Steuerprüfung digital

Seite 4: Die Steuerfahndung kommt

Inhaltsverzeichnis

Anders als die Betriebsprüfer ermitteln Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft nicht nur, ob Steuern richtig verbucht und gezahlt worden sind. Sie haben insbesondere die Aufgabe, steuerstrafrechtlichen Vergehen nachzugehen und sie aufzudecken.

Gegen einen Rechtsanwalt, der mit weiteren Anwälten in einer Sozietät zusammen Mandanten beriet, hegte die Staatsanwaltschaft den Verdacht, dass er seinen Mandanten den Weg aufzeigte, Gelder ins Ausland "abzuzweigen". Daher durchsuchten die Ermittler die Kanzleiräume und nahmen drei Computer, Datensicherungsbänder und weitere Datensicherungsmedien aus den Kanzleiräumen mit. Die Beschwerde der Kanzlei gegen den Durchsuchungsbeschluss blieb erfolglos, sodass die Anwaltskanzlei das Bundesverfassungsgericht mit dem Fall bemühte [6].

Die obersten Bundesrichter entschieden, dass die Beschlagnahme des gesamten Datenbestandes einer Kanzlei das Recht auf die informationelle Selbstbestimmung verletzte (Artikel 2, Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 1, Absatz 1) und – zumal in einer Anwaltskanzlei – nur unter eingeschränkten Voraussetzungen zulässig sei. Zwar ermöglichten die Paragrafen 94 ff. StPO die Sicherstellung und Beschlagnahme von Datenträgern und der hierauf gespeicherten Daten. Ein undifferenzierter "Rundumschlag" sei aber nicht zulässig. Die Durchsuchung und anschließende Beschlagnahme von Computern nebst Datenträgern seien nur in Hinblick auf eine zu ermittelnde Straftat zulässig. Die sich an die Beschlagnahme anschließende Datenauswertung sei auch nur auf den Zweck des Strafverfahrens beschränkt.

Die Strafverfolgungsbehörden hätten insbesondere den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Danach sei eine Durchsuchung zu unterlassen, wenn andere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stünden oder die Durchsuchung/Beschlagnahme von Unterlagen in keinem angemessenen Verhältnis zu der Schwere der Tat und der Stärke des Tatverdachts stehe.

Die Strafermittlungsbehörden dürfen auch nicht "alles, was ihr Herz begehrt" beschlagnahmen. Sind Datenträger erkennbar für die Ermittlungsarbeit nicht relevant, sind sie nicht mitzunehmen oder zeitnah zurückzugeben. Gleiches gilt für die Aufbewahrung des gesamten Datenbestandes. Kann man die notwendigen Beweise auf andere Weise sichern oder benötigt man nur einen Teil der Datenträger, sind die Computer oder Sicherungsmedien an den Durchsuchten herauszugeben. Dies kann auch nach Kopieren von relevanten Daten erfolgen.

Nicht erforderliche Daten sind auf den Computern der Ermittlungsbehörde zu löschen. Verstöße gegen diese Pflichten können zu dem Verbot führen, von den Ermittlungsergebnissen Gebrauch zu machen (Beweisverwertungsverbot). Gespeicherte Daten sind ferner zu löschen, wenn das Verfahren, für das die Daten aufbewahrt wurden, beendet ist (§ 489, Absatz 2, Satz 2, StPO).

Kommt die Staatsanwaltschaft nach dem Ende eines strafrechtlichen Verfahrens einem Antrag auf Löschen der bei ihr gespeicherten Daten nicht nach, kann gegen die ablehnende Entscheidung ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach den Paragrafen 23 ff. des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz (EGGVG – als PDF) beim Oberlandesgericht gestellt werden. Wenn der Betroffene die beschlagnahmten Datenträger zurückverlangt, wird teilweise vertreten, dass für diesen Herausgabeanspruch das Amtsgericht der Strafgerichtsbarkeit (§ 98, Absatz 2, Satz 2 StPO) oder die Zivilgerichte zuständig sind. Hier gilt es, bei dem avisierten Gericht dessen Ansicht zur Zuständigkeit nachzufragen. (fm)