Verbraucher darf irrtümlich zugesandten Gutschein einlösen

Bekommt ein Verbraucher irrtümlich einen Gutschein zugeschickt, so ist er nicht verpflichtet, den Irrtum aufzuklären. Er darf den Gutschein sogar einlösen.

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Von
  • Marzena Sicking

Das Einlösen eines irrtümlich verschickten Gutscheins ist nicht strafbar. Das hat das Landgericht Gießen in einem aktuellen Beschluss (vom 29.05.2013, Az.: 7 Qs 88/13) erklärt.

In dem Fall ging es um eine Kundin, die bei einem Online-Versandhändler einen Gutschein über 30 Euro gekauft hatte. Es sollte sich um ein Geschenk handeln, dass über das Online-System des Anbieters per E-Mail an den Empfänger verschickt wurde. Allerdings landete der Gutschein durch einen Eingabefehler bei einer unbekannten Person. Diese löste den Gutschein dann auch noch durch Eingabe des Gutschein-Codes beim Versandhändler ein. Der Händler bestätigte der Käuferin die Einlösung des Gutscheins, gab die Daten des Nutzers aber nicht preis.

Die Käuferin des Gutscheins erstattete Strafanzeige, die Staatsanwaltschaft beantragte beim Amtsgericht einen Durchsuchungsbeschluss beim Online-Händler. Man wollte auf diesem Wege an die Daten des Verbrauchers kommen, der den Gutschein eingelöst hatte, obwohl er nicht für ihn bestimmt war. Das Amtsgericht wies den Antrag aber zurück und erklärte, eine Strafbarkeit der unbekannten Person komme nicht in Betracht. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Beschwerde ein.

Das Landgericht Gießen bestätigte jedoch die Entscheidung des Amtsgerichts und erklärte die Zurückweisung des Antrags auf Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses für zulässig. Das Einlösen eines irrtümlich erhaltenen Gutscheins sei nicht strafbar, auch wenn dieser Irrtum erkennbar gewesen sei. Denn der Empfänger habe keinerlei Daten unbefugt verwendet. Dies wäre aber die Voraussetzung dafür gewesen, eine Täuschung über die Berechtigung zum Einlösen des Gutscheins nachzuweisen. Die habe es aber nicht gegeben. Der Empfänger habe den Gutschein zwar eingelöst, aber nicht behauptet, Berechtigter bzw. Anspruchsinhaber zu sein.

Auch sah das Landgericht keine Täuschung durch Unterlassen vorliegen. Dafür hätte es eine Pflicht zur Aufklärung der fehlerhaften Zusendung geben müssen. Doch eine solche Offenbarungspflicht für diese Fälle sieht das Gesetz nicht vor. Auch habe besagte Person die Situation nicht hervorgerufen, da ihr der Gutschein ja unaufgefordert zugesandt wurde. Auch Unterschlagung (§ 246 StGB) wollte das Gericht nicht erkennen, weil es angesichts des virtuellen Gutscheins an einer beweglichen Sache gefehlt habe, die tatsächlich hätte unterschlagen werden können. Da auch kein Mensch getäuscht wurde, käme eine Strafbarkeit wegen Betruges ebenfalls nicht in Frage.

Mit anderen Worten: Einen irrtümlich zugeschickten Gutschein nicht zurückzugeben, sondern einfach einzulösen, ist zwar eine große menschliche Sauerei, aber strafbar ist es nicht. (masi)