Vom Gegner zum Partner

Viele Vertriebsmitarbeiter betrachten den Einkäufer beim Kunden als ihren Gegner. Da der Kunde immer am längeren Hebel sitzt, wird es Zeit, diese Einstellung zu ändern.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Dicke Freunde werden Ihr Vertriebsmitarbeiter und der Einkaufsmanager des Kunden sicher nie werden, denn sie haben entgegengesetzte Ziele: Ihr Mitarbeiter möchte möglichst viel Umsatz machen, der Einkäufer möchte möglichst viel Ware oder Dienstleistung für das Geld seines Chefs rausholen. Kein Wunder also, dass sich beide oft wie Gegner gegenüberstehen und sich misstrauisch beäugen. Wenn Sie den Eindruck haben, dass es auch Ihren Vertriebsmitarbeitern so geht, sollten Sie dringend etwas unternehmen: Sie müssen dafür sorgen, dass Ihre Verkäufer eine andere Sicht auf die Dinge bekommen.

Fachkompetenz anerkennen


Einer der häufigsten Fehler, die Vertriebsmitarbeiter machen, ist der, dass sie den Einkäufer beim Kunden nicht ernst nehmen. Sie glauben, nur einen "einfachen Buchhalter" vor sich zu haben, der ausschließlich auf den Preis schielt. Tatsächlich wissen diese "Buchhalter" meistens hervorragend über die Abläufe im Unternehmen bescheid. Wer ihnen das Gefühl gibt, ihnen keine Fachkompetenz zuzutrauen, hat deshalb schon verloren. Besser ist es, beim Small-Talk den Hintergrund des Einkäufers unauffällig abzufragen und mit ihm dann auf Augenhöhe über die anstehenden Projekte und Bedürfnisse zu sprechen. Der Verkäufer muss signalisieren, dass er die Fachkompetenz erkannt hat. Allerdings muss er auch wissen, wo diese zu Ende ist. Denn wer den Gesprächspartner mit seinen Vorschlägen im Detail überfordert, hat ebenfalls verloren.

Willen zur Partnerschaft signalisieren

Wie gesagt: eine freundschaftliche Basis ist bei diesem Duo unwahrscheinlich, aber mit entsprechenden "Friedensverhandlungen" sollte es machbar sein, dass der Einkäufer Ihrem Mitarbeiter mit einer offenen Haltung und nicht mit nacktem Misstrauen begegnet. Damit das gelingt, muss man sich auf halben Wege treffen. Ihr Verkäufer darf durchaus den geforderten Preisnachlass durchwinken – vorausgesetzt, der Einkäufer revanchiert sich an anderer Stelle. Die Frage darf also nicht lauten: "Wie hole ich noch das Letzte aus meinem Gegenüber raus?", sondern: "Wie können wir uns gegenseitig helfen?". Wird das Angebot nicht nur ausgesprochen, sondern auch in der Praxis gelebt, wird sich das Verhältnis der beiden Parteien auf Dauer entspannen und auf einer vertrauensvollen Basis stehen.

Zuständigkeiten akzeptieren

Einkäufer sind sehr sensible Seelen – zumindest, wenn es um Ihre Zuständigkeiten geht. Deshalb sollten Sie auf das Wehklagen Ihres Vertriebsmitarbeiters auf keinen Fall mit einem Anruf beim Kunden reagieren. Es mag ja sein, dass Sie mit dem Geschäftsführer eigentlich ziemlich gut können. Doch wenn Sie sich in so einem kritischen Moment auf diese Art und Weise einschalten, mag das kurzfristig zum Erfolg führen, doch langfristig wird es Sie sicher Umsätze kosten. Denn: Mit diesem Anruf degradieren Sie Ihren eigenen Mitarbeiter. Offensichtlich handelt es sich um einen Anfänger, der alleine nicht klar kommt und vom Chef an die Hand genommen werden muss. Das ist jedenfalls die Botschaft, die beim Kunden ankommt. Und der Einkäufer wird auf jeden Fall schäumen: Schließlich ist es sein Job einzukaufen und die dazugehörigen Entscheidungen zu treffen. Diese Kompetenz haben Sie ihm mit diesem Anruf abgesprochen und er wird sich bei der ersten Gelegenheit dafür rächen. So oder so: Ihr Vertriebsmitarbeiter bekommt in dem Haus sicher keinen Fuß mehr auf den Boden.

Besser ist es, die kritische Situation beim Kunden genau zu analysieren und vor allem herauszufinden, warum Ihr Verkäufer und der Einkäufer so schlecht eine Einigung finden. Liegt es tatsächlich am Preis, dann müssen Sie entscheiden, wie weit Sie noch mitgehen wollen. Oft ist es aber ein Fehler im Kommunikationssystem. Eben die Haltung "Wir sind Gegner und nicht Partner". Und die lässt sich mit ein paar vertrauensbildenden Maßnahmen aus der Welt schaffen, die Sie wenig Geld kosten und sich auf Dauer sicherlich auszahlen werden. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)