Urteil: Zivilprozesskosten künftig steuerlich absetzbar

Ob Scheidung, Ärger mit dem Vermieter oder Mahnverfahren: künftig können Zivilprozesskosten steuerlich geltend gemacht werden.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Wer keine Rechtschutzversicherung hat und einen Zivilprozess (Verfahren die vor Amts-, Land-, Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof verhandelt werden) verliert, ist meistens doppelt gestraft. Denn er muss nicht nur ein Urteil hinnehmen, dass ihm nicht gefällt, sondern als Verlierer in der Regel auch die Kosten des Verfahrens tragen - und zwar auch die des Gegners.

Einen Lichtblick für alle "Verlierer" hat nun der Bundesfinanzhof in München geschaffen, in dem er in einem aktuellen Urteil entschieden hat, dass die Kosten eines Zivilprozesses künftig als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend gemacht werden können (12. Mai 2011, Az.: VI R 42/10). Damit hat das Gericht den bisherigen Kurs seiner Rechtsprechung eindeutig geändert.

Bisher wurde das Verlangen des Steuerzahlers, solche Prozesskosten abzusetzen, nämlich nur in Ausnahmefällen akzeptiert. Voraussetzung war, dass der Rechtsstreit von "existenzieller Bedeutung" für den Steuerpflichtigen sein musste. Was genau darunter zu verstehen ist, war durchaus auch Auslegungssache. Das ist nun anders: Ab sofort müssen diese außergewöhnlichen Belastungen unabhängig vom Grund des Klageverfahrens anerkannt werde.

Allerdings bringt das Urteil durchaus neue Auflagen mit sich: Der angestrengte Zivilprozess muss Aussicht auf Erfolg haben. Die Chance, dass der Prozess gewonnen wird, muss demnach mindesten genauso groß sein, wie die, dass er verloren wird - also mindestens 50:50. "Mutwillig" darf er ebenfalls nicht erscheinen. Die Gerichte sind ohnehin schon überlastet, da will man "Streithammeln" nicht noch einen finanziellen Vorteil verschaffen.

Für alle, die sich jetzt ärgern, weil ihr Prozess bereits gelaufen ist und sie auf den Kosten sitzen gebleiben sind, gibt es ebenfalls gute Nachrichten: Sie können rückwirkend Einspruch gegen ihren Steuerbescheid einlegen. Allerdings müssen auch sie die Hürde nehmen und beweisen, dass sie durchaus mit der Aussicht auf Erfolg in den Prozess gegangen sind.

In dem verhandelten Fall ging es um eine Arbeitnehmerin, die gegen ihre Krankenkasse geklagt hatte. Nachdem sie länger arbeitsunfähig erkrankt war, nahm sie ihre Krankentagegeldversicherung in Anspruch. Ein paar Monate später war sie immer noch krank und wurde als arbeitsunfähig eingestuft, woraufhin die Versicherung die Zahlung des Krankentagegelds einstellte - der Anspruch war mit Eintritt der Berufsunfähigkeit erloschen. Ihre Klage blieb erfolglos, ebenso wie der Versuch die Kosten für den Prozess in Höhe von rund 10.000 Euro in ihrer Einkommensteuererklärung geltend zu machen. Das Finanzamt berücksichtigte diese Kosten jedoch nicht und wurde darin vom Finanzgericht (FG) bestätigt. Der BFH hat das angefochtene Urteil aufgehoben und das Verfahren an das FG zurückverwiesen.

Ob die Klägerin, der die Steuerzahler das Urteil verdanken, ihre Kosten auch steuerlich absetzen kann, ist allerdings nicht sicher: Ob ihr Prozesses gegen die Krankenversicherung aus damaliger Sicht hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte, wird noch geprüft. (masi)