Psychosoziale Belastungen am Arbeitsplatz nehmen zu
Zeitdruck, ständige Veränderungen und komplexe Aufgaben fordern ihren Tribut: Die Zahl der psychosozialen Erkrankungen bei Arbeitnehmern steigt weiterhin dramatisch an.
- Marzena Sicking
Zu den wichtigsten gesetzlichen Aufgaben der Arbeitnehmervertreter gehören Regelungen zum Gesundheitsschutz inklusive wirkungsvoller Präventionsmaßnahmen. Über Jahrzehnte hinweg betraf das vor allem Themen der Umgebungsbelastungen wie Ergonomie, Schadstoffbelastungen, Lärmschutz. Doch das Bild hat sich gewandelt. Denn wie Statistiken der Krankenkassen zeigen, nimmt vor allem die Zahl der psychosozialen – also stressbedingten – Erkrankungen bei Arbeitnehmern weiter zu.
Auch die zuständigen Arbeitnehmervertreter bestätigen den ungesunden Trend: Eine Umfrage der GS Consult GmbH unter Arbeitnehmervertretern aus 232 Unternehmen in Deutschland hat ergeben, dass 89 Prozent der Befragten von einem Anstieg psychosozialer Belastungen der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz ausgeht. Als Grund für diese Entwicklung wird vor allem Stress, der etwa durch Zeitdruck oder Überforderung entsteht, vermutet. Auch die Angst vor dem Jobverlust, Überstunden, ein schlechtes Betriebsklima und zu strenge Vorgesetzte sorgen laut Arbeitnehmervertretern zunehmend dafür, dass der psychische Druck im Beruf steigt.
Lärm oder Schadstoffe spielen den Aussagen zufolge dagegen eine geringere Rolle. Neun von zehn (89 Prozent) sind der Ansicht, dass die psychosozialen Belastungen für Beschäftigte heute höher sind als früher. Das wird auch zunehmend für die Arbeitnehmervertreter zu einem Problem, denn die psychosozialen Belastungen sind auf der einen Seite sehr präsent, zum anderen aber schwer zu fassen. Es fehle bisher noch die Erfahrung und das Know-how, so das Fazit der GS Consult GmbH. Auch seien die Wechselwirkungen der Belastungsfaktoren, die zu Ausfällen auf Grund psychosozialer Belastungen führen, oftmals gar nicht auf den ersten Blick erkennbar.
Aufgrund der Befragung sei davon auszugehen, dass in Zukunft Themen der Organisations- und Personalentwicklung, wie. z.B. die anforderungsgenaue Besetzung von Positionen im Unternehmen oder die Gestaltung von Arbeitsabläufen, im Vordergrund stehen werden. Schwerpunkte wie Mitarbeitermotivation und Mitarbeitergesundheit stünden dabei in einem engen Zusammenhang. Die Experten raten Unternehmern, dafür Sorge zu tragen, dass sich die Arbeitnehmervertreter auch entsprechendes Know-how aneignen können. So sei es beispielsweise wichtig, sie im Bereich der Arbeitspsychologie zu schulen, damit sie ihrer Rolle als "direktes Ohr" zu der Belegschaft gerecht werden können. Tatsächlich ist dieses Engagement nicht nur eine Frage der gesetzlichen Vorschriften und des sozialen Engagements, sondern auch der Kosten. Wie eine KPMG-Studie ergab, belaufen sich die Kosten, die durch Krankheitstage und die dazugehörigen Prozesse in einer mittelständischen Firma entstehen, teilweise auf bis zu 500.000 Euro pro Jahr. (Marzena Sicking) /
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