Softline AG: Schau´n wir mal, dann seh´n wir´s wohl

Weil Softline-Chef Michel dringend Geld braucht, verkaufte er seine operativen Töchter Trademail und Prometheus. Damit gleicht er dem Bauern, der vom Verkauf der Milch seiner Ziege und seiner Kuh lebt, aber wegen akutem Geldmangel beide Tiere verkauft.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Damian Sicking

Lieber Softline-Vorstand Christoph Michel,

bis vor wenigen Tagen bestand das operative Geschäft der Softline-Gruppe im Wesentlichen aus den beiden Gesellschaften Trademail Distribution GmbH und Prometheus GmbH. Dann verkauften Sie erst die eine Tochter Trademail an den Distributor SOS Software, und dann die andere Tochter Prometheus an einen nicht näher genannten Finanzinvestor. Das bedeutet, dass die Softline AG momentan nur noch marginale Umsätze mit dem eigenen Online-Shop erzielt; im ersten Halbjahr des Geschäftsjahrs 2008/09 setzte Softline hier ausweislich des Halbjahresberichts 935.000 Euro um und musste einen Verlust von 663.000 Euro hinnehmen.

Softline-Chef Christoph Michel

(Bild: Softline)

Wie es heißt, will sich Softline als "Holding für zukunftsträchtige Unternehmensbeteiligungen" und IT-Dienstleister komplett neu aufstellen. Die Distribution passt daher nicht mehr in das neue Zukunftskonzept, sodass der Verkauf von Trademail folgerichtig erscheint. Anders verhält sich die Sache mit dem Personaldienstleister und -vermittler Prometheus. Wie Sie in einer Ad-hoc-Mitteilung vom 1. Juli sagten, waren Sie zum Verkauf der Prometheus "zur Zwischenfinanzierung der Restrukturierungen und Schaffung einer ausreichenden Liquiditätsdecke" gezwungen. Mit anderen Worten: Softline braucht dringend Geld und muss dafür sogar das Tafelsilber verkaufen. Das Ziel ist, Prometheus und einen weiteren IT-Dienstleister nach einer geplanten Kapitalerhöhung zurückzukaufen.

Prometheus hat im Geschäftsjahr 2007/08 (30. 6.) 5,2 Millionen Euro umgesetzt. Im ersten Halbjahr des soeben beendeten Geschäftsjahres 2008/09 erzielte Prometheus ausweislich des Softline-Halbjahresberichts einen Gewinn von rund 350.000 Euro. Inzwischen spürt aber auch der "Dienstleister der Dienstleister" (Selbstbezeichnung) die "Auswirkungen der Wirtschaftskrise", wie die Softline AG in einer Zwischenmitteilung des Vorstands Mitte Mai dieses Jahres erklärt.

Ich habe zuerst nicht ganz verstanden, was da bei Ihnen passiert, lieber Herr Michel. Aber dann habe ich es mir anhand folgender Geschichte selbst zu erklären versucht: Ein Bauer hat eine Ziege und eine Kuh. Vom Verkauf der Milch bestreitet er seinen Lebensunterhalt. Zusätzlich betreibt er noch eine kleine Pension, die aber außer Verlusten nur Verdruss einbringt. Eines Tages verkauft er erst die Ziege, weil er die Lust an der Ziege und dem Verkauf von Ziegenmilch verloren hat. Dann verkauft er auch noch die Kuh, weil er Schulden hat und auch das nötige Geld für die Pacht des Hofes nicht mehr aufbringen kann. Nach dem Verkauf von Ziege und Kuh hat der Bauer wieder Geld, er kann seine Gläubiger bezahlen und auch wieder die Pacht und die Stromrechnung begleichen. Das ist der gute Teil der Geschichte. Der schlechte Teil ist, dass er nun keine Milch mehr verkaufen kann und – bis auf die kümmerlichen Einnahmen aus seiner Pension, die er vermutlich schließen oder ebenfalls verkaufen wird – keine Umsätze mehr hat. Aber unser Bauer ist schlau und hat etwas viel Besseres: eine Idee oder eine Vision. Eine Idee nämlich, wie er in Zukunft den großen Reibach machen kann. Er muss vorher nur noch jemanden finden, den er von dieser Idee begeistern kann und der ihm das Geld zur Realisierung dieser Idee gibt. Dann kauft er erst die Kuh zurück und dann noch eine zweite dazu. Dann wird alles gut.

Lieber Herr Michel, kann man das so sagen? Klar, ich weiß schon, jeder Vergleich hinkt, aber geben Sie´s zu: Im Kern liege ich doch nicht so falsch. Jetzt ist natürlich die spannende Frage, wie es weitergeht und ob Sie den angekündigten Umbau des Unternehmens wie geplant hinkriegen. Mit dem Verkauf der beiden Tochterunternehmen haben Sie sich ja vorerst mal ein wenig Luft verschafft. Und jetzt? Ich würde sagen: Jetzt schau´n wir mal, dann seh´n wir´s wohl.

Beste Grüße

Damian Sicking

Und hier die Antwort von Softline-Chef Christoph Michel

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