestätigen. Auch Werner Dao, Mitgeschäftsführer der von api übernommenen COS, bestätigt gegenüber heise resale, dass man sich bei der Investorensuche für die neue COS GmbH sehr bald auf den Aachener Distributor konzentriert habe und – entgegen anderslautender Gerüchte – der polnische Grossist nicht ins Spiel kam.

Für Devil bedeutet die Übernahme einerseits die Rettung in letzter Minute, nachdem das Unternehmen Ende April Antrag auf Insolvenzverfahren beim Amtsgericht Braunschweig gestellt hatte, andererseits wird die neue Devil GmbH mit weniger Personal auskommen müssen. Nachdem bereits in den vergangenen Wochen etwa 30 bis 40 Prozent der im Konzernverbund tätigen Mitarbeiter entlassen wurden beziehungsweise von anderen Distributoren wie beispielsweise Siewert & Kau übernommen wurden, wird der personelle Aderlass noch nicht beendet sein. Die Zahl der Mitarbeiter der Devil GmbH liegt derzeit bei etwa 100 Beschäftigten.

Gleiches trifft auch auf das Produktportfolio und damit die Zahl der Hersteller-Lieferanten zu. Hartmann: „Wir werden uns vor allem auf gut gehende Highrunner konzentrieren und natürlich die Synergien mit Action SA nutzen, die mit allen wichtigen Herstellern zusammen arbeiten.“ Wichtig, so Hartmann weiter, sei, „dass wir jetzt nach sehr viel Arbeit und gesund geschrumpft, gestärkt aus der Insolvenz hervor gehen können. Denn eine Insolvenz ist wirklich nicht schön.“

Dass es mit dem Devil-Konzern überhaupt erst so weit kommen konnte, erklärt Hartmann unter anderem auch damit, dass „der Einstieg der Holländer“ vor etwa sieben Jahren und die 2009 folgende Insolvenz der Netfield Gruppe dem Distributor viel Geld gekostet habe. „Wäre dies damals anders abgelaufen, Devil wäre heute sicherlich auf Augenhöhe mit Distributoren wie Api oder Siewert & Kau“.

Unter „gesund geschrumpft“ versteht Hartmann im Einklang mit der Muttergesellschaft auch das Firmenkonglomerat, das um Devil gebildet worden ist. Ganz oben an steht die Holdingsgesellschaft BOD (best of distribution) GmbH. Sie hielt jeweils alle Anteile an der Devil AG und bis zur Übernahme durch Api an der COS. Weiter gehörten dazu die Finanz- und Vermögensverwalter BOD Finance GmbH und b³ Holding GmbH. Außerdem die für das internationale Geschäft der COS zuständige BOD International GmbH sowie der Peripherie- und Komponentenimporteur RED4Power GmbH und der Logistikdienstleister der Devil, First Flash GmbH. „Die Logistik ist jetzt in Devil integriert, also keine eigene Gesellschaft mehr. Die anderen Gesellschaften werden in einer eigenen Gesellschaft unter einem anderen Gesellschafter weitergeführt. Unter dem Dach der Action Gruppe gibt es in Braunschweig nur noch die Devil GmbH.

Trotz vieler Fragen und Einschränkungen hatte sich offensichtlich die Stimmung unter den Mitarbeitern beim Braunschweiger Distributor bereits ab Anfang dieser Woche gebessert. Man habe schon das eine oder andere positive Signal zur Unternehmenszukunft gehört, wurde heise resale bei Gesprächen mit Devil-Mitarbeitern gesagt. Eine offizielle Aussage hingegen blieb aus, da Firmensprecher Jörg Rosenkranz, acht Jahre bei Devil, das Unternehmen verlassen hat. Dass ein Neuanfang im Raum steht, merkten auch die Devil-Kunden am Freitag dieser Woche: Da blieb während des Tages die Devil-Webseite leer. Einziger Hinweis auf Neues aus Braunschweig: "diese Seite befindet sich im Aufbau".

Am Abend des gleichen Tages war Devil wieder online: Als Devil GmbH, mit Karsten Hartmann als alleinigen Geschäftsführer und dem Versprechen, dass „der Vertrieb ab sofort wieder wie gewohnt erreichbar“ sei. Unter der Headline „Schnell – schneller – Devil!“ will die GmbH „an die Tradition des 1994 gegründeten Devil AG“ anknüpfen. Soll heißen: Alles wieder paletti, einschließlich „pünktlich Auslieferung“. Jetzt, so Hartmann, müsse Woche wieder alles in Schwung gebracht werden, „nicht zuletzt auch die Vereinbarungen mit den Kreditversicherern“.

Kontakte zwischen Devil und Action SA bestehen seit gut drei Jahren auf Basis eines Distributionsvertrages. Damals übernahmen die Braunschweiger die Distribution der Supplies- und LED-Produkte von Active Jet, die über das in Deutschland agierende Vertriebsunternehmen King of Ink vermarktet worden sind. Neben Active Jet gehören als Hersteller und Vermarkter zur Action-Gruppe noch der Spezialist für PC, Server und Monitore Actina sowie das auf Consumer-Produkte spezialisierte Unternehmen Actis. (map)
(map)