Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke auf dem Prüfstand

Das Finanzgericht Münster hat in einem Beschluss die Frage aufgeworfen, ob die sogenannte Zinsschranke verfassungsgemäß ist. Diese Frage wird nun der Bundesfinanzhof beantworten müssen.

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Von
  • Marzena Sicking

Da hat der 9. Senat des Finanzgerichts Münster dem Bundesfinanzhof einen echt harten Brocken auf den Tisch gelegt: In einem jetzt bekannt gewordenen Beschluss (vom 29. April 2013, Az.: 9 V 2400/12 K) haben die Richter ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der sogenannten "Zinsschranke" geäußert. Sie begrenzt die Möglichkeit von Unternehmen, Zinsaufwendungen von mehr als drei Millionen Euro als Betriebsausgaben abzuziehen. Höhere Zinsen dürfen nur in Höhe von 30 Prozent des um Zinsaufwendungen und bestimmte Abschreibungen erhöhten Einkommens abgezogen werden. Verbleibende, nicht abziehbare Aufwendungen können erst in den folgenden Wirtschaftsjahren berücksichtigt werden.

Geklagt hatte eine GmbH, in deren Körperschaftssteuererklärung für 2008 Zinsaufwendungen in Höhe von 9,3 Millionen Euro enthalten waren. Die Anwendung der Zinsschranke hatte zur Folge, dass die Firma davon nur rund drei Millionen Euro als Betriebsausgaben abziehen und die weiteren etwa 6,3 Millionen Euro in die Folgejahre verschieben musste. Gegen diesen Bescheid klagte die GmbH: Ihr Anwalt begründete die Klage damit, dass die Regelung zur Zinsschranke verfassungswidrig sei und verlangte im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens die Aussetzung der Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheides und des Gewerbesteuermessbescheides.

Der 9. Senat des Finanzgerichts Münster äußerte in seinem Beschluss tatsächlich ebenfalls ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke. Denn damit sei der Gesetzgeber von seiner Grundentscheidung abgewichen, dass Betriebsausgaben in dem Jahr abziehbar sind, in dem sie anfallen und den Steuerpflichtigen belasten. Die Zinsschranke sei eingeführt worden, um missbräuchliche konzerninterne Gewinnverlagerungen zu verhindern. Tatsächlich gehe ihre Wirkung aber weit über solche Fälle hinaus. Sie habe auch im Bereich üblicher Fremdfinanzierungen erhebliche Belastungen bzw. eine Substanzbesteuerung zur Folge. Das könne insbesondere die Situation insolvenzbedrohter Unternehmen verschlechtern. Es sei zweifelhaft, ob die Zinsschranke dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 GG) und dem verfassungsrechtlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit entspreche. Mit dieser Auffassung stehen die Richter übrigens nicht alleine da: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg und der Bundesfinanzhof selbst, haben sich bereits in ähnlicher Form zu dem Thema geäußert.

Dennoch ging der Fall für das Unternehmen erst einmal nicht gut aus. Denn trotz der erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken hat der 9. Senat den Aussetzungsantrag abgelehnt. Begründung: Das individuelle Aussetzungsinteresse sei gegen das öffentliche Vollziehungsinteresse abzuwägen. Doch ein "besonderes Aussetzungsinteresse" der Firma liege hier nicht vor (das wäre z.B. bei einer Existenzgefährdung durch den Vollzug gegeben).

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Gericht die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen. Aktenzeichen beim Bundesfinanzhof: I B 85/13. (masi)